Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.letzung, es ist wie das Blut, das aus der Wunde eines Thieres quillt, die Die Sinnpflanze faltet, wenn sie mit dem Finger berührt oder auch nur Das Gefühlsvermögen der Gewächse ist von derselben Art wie das der Eine fernere Bestätigung seiner Behauptung findet der Verfasser unsrer Der Pflanzenschlaf, der zuerst von Linne beschrieben worden ist. und von letzung, es ist wie das Blut, das aus der Wunde eines Thieres quillt, die Die Sinnpflanze faltet, wenn sie mit dem Finger berührt oder auch nur Das Gefühlsvermögen der Gewächse ist von derselben Art wie das der Eine fernere Bestätigung seiner Behauptung findet der Verfasser unsrer Der Pflanzenschlaf, der zuerst von Linne beschrieben worden ist. und von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0291" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134109"/> <p xml:id="ID_925" prev="#ID_924"> letzung, es ist wie das Blut, das aus der Wunde eines Thieres quillt, die<lb/> Pflanze kränkelt und stirbt, wenn man ihr nicht die erforderliche Pflege zu<lb/> Theil werden läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_926"> Die Sinnpflanze faltet, wenn sie mit dem Finger berührt oder auch nur<lb/> von einem ihr unangenehmen Luftzuge getroffen wird, ihre Blättchen und<lb/> zieht sich zusammen. Der Botaniker Desfontaines sah, wie eine solche Sensi¬<lb/> tive, die er im Wagen wegbrachte, während des Fahrens ihre Blätter schloß<lb/> und, wenn das Fuhrwerk Halt machte, sie wieder öffnete, ein entschiedner<lb/> Beweis, daß die Bewegung der Pflanze unbequem war. Ein Tropfen saurer<lb/> oder herber Flüssigkeit bewirkt, auf ein Blatt der Sensitive gebracht, sofort<lb/> dessen Zusammenschrumpfen. Alle Gewächse bieten diese Erscheinung dar, ihre<lb/> Gewebe krampfen sich zusammen, wenn man sie mit einer reizenden Substanz<lb/> in Berührung bringt. Zupft man an den Spitzen einer Lattichstaude, so<lb/> genügt es, um aus ihnen den Saft hervorquellen zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_927"> Das Gefühlsvermögen der Gewächse ist von derselben Art wie das der<lb/> Thiere, da die Elektricität jene ebenso wie diese niederwirft und tödtet, und<lb/> da die narkotischen Gifte die Pflanzen in gleicher Weise einschläfern und<lb/> sterben lassen wie die Thiere. Man kann eine Pflanze durch Begießen mit<lb/> Wasser, in welchem Opium aufgelöst ist, einschläfern, und man hat gefunden,<lb/> daß die Blausäure die Gewächse ebenso schnell tödtet als die Thiere.</p><lb/> <p xml:id="ID_928"> Eine fernere Bestätigung seiner Behauptung findet der Verfasser unsrer<lb/> Schrift in dem Umstände, daß die Pflanzen in der Nacht schlafen. Sie ent¬<lb/> wickeln den Tag über ihre ganze Lebensthätigkeit, aber wenn die Nacht<lb/> kommt oder sie sich an einem Orte ohne Licht befinden, nehmen ihre Blätter<lb/> eine neue Stellung an, welche ein Zeichen der Ruhe ist, sie biegen sich um.<lb/> Wenn man weiß, daß die Blätter am Tage so stehen, daß ihre obere Seite<lb/> dem Himmel, ihre untere aber der Erde zugekehrt ist, und daß diese untere<lb/> Seite, mit kleinen Löchern versehen, zum Aufsaugen der Feuchtigkeit der Lust<lb/> und zum Ausdünsten bestimmt, die obere aber, ohne jene Oeffnungen, nur eine<lb/> Art Schutzdach zur Bedeckung der aufsaugenden Fläche ist, so sieht man ein,<lb/> daß jene horizontale Stellung der Blätter ihre Lebensthätigkeit, diese Um-<lb/> biegung derselben Blätter während der Nacht oder an lichtlosen Orten einen<lb/> Zustand des Rubens anzeigt. Es ist genau dieselbe Erscheinung, wie die,<lb/> wenn sich bei uns Menschen in der Nacht ein Zustand einstellt, bei dem die<lb/> Spannung der Muskeln sich löst, die am Tage stattfand.</p><lb/> <p xml:id="ID_929" next="#ID_930"> Der Pflanzenschlaf, der zuerst von Linne beschrieben worden ist. und von<lb/> dessen Tochter entdeckt worden sein soll, ist nicht, wie Manche glauben werden,<lb/> auf einige wenige Gewächsarten beschränkt. Es giebt vielmehr nur wenige<lb/> Familien des Pflanzenreichs, die in der Dunkelheit ihre Blätter nicht um¬<lb/> biegen und während der Nacht nicht ein anderes Ansehen haben als am Tage.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0291]
letzung, es ist wie das Blut, das aus der Wunde eines Thieres quillt, die
Pflanze kränkelt und stirbt, wenn man ihr nicht die erforderliche Pflege zu
Theil werden läßt.
Die Sinnpflanze faltet, wenn sie mit dem Finger berührt oder auch nur
von einem ihr unangenehmen Luftzuge getroffen wird, ihre Blättchen und
zieht sich zusammen. Der Botaniker Desfontaines sah, wie eine solche Sensi¬
tive, die er im Wagen wegbrachte, während des Fahrens ihre Blätter schloß
und, wenn das Fuhrwerk Halt machte, sie wieder öffnete, ein entschiedner
Beweis, daß die Bewegung der Pflanze unbequem war. Ein Tropfen saurer
oder herber Flüssigkeit bewirkt, auf ein Blatt der Sensitive gebracht, sofort
dessen Zusammenschrumpfen. Alle Gewächse bieten diese Erscheinung dar, ihre
Gewebe krampfen sich zusammen, wenn man sie mit einer reizenden Substanz
in Berührung bringt. Zupft man an den Spitzen einer Lattichstaude, so
genügt es, um aus ihnen den Saft hervorquellen zu lassen.
Das Gefühlsvermögen der Gewächse ist von derselben Art wie das der
Thiere, da die Elektricität jene ebenso wie diese niederwirft und tödtet, und
da die narkotischen Gifte die Pflanzen in gleicher Weise einschläfern und
sterben lassen wie die Thiere. Man kann eine Pflanze durch Begießen mit
Wasser, in welchem Opium aufgelöst ist, einschläfern, und man hat gefunden,
daß die Blausäure die Gewächse ebenso schnell tödtet als die Thiere.
Eine fernere Bestätigung seiner Behauptung findet der Verfasser unsrer
Schrift in dem Umstände, daß die Pflanzen in der Nacht schlafen. Sie ent¬
wickeln den Tag über ihre ganze Lebensthätigkeit, aber wenn die Nacht
kommt oder sie sich an einem Orte ohne Licht befinden, nehmen ihre Blätter
eine neue Stellung an, welche ein Zeichen der Ruhe ist, sie biegen sich um.
Wenn man weiß, daß die Blätter am Tage so stehen, daß ihre obere Seite
dem Himmel, ihre untere aber der Erde zugekehrt ist, und daß diese untere
Seite, mit kleinen Löchern