Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.unterfangen, mich an Eure Seite zu setzen und Euren Adel zu beflecken? ' unterfangen, mich an Eure Seite zu setzen und Euren Adel zu beflecken? ' <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0394" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134212"/> <p xml:id="ID_1237" prev="#ID_1236" next="#ID_1238"> unterfangen, mich an Eure Seite zu setzen und Euren Adel zu beflecken? '<lb/> Und indem sie das sagte, überzog eine tiefe Röthe ihr Gesicht, und je mehr<lb/> Gensaburo sie anblickte, desto schöner erschien sie seinen Augen, und desto<lb/> mehr bezauberten ihn ihre Reize. Er ließ Wein und Fisch bringen, und sie<lb/> ergötzten sich an einem kleinen Schmause. Als Tschokitschi (der den Vermittler<lb/> des Stelldicheins macht) und Okuma sahen, was die Uhr geschlagen, ließen<lb/> sie Gensaburo und Okogo allein, die sich nun einander ins Auge sahen. —<lb/> „Komm," sagte Gensaburo lächelnd, „möchtest Du denn nicht etwas näher<lb/> bei mir sitzen?" — „Ich danke Euch, Herr, ich fürchte mich ein wenig." —<lb/> „El, Du benimmst Dich ja beinahe, als ob Du mich haßtest." — „O nein,<lb/> nein, gewiß, lieber Herr, ich hasse Euch nicht. Das würde sehr garstig von<lb/> mir sein, und es ist auch wirklich nicht der Fall. Gleich das erste Mal. als<lb/> ich Euch bei der Adsumabrücke sah, liebte ich Euch und sehnte ich mich nach<lb/> Euch von ganzer Seele. Aber ich wußte wohl, welchem verachteten Geschlechte<lb/> ich angehörte, und daß ich sür Euch nicht zur Frau paßte, und so verzichtete<lb/> ich in Ergebung aus mein Glück. Aber ich bin noch so jung und unerfahren,<lb/> und so konnte ich es doch nicht lassen, an Euch zu denken und nur an Euch.<lb/> Und als ich dann von Tschokitschi hörte, was Ihr über mich gesagt, hielt ich<lb/> Alles in meinem Herzen für einen seligen Traum." — Wie sie diese Worte<lb/> mit schüchternem Erröthen sprach, war Gensaburo ganz hingerissen von ihrer<lb/> Schönheit und sagte: „Gut. Du bist ein kluges Kind. Gewiß besitzest Du<lb/> längst schon einen hübschen jungen Liebhaber, und das wird es sein, wenn<lb/> Du nicht mit mir trinken und neben mir sitzen willst. Hab' ich nicht Recht,<lb/> he?" — „Ach, Herr, ein so vornehmer Edelmann wie Ihr hat sicher ein<lb/> schönes Weib in seinem Hause, und dann seid Ihr selbst so schön, daß gewiß<lb/> alle hübschen jungen Damen Euch gut sind." — „El, sieh doch, wie geschickt<lb/> Du Schmeichelst. Ein so reizendes Geschöpf wie Du kleine Zauberin bist,<lb/> war ganz dazu angethan, allen Männern den Kopf zu verdrehen." — „Ach,<lb/> das ist bitter zu hören für ein armes Mädchen! Wer möchte nur daran<lb/> denken, mit einem so elenden Geschöpfe einen Liebesbund zu schließen? Bitte,<lb/> erzählt mir jetzt Alles von Eurer Geliebten. Mich verlangt so sehr von ihr<lb/> zu hören." — „Wunderliches Kind! Ich bin nicht der Mann, jeder schönen<lb/> Dame etwas in den Kopf zu setzen. Aber allerdings giebt es Eine, die ich<lb/> liebe und heirathen möchte." — Bei diesen Worten fing Okogo an, im Ernst<lb/> Eifersucht zu empfinden. „O, wie glücklich muß sie sein," rief sie aus. „Bitte,<lb/> erzählt mir Alles von ihr." — Gensaburo erwiederte lächelnd: „Nun. so höre<lb/> denn. Jene Eine, die ich über Alles liebe, ist niemand anders als Du selbst.<lb/> Da! Du bist's." Damit berührte er mit der Fingerspitze sanft das Grübchen<lb/> in ihrer Wange, und Okogos Herz schlug so heftig vor Freude, daß sie eine<lb/> Zeitlang ganz sprachlos war. Endlich schlug sie die Augen «uf, wendete ihm</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0394]
