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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Semmelsuppe, ihr folgte Sauerkraut mit Schweinefleisch, hierauf Reissuppe
mit Rindfleisch, dann Meerettig mit Rindfleisch, und zuletzt verschiedene
Kuchen, wovon je ein halber Kuchen auf den Teller gelegt wurde. Bier und
Branntwein fehlte dabei nicht, und die Musik spielte lustige Weisen.

Das Auftragen der Speisen wurde vom Bräutigam und einigen Weibs¬
personen in weißer Schürze besorgt. Während der Mahlzeit tranken die
Burschen den Mädchen fleißig zu. Was dies zu bedeuten hatte, das sollte
ich erst später erfahren.

Am Ende der Mahlzeit erschien die Köchin mit einem stark versengten
Lappen, dem Reste ihrer verbrannten Schürze, auf einem Rührlöffel, sich ein
kleines Geschenk als Ersatz für jene aufbietend. Auch die Musikanten sah
ich einige Male während des Spielens mit einem Teller bei den Gästen um¬
hergehen.

Kaum war die Tafel aufgehoben, so ging's mit Musik unter die große
schöne Dorflinde zum Tanz, welchem die meisten Gäste beiwohnten.

Dort angekommen, nahmen die Mädchen ihren Kranz vom Haupte
und hefteten ihn an die Mütze derjenigen Burschen, die ihnen während der
Mahlzeit zugetrunken hatten. Und dieser Bursch blieb von nun an der
beständige Tänzer des betreffenden Mädchens. Während des Tanzens wurde
Kuchen herumgereicht.

Aus manchem jener leichtgebildeten Paare mag nicht selten später ein
Ehepaar werden; denn es wird auch hier wie bei uns im Hennebergischen
heißen: "es ist kein Hochzeitchen so klein, es kommt ein anderes wieder auf
die Bein'."

Erst gegen K Uhr Abends kehrten die Tänzer in's Hochzeitshaus zurück,
um die Abendmahlzeit einzunehmen, die bald nachher aufgetragen wurde.
Dieselbe bestand in verschiedenen Salaten mit Kalbs- und Schweinebraten.
Auf die Mahlzeit folgte ein Tanz im Hause selbst, welcher bis zum andern
Morgen gegen 4 Uhr anhielt.

Diese Art des Tanzens war mir neu. Die Touren hatten eine Dauer
von einer halben Stunde und waren aus verschiedenen Tänzen (Galopp, Walzer,
Schottisch :c.) zusammengesetzt. Zwischen jeder Tour fand eine längere oder
kürzere Pause statt, die mit Gesang, in Begleitung der Musik, ausge¬
füllt wurde. Um 12 Uhr Mitternacht, auch am Schluß des Tanzes,
wurde gegessen.

Am zweiten Hochzeitstag erscholl wieder ein Choral vor dem Hochzeitshause,
worauf, wie am ersten Tage, zum Frühstück eingeladen wurde, welches in
Wurst und Salat, Käse und Brod und Kuchen bestand.

Um 11 Uhr Vormittag trug man dann noch ein Warmbier auf. Die
Zwischenzeit wurde mit Gesang und Tanz ausgefüllt.


Semmelsuppe, ihr folgte Sauerkraut mit Schweinefleisch, hierauf Reissuppe
mit Rindfleisch, dann Meerettig mit Rindfleisch, und zuletzt verschiedene
Kuchen, wovon je ein halber Kuchen auf den Teller gelegt wurde. Bier und
Branntwein fehlte dabei nicht, und die Musik spielte lustige Weisen.

Das Auftragen der Speisen wurde vom Bräutigam und einigen Weibs¬
personen in weißer Schürze besorgt. Während der Mahlzeit tranken die
Burschen den Mädchen fleißig zu. Was dies zu bedeuten hatte, das sollte
ich erst später erfahren.

Am Ende der Mahlzeit erschien die Köchin mit einem stark versengten
Lappen, dem Reste ihrer verbrannten Schürze, auf einem Rührlöffel, sich ein
kleines Geschenk als Ersatz für jene aufbietend. Auch die Musikanten sah
ich einige Male während des Spielens mit einem Teller bei den Gästen um¬
hergehen.

Kaum war die Tafel aufgehoben, so ging's mit Musik unter die große
schöne Dorflinde zum Tanz, welchem die meisten Gäste beiwohnten.

Dort angekommen, nahmen die Mädchen ihren Kranz vom Haupte
und hefteten ihn an die Mütze derjenigen Burschen, die ihnen während der
Mahlzeit zugetrunken hatten. Und dieser Bursch blieb von nun an der
beständige Tänzer des betreffenden Mädchens. Während des Tanzens wurde
Kuchen herumgereicht.

Aus manchem jener leichtgebildeten Paare mag nicht selten später ein
Ehepaar werden; denn es wird auch hier wie bei uns im Hennebergischen
heißen: „es ist kein Hochzeitchen so klein, es kommt ein anderes wieder auf
die Bein'."

Erst gegen K Uhr Abends kehrten die Tänzer in's Hochzeitshaus zurück,
um die Abendmahlzeit einzunehmen, die bald nachher aufgetragen wurde.
Dieselbe bestand in verschiedenen Salaten mit Kalbs- und Schweinebraten.
Auf die Mahlzeit folgte ein Tanz im Hause selbst, welcher bis zum andern
Morgen gegen 4 Uhr anhielt.

Diese Art des Tanzens war mir neu. Die Touren hatten eine Dauer
von einer halben Stunde und waren aus verschiedenen Tänzen (Galopp, Walzer,
Schottisch :c.) zusammengesetzt. Zwischen jeder Tour fand eine längere oder
kürzere Pause statt, die mit Gesang, in Begleitung der Musik, ausge¬
füllt wurde. Um 12 Uhr Mitternacht, auch am Schluß des Tanzes,
wurde gegessen.

Am zweiten Hochzeitstag erscholl wieder ein Choral vor dem Hochzeitshause,
worauf, wie am ersten Tage, zum Frühstück eingeladen wurde, welches in
Wurst und Salat, Käse und Brod und Kuchen bestand.

Um 11 Uhr Vormittag trug man dann noch ein Warmbier auf. Die
Zwischenzeit wurde mit Gesang und Tanz ausgefüllt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/86>, abgerufen am 28.09.2024.