Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.correspondenzen und interessanten neuen Schriften, oder kleine Gedichte und Den wissenschaftlichen Bestrebungen in Weimar war die Nähe der Uni¬ correspondenzen und interessanten neuen Schriften, oder kleine Gedichte und Den wissenschaftlichen Bestrebungen in Weimar war die Nähe der Uni¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134332"/> <p xml:id="ID_1587" prev="#ID_1586"> correspondenzen und interessanten neuen Schriften, oder kleine Gedichte und<lb/> Erzählungen, oder Demonstrationen physikalischer und mechanischer Experi¬<lb/> mente. Bei jeder Zusammenkunft war eines der Mitglieder Präsident. Das<lb/> Loos bestimmte, welche Monatszusammenkunft einem Jeden zufiel. Dem<lb/> Präsidenten machte Jeder im Laufe des Monats oder wenigstens eine Woche<lb/> vorher bekannt, womit er die Versammlung zu unterhalten gedachte. Der<lb/> Präsident ordnete dann die Unterhaltung des Tages, führte über das Vor¬<lb/> getragene ein kleines Protokoll und übergab dieses dem Nachfolger. Auf<lb/> vorherige Anzeige bet dem Präsidenten konnte jedes Mitglied einen oder den<lb/> andern Gelehrten, besonders aus Jena, als Gast mitbringen. Die Gesellschaft<lb/> versammelte sich, jeden ersten Freitag des Monats im Palais der Herzogin<lb/> Amalia. Diese mit ihren zwei Hofdamen, der Herzog und dessen Gemahlin<lb/> waren zugegen, ohne daß hierdurch den Anwesenden der geringste Zwang<lb/> erwachsen wäre. Jeder saß, wo er zu sitzen kam, während das vorlesende<lb/> Mitglied seinen Platz an einem besondern Tisch einnahm. In der Mitte des<lb/> Saales stand eine große runde Tafel, auf welcher die mathematischen In¬<lb/> strumente, Zeichnungen, naturhistorische Merkwürdigkeiten, deren Erwähnung<lb/> geschehen sollte, aufgestellt wurden. Nach jeder Vorlesung standen alle auf,<lb/> traten um die Tafel herum, sprachen, machten Einwürfe, hörten und beant¬<lb/> worteten die Fragen des Herzogs und der Herzoginnen, und dann ging es zu<lb/> einer neuen Vorlesung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1588" next="#ID_1589"> Den wissenschaftlichen Bestrebungen in Weimar war die Nähe der Uni¬<lb/> versität Jena sehr förderlich, welche in dieser Zeit gewaltig emporblühte.<lb/> Nicht künstliche Mittel riefen diese Blüthe hervor, sondern der aufmerksame,<lb/> theilnehmende Blick des Fürsten, der jedes rühmliche Streben belebte und stei¬<lb/> gerte, der jeden edlen Aufschwung beförderte. Die heitere, milde Atmosphäre<lb/> der Geistesfreiheit und Duldung bewirkte, daß die akademischen Lehrer in<lb/> Jena sich wohl fühlten, jeder in beliebiger Richtung sich hervorthun, sicher<lb/> und frei im Schirme des hochsinnigen Beschützers sich entwickeln konnte. Aus<lb/> solcher Pflege gingen die Griesbach, Paulus, Reinhold, Fichte, Schelling,<lb/> Loder, Feuerbach, Thibaut, Schütz, Tieck, die Humboldt, Schlegel und viele<lb/> andere der bedeutendsten Männer der Wissenschaft hervor. Jeder Verlust eines<lb/> Lehrers wurde unter persönlicher Mitwirkung des Fürsten wieder ersetzt. Er<lb/> schaffte sich die theuersten Werke, die schönsten Instrumente an und überließ<lb/> dieselben nach kurzem Gebrauche der Bibliothek und den Anstalten der Uni¬<lb/> versität. Durch eine Menge Geschenke bereicherte er die wissenschaftlichen<lb/> Sammlungen der Universität. Er stiftete Stipendien für ungarische Stu-<lb/> dirende, setzte Preise aus für die Lösung wissenschaftlicher Aufgaben. Die<lb/> Nähe der Universität Jena war aber auch den wissenschaftlichen Bestrebungen des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0514]
correspondenzen und interessanten neuen Schriften, oder kleine Gedichte und
Erzählungen, oder Demonstrationen physikalischer und mechanischer Experi¬
mente. Bei jeder Zusammenkunft war eines der Mitglieder Präsident. Das
Loos bestimmte, welche Monatszusammenkunft einem Jeden zufiel. Dem
Präsidenten machte Jeder im Laufe des Monats oder wenigstens eine Woche
vorher bekannt, womit er die Versammlung zu unterhalten gedachte. Der
Präsident ordnete dann die Unterhaltung des Tages, führte über das Vor¬
getragene ein kleines Protokoll und übergab dieses dem Nachfolger. Auf
vorherige Anzeige bet dem Präsidenten konnte jedes Mitglied einen oder den
andern Gelehrten, besonders aus Jena, als Gast mitbringen. Die Gesellschaft
versammelte sich, jeden ersten Freitag des Monats im Palais der Herzogin
Amalia. Diese mit ihren zwei Hofdamen, der Herzog und dessen Gemahlin
waren zugegen, ohne daß hierdurch den Anwesenden der geringste Zwang
erwachsen wäre. Jeder saß, wo er zu sitzen kam, während das vorlesende
Mitglied seinen Platz an einem besondern Tisch einnahm. In der Mitte des
Saales stand eine große runde Tafel, auf welcher die mathematischen In¬
strumente, Zeichnungen, naturhistorische Merkwürdigkeiten, deren Erwähnung
geschehen sollte, aufgestellt wurden. Nach jeder Vorlesung standen alle auf,
traten um die Tafel herum, sprachen, machten Einwürfe, hörten und beant¬
worteten die Fragen des Herzogs und der Herzoginnen, und dann ging es zu
einer neuen Vorlesung.
Den wissenschaftlichen Bestrebungen in Weimar war die Nähe der Uni¬
versität Jena sehr förderlich, welche in dieser Zeit gewaltig emporblühte.
Nicht künstliche Mittel riefen diese Blüthe hervor, sondern der aufmerksame,
theilnehmende Blick des Fürsten, der jedes rühmliche Streben belebte und stei¬
gerte, der jeden edlen Aufschwung beförderte. Die heitere, milde Atmosphäre
der Geistesfreiheit und Duldung bewirkte, daß die akademischen Lehrer in
Jena sich wohl fühlten, jeder in beliebiger Richtung sich hervorthun, sicher
und frei im Schirme des hochsinnigen Beschützers sich entwickeln konnte. Aus
solcher Pflege gingen die Griesbach, Paulus, Reinhold, Fichte, Schelling,
Loder, Feuerbach, Thibaut, Schütz, Tieck, die Humboldt, Schlegel und viele
andere der bedeutendsten Männer der Wissenschaft hervor. Jeder Verlust eines
Lehrers wurde unter persönlicher Mitwirkung des Fürsten wieder ersetzt. Er
schaffte sich die theuersten Werke, die schönsten Instrumente an und überließ
dieselben nach kurzem Gebrauche der Bibliothek und den Anstalten der Uni¬
versität. Durch eine Menge Geschenke bereicherte er die wissenschaftlichen
Sammlungen der Universität. Er stiftete Stipendien für ungarische Stu-
dirende, setzte Preise aus für die Lösung wissenschaftlicher Aufgaben. Die
Nähe der Universität Jena war aber auch den wissenschaftlichen Bestrebungen des
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