unterfangen, mich an Eure Seite zu setzen und Euren Adel zu beflecken? '
Und indem sie das sagte, überzog eine tiefe Röthe ihr Gesicht, und je mehr
Gensaburo sie anblickte, desto schöner erschien sie seinen Augen, und desto
mehr bezauberten ihn ihre Reize. Er ließ Wein und Fisch bringen, und sie
ergötzten sich an einem kleinen Schmause. Als Tschokitschi (der den Vermittler
des Stelldicheins macht) und Okuma sahen, was die Uhr geschlagen, ließen
sie Gensaburo und Okogo allein, die sich nun einander ins Auge sahen. —
„Komm," sagte Gensaburo lächelnd, „möchtest Du denn nicht etwas näher
bei mir sitzen?" — „Ich danke Euch, Herr, ich fürchte mich ein wenig." —
„El, Du benimmst Dich ja beinahe, als ob Du mich haßtest." — „O nein,
nein, gewiß, lieber Herr, ich hasse Euch nicht. Das würde sehr garstig von
mir sein, und es ist auch wirklich nicht der Fall. Gleich das erste Mal. als
ich Euch bei der Adsumabrücke sah, liebte ich Euch und sehnte ich mich nach
Euch von ganzer Seele. Aber ich wußte wohl, welchem verachteten Geschlechte
ich angehörte, und daß ich sür Euch nicht zur Frau paßte, und so verzichtete
ich in Ergebung aus mein Glück. Aber ich bin noch so jung und unerfahren,
und so konnte ich es doch nicht lassen, an Euch zu denken und nur an Euch.
Und als ich dann von Tschokitschi hörte, was Ihr über mich gesagt, hielt ich
Alles in meinem Herzen für einen seligen Traum." — Wie sie diese Worte
mit schüchternem Erröthen sprach, war Gensaburo ganz hingerissen von ihrer
Schönheit und sagte: „Gut. Du bist ein kluges Kind. Gewiß besitzest Du
längst schon einen hübschen jungen Liebhaber, und das wird es sein, wenn
Du nicht mit mir trinken und neben mir sitzen willst. Hab' ich nicht Recht,
he?" — „Ach, Herr, ein so vornehmer Edelmann wie Ihr hat sicher ein
schönes Weib in seinem Hause, und dann seid Ihr selbst so schön, daß gewiß
alle hübschen jungen Damen Euch gut sind." — „El, sieh doch, wie geschickt
Du Schmeichelst. Ein so reizendes Geschöpf wie Du kleine Zauberin bist,
war ganz dazu angethan, allen Männern den Kopf zu verdrehen." — „Ach,
das ist bitter zu hören für ein armes Mädchen! Wer möchte nur daran
denken, mit einem so elenden Geschöpfe einen Liebesbund zu schließen? Bitte,
erzählt mir jetzt Alles von Eurer Geliebten. Mich verlangt so sehr von ihr
zu hören." — „Wunderliches Kind! Ich bin nicht der Mann, jeder schönen
Dame etwas in den Kopf zu setzen. Aber allerdings giebt es Eine, die ich
liebe und heirathen möchte." — Bei diesen Worten fing Okogo an, im Ernst
Eifersucht zu empfinden. „O, wie glücklich muß sie sein," rief sie aus. „Bitte,
erzählt mir Alles von ihr." — Gensaburo erwiederte lächelnd: „Nun. so höre
denn. Jene Eine, die ich über Alles liebe, ist niemand anders als Du selbst.
Da! Du bist's." Damit berührte er mit der Fingerspitze sanft das Grübchen
in ihrer Wange, und Okogos Herz schlug so heftig vor Freude, daß sie eine
Zeitlang ganz sprachlos war. Endlich schlug sie die Augen «uf, wendete ihm
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