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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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gut seiner Gemahlin Theophcmo, einer konstantinopolitanischen Prinzessin
zu erkriegen, vergeudete. Rom wenigstens gewann an größerer Sicherheit
seiner Verhältnisse unter der immer häufigeren zuletzt fast stetigen Anwesenheit
des deutschen Kaisers in Italien. Unter Otto's II. unmündigen Sohne Otto III.,
der als ein ganz kleines Kind den Thron erhielt und dem dadurch nöthig
werdenden vormundschaftlichen Regimente der Kaiserinnen Theophcmo und
Adelheid, erhielt nach Theophano's frühem Ableben diese Freundin der Clunia-
eenser zuletzt den ganzen Einfluß, und wie sie ihn brauchte, geht schon daraus
hervor, daß sie hochbetagt, in langem vertrauten Verkehr mit dem Orden das
Kloster Peterlingen im Burgundischen Reiche und das S. Salvators Kloster
in Pavia den Cluniacensern überwies und schließlich das neugebaute Kloster
zu Seitz unter die unmittelbare Leitung des Stuhles Petri stellte. Noch
viel bezeichnender aber ist die Weise, wie sich jener Orden der Cluniacenser
mit dem Zwecke der Durchführung der pseudoisidorischen Dekretalen der Person
der beiden nächsten Kaiser bemächtigte.

Was zunächst Otto III. betrifft, so war der Erzieher des jungen Prinzen
erst der griechisch redende Calabreser Mönch Johannes, später Bischof von
Piacenza, dann Bernward, ein vornehmer Sachse, später Bischof von Hildes¬
heim. Welche Wirkung ihre Erziehung gehabt, geht aus folgender Schilde¬
rung hervor, die wieder Giesebrecht entnommen ist.

Wie mit Herrschertrotz und phantastischer Vorstellung von seiner Stellung,
höchster Idee kaiserlicher Gewalt mystischer Tiefsinn und Hang zu frommen
Bußübungen sich verbanden, zeigte Otto III. in Regensburg, wo er erst im
Kloster Se. Emmeram dem Abte Romuald, von dem ihm Schmähworte auf
seine Person hinterbracht worden waren, stolz und hochfahrend begegnete und
dann, nachdem der alte Mann sich gerechtfertigt, ihm der junge König auf
niedrigem Schemel sich zu Füßen setzte, indem er seine ernsten Ermahnungen
unter Thränen der Buße anhörte und seine Sünden beichtete. Von ganz be¬
sondern^ Einfluß auf Otto III. wurde noch Adalbert von Gnesen (Woytech),
der als frommer Büßer eine Zeit lang im Kloster Monte Casino ebenfalls
die Cluniacenser Regel übte und mit dem frommen Eremiten Nilus bekannt
Wurde. 996 wurde Adalbert von Gnesen, auf der zweiten Rückkehr aus Rom



") Hier ist freilich zu notiren, daß auch Ilowerus 6orimit2,t. Giesebrecht Deutsche
Kaisergeschichte I. Seite 638 liest man zum Jahre 995: "Die schon betagte Frau (Adelheid,
die sich vom Hose zurückzog), die seit geraumer Zeit mit den Mönchen von Cluny in ununter¬
brochener Verbindung stand und erst das Kloster Peterlingen im Burgundischen Reiche, dann
das S. Salvators Kloster zu Pavia begründet hatte, zog sich darauf auf das Witthum nach
dem Elsaß zurück. "Giesebrecht II. S. 27b. Anm. "Peterlingen war im Jahre 962 von
der schwabischen Bertha, der Mutter der Kaiserin Adelheid gestiftet und dem Abt Majolus von
Cluny untergeben worden. Am Tage nach seiner Krönung in Mainz (9. September 1025)
hatte Konrad II. bereits die Besitzungen der Abtei im Elsaß bestätigt."
Grenzboten III. 1875. 7

