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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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diesem ist er noch mit dem vortrefflichsten Charakter geziert. Er ist durchaus
gut gebildet, und muß von einer guten und wohlhabenden Familie, die mit
Oberst Jmhoff verwandt ist, seyn. Wir sind gegenwärtig mit der Unter¬
suchung der Monumente auf der Acropolis beschäftigt, wo eben nun die Pro¬
pyläen uns täglich in den nehmlichen Maas des höchsten Kunstgenusses, die
Hände voll Arbeit geben. Du kannst dir leicht denken, welche contrastirende
Eindrücke dabey auf meine Seele geschehen, wenn ich das Schönste und Höchste
was die B. K. je hervorgebracht hat, in seinen Trümmern hervorsuche, von
denen viele, und oft die interessantesten Theils, von Barbaren-Händen ver¬
nichtet, andere aber in die traurigen Festungswerke verbaut worden sind.
Indessen sind meine Genüsse dabey unendlich hoch und manichfaltig, und wach¬
sen mit jedem weitern Eindringen in den Geist jener herrlichen Kunstwerke.

Guter Br., ich kann dir's nicht nennen, wie glücklich ich mich fühle, da¬
durch, daß es mir gelungen ist, an der Quelle der Kunst zu schöpfen; und
wenn nicht die bange Sorge um Euch, von denen ich so lange gar keine
Nachricht habe, besonders in müßigen Momenten meine Seele beschäftigte,
und ich vorzüglich dich, geliebter Br., bei meinen Kunstgenüssen an der Seite
hätte, so wäre vor jetzt mein Glück ungestört. Ich bin daher unserm Ge¬
sandten Baron von Haefelin zu Rom unendlichen Dank schuldig, denn durch
den gütigen Vorschuß des mir nöthigen Reisegeldes, wurde es mir möglich
bis hierher zu kommen. Ich schmeichle mir daß er mir seine Hülfe ferner
schenkt; und habe mich auch schon von hier aus deswegen an ihn gewandt.
Möchte Gott seiner mir versprochnen Verwendung bei Hof für Begünstigung
meines Unternehmens geseegnet haben seyn lassen. Wenn ich meinen Plan,
mich mit der altgriechischen Architektur so genau als möglich bekannt zu
machen, durchführen will, so muß ich doch eine geraumere Zeit im Lande
bleiben können. Ich werde mich daher nächstens um Verlängerung meines
Urlaubs bewerben, und die mir schon angebotene Mitwirkung unseres Hrn.
Gesandten benutzen. Ich werde suchen einige meiner hiesigen Arbeiten mit
einzuschicken, wozu ich wahrscheinlich die Restauration eines interessanten Mo¬
numents wählen werde. Ich schmeichle mir, daß mein Unternehmen des Bei¬
falls der Regierung gewürdigt wird. Du wirst dich sehr wundern, so wie
mir es täglich geht, wenn ich dir sage, daß ich selbst die Werke Stuarts oft
außerordentlich mangelhaft bey meinen Vergleichungen finde. Vielleicht können
wir daher meine Untersuchungen in der Zukunft noch anderweitig nützlich
werden. Wenn wir hier beendet haben, so wollen wir den Pelopones bereisen,
dessen außerordentliche Natur- und Kunst-Schönheiten ich zum Theil in der
Bereisung Argolis schon habe kennen lernen. Hier haben vorzüglich die
Ruinen des vortrefflichen Theaters von Epidaurus, die Ueberreste der uralten
Werke von Mycene und Tyrinth und der Tempel des Jupiters Nemäus


diesem ist er noch mit dem vortrefflichsten Charakter geziert. Er ist durchaus
gut gebildet, und muß von einer guten und wohlhabenden Familie, die mit
Oberst Jmhoff verwandt ist, seyn. Wir sind gegenwärtig mit der Unter¬
suchung der Monumente auf der Acropolis beschäftigt, wo eben nun die Pro¬
pyläen uns täglich in den nehmlichen Maas des höchsten Kunstgenusses, die
Hände voll Arbeit geben. Du kannst dir leicht denken, welche contrastirende
Eindrücke dabey auf meine Seele geschehen, wenn ich das Schönste und Höchste
was die B. K. je hervorgebracht hat, in seinen Trümmern hervorsuche, von
denen viele, und oft die interessantesten Theils, von Barbaren-Händen ver¬
nichtet, andere aber in die traurigen Festungswerke verbaut worden sind.
Indessen sind meine Genüsse dabey unendlich hoch und manichfaltig, und wach¬
sen mit jedem weitern Eindringen in den Geist jener herrlichen Kunstwerke.

Guter Br., ich kann dir's nicht nennen, wie glücklich ich mich fühle, da¬
durch, daß es mir gelungen ist, an der Quelle der Kunst zu schöpfen; und
wenn nicht die bange Sorge um Euch, von denen ich so lange gar keine
Nachricht habe, besonders in müßigen Momenten meine Seele beschäftigte,
und ich vorzüglich dich, geliebter Br., bei meinen Kunstgenüssen an der Seite
hätte, so wäre vor jetzt mein Glück ungestört. Ich bin daher unserm Ge¬
sandten Baron von Haefelin zu Rom unendlichen Dank schuldig, denn durch
den gütigen Vorschuß des mir nöthigen Reisegeldes, wurde es mir möglich
bis hierher zu kommen. Ich schmeichle mir daß er mir seine Hülfe ferner
schenkt; und habe mich auch schon von hier aus deswegen an ihn gewandt.
Möchte Gott seiner mir versprochnen Verwendung bei Hof für Begünstigung
meines Unternehmens geseegnet haben seyn lassen. Wenn ich meinen Plan,
mich mit der altgriechischen Architektur so genau als möglich bekannt zu
machen, durchführen will, so muß ich doch eine geraumere Zeit im Lande
bleiben können. Ich werde mich daher nächstens um Verlängerung meines
Urlaubs bewerben, und die mir schon angebotene Mitwirkung unseres Hrn.
Gesandten benutzen. Ich werde suchen einige meiner hiesigen Arbeiten mit
einzuschicken, wozu ich wahrscheinlich die Restauration eines interessanten Mo¬
numents wählen werde. Ich schmeichle mir, daß mein Unternehmen des Bei¬
falls der Regierung gewürdigt wird. Du wirst dich sehr wundern, so wie
mir es täglich geht, wenn ich dir sage, daß ich selbst die Werke Stuarts oft
außerordentlich mangelhaft bey meinen Vergleichungen finde. Vielleicht können
wir daher meine Untersuchungen in der Zukunft noch anderweitig nützlich
werden. Wenn wir hier beendet haben, so wollen wir den Pelopones bereisen,
dessen außerordentliche Natur- und Kunst-Schönheiten ich zum Theil in der
Bereisung Argolis schon habe kennen lernen. Hier haben vorzüglich die
Ruinen des vortrefflichen Theaters von Epidaurus, die Ueberreste der uralten
Werke von Mycene und Tyrinth und der Tempel des Jupiters Nemäus


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/290>, abgerufen am 27.09.2024.