Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.warum die englische Leuchtthucm-Behörde bis jetzt noch keine Anstalten getroffen Nicht niedrige Geldgier war es, wie in einigen deutschen Zeitungen Wie sehr eine persönliche Auffassung eines geängstigten Menschen von ") Auf der Lac-Seite, denn auf der andern war das Herablassen der Böte wegen Wind und See unmöglich. Grenzboten III. 187S. 55
warum die englische Leuchtthucm-Behörde bis jetzt noch keine Anstalten getroffen Nicht niedrige Geldgier war es, wie in einigen deutschen Zeitungen Wie sehr eine persönliche Auffassung eines geängstigten Menschen von ") Auf der Lac-Seite, denn auf der andern war das Herablassen der Böte wegen Wind und See unmöglich. Grenzboten III. 187S. 55
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warum die englische Leuchtthucm-Behörde bis jetzt noch keine Anstalten getroffen
hat, diesem Küstenpunkt den gefährlichen Charakter bet Nebel zu nehmen. —
Nicht niedrige Geldgier war es, wie in einigen deutschen Zeitungen
wiederholt gesagt wurde, welche Kapitain Thomas, ohne Rücksicht aus die
ihm anvertrauten Menschen und Güter, in den Nebel vorwärts trieb; nicht
Habsucht brachte das Schiff auf die Klippen: sondern der Geiz der englischen
Leuchtthurmbehörde, der sich dagegen wehrte, den einzigen wirklichen Schutz
gegen Nebel, wegen einiger Tausend Pfund Sterling Mehrausgabe, an dem
wichtigsten Punkt der englischen Küsten aufzustellen. —
Wie sehr eine persönliche Auffassung eines geängstigten Menschen von
der Wahrheit abweichen.kann, bewies der Bericht, welchen ein geretteter Pas¬
sagier des Schiller der Gartenlaube geschickt hat. Die zehn Minuten, welche ver¬
strichen zwischen dem Auflaufen und den ersten Rettungsversuchen, dehnen sich
ihm, dem Bedrohten, wie natürlich, zu neunmal längerer Zeit, zu 1^ Stunden
aus. Erst dann sollen von der Schiffsleitung Vorbereitungen zur Rettung
aller gemacht worden sein, zu einer Stunde, (also etwa ^12 Uhr Nachts)
wo der Leuchtthurmwärrer zu Bishop Rock, vor Gericht unter Eid aussagt,
er hätte zwischen 11 und '/z12 Uhr, bei sich lichtendem Nebel, den Schiller
gesehen, in dessen Masten er, aus einem Telescop die Menschen sehen konnte,
und kann ganz bestimmt versichern, daß zu dieser Zeit die Boote") nicht
mehr an Bord zu sehen waren. Wie sehr die erhitzte Phantasie eines
mit Todbedrohten sich in Unmöglichkeiten versteigen kann, beweist auch die
oben erwähnte Schilderung, in welcher dargestellt wird, daß Kleider von den
Gliedern durch die Wellen weggerissen worden seien, bevor die betreffenden
Personen selbst der Wucht des Wassers wichen! Ja, der Beschreibe hält sich lange
Zeit im Wasser an einer herumtreibenden Leiche fest, welche ihm zu Liebe die Freund¬
lichkeit hatte, eine löbliche Ausnahme von dem bekannten Naturgesetz zu ma¬
chen, daß Körper, gleich nachdem sie Leichen werden, sinken, und erst wie¬
der steigen können, wenn die Verwesungsgase den Körper füllen. Auch ein
Rettungsgürtel möchte kaum hinreichende Schwimmkraft besitzen, um außer
der Leiche noch einen sich Anklammernden zu tragen. — Daß die erwähnte
Beschreibung interessant ist, und das Schreckliche des Unglückfalls sehr craß
schildert, ist nicht abzuleugnen, aber zu einem Urtheil über nautische Details,
dazu ist der Erzählende unfähig, die versteht er nicht. Auch wenn er sechs
Seereisen gemacht hat, ein Seemann oder auch nur Seekenner, ist er deshalb
noch lange nicht. Ein gemeiner Soldat, der sechs Schlachten, ja sechs Kriege
mitgemacht, wird durch diesen seinen Antheil sicherlich noch nicht befähigt, die
Führung des Ganzen zu verstehen.
") Auf der Lac-Seite, denn auf der andern war das Herablassen der Böte wegen Wind
und See unmöglich.
Grenzboten III. 187S. 55
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