gut seiner Gemahlin Theophcmo, einer konstantinopolitanischen Prinzessin
zu erkriegen, vergeudete. Rom wenigstens gewann an größerer Sicherheit
seiner Verhältnisse unter der immer häufigeren zuletzt fast stetigen Anwesenheit
des deutschen Kaisers in Italien. Unter Otto's II. unmündigen Sohne Otto III.,
der als ein ganz kleines Kind den Thron erhielt und dem dadurch nöthig
werdenden vormundschaftlichen Regimente der Kaiserinnen Theophcmo und
Adelheid, erhielt nach Theophano's frühem Ableben diese Freundin der Clunia-
eenser zuletzt den ganzen Einfluß, und wie sie ihn brauchte, geht schon daraus
hervor, daß sie hochbetagt, in langem vertrauten Verkehr mit dem Orden das
Kloster Peterlingen im Burgundischen Reiche und das S. Salvators Kloster
in Pavia den Cluniacensern überwies und schließlich das neugebaute Kloster
zu Seitz unter die unmittelbare Leitung des Stuhles Petri stellte. Noch
viel bezeichnender aber ist die Weise, wie sich jener Orden der Cluniacenser
mit dem Zwecke der Durchführung der pseudoisidorischen Dekretalen der Person
der beiden nächsten Kaiser bemächtigte.

Was zunächst Otto III. betrifft, so war der Erzieher des jungen Prinzen
erst der griechisch redende Calabreser Mönch Johannes, später Bischof von
Piacenza, dann Bernward, ein vornehmer Sachse, später Bischof von Hildes¬
heim. Welche Wirkung ihre Erziehung gehabt, geht aus folgender Schilde¬
rung hervor, die wieder Giesebrecht entnommen ist.

Wie mit Herrschertrotz und phantastischer Vorstellung von seiner Stellung,
höchster Idee kaiserlicher Gewalt mystischer Tiefsinn und Hang zu frommen
Bußübungen sich verbanden, zeigte Otto III. in Regensburg, wo er erst im
Kloster Se. Emmeram dem Abte Romuald, von dem ihm Schmähworte auf
seine Person hinterbracht worden waren, stolz und hochfahrend begegnete und
dann, nachdem der alte Mann sich gerechtfertigt, ihm der junge König auf
niedrigem Schemel sich zu Füßen setzte, indem er seine ernsten Ermahnungen
unter Thränen der Buße anhörte und seine Sünden beichtete. Von ganz be¬
sondern^ Einfluß auf Otto III. wurde noch Adalbert von Gnesen (Woytech),
der als frommer Büßer eine Zeit lang im Kloster Monte Casino ebenfalls
die Cluniacenser Regel übte und mit dem frommen Eremiten Nilus bekannt
Wurde. 996 wurde Adalbert von Gnesen, auf der zweiten Rückkehr aus Rom



") Hier ist freilich zu notiren, daß auch Ilowerus 6orimit2,t. Giesebrecht Deutsche
Kaisergeschichte I. Seite 638 liest man zum Jahre 995: „Die schon betagte Frau (Adelheid,
die sich vom Hose zurückzog), die seit geraumer Zeit mit den Mönchen von Cluny in ununter¬
brochener Verbindung stand und erst das Kloster Peterlingen im Burgundischen Reiche, dann
das S. Salvators Kloster zu Pavia begründet hatte, zog sich darauf auf das Witthum nach
dem Elsaß zurück. „Giesebrecht II. S. 27b. Anm. „Peterlingen war im Jahre 962 von
der schwabischen Bertha, der Mutter der Kaiserin Adelheid gestiftet und dem Abt Majolus von
Cluny untergeben worden. Am Tage nach seiner Krönung in Mainz (9. September 1025)
hatte Konrad II. bereits die Besitzungen der Abtei im Elsaß bestätigt."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/57>, abgerufen am 28.09.2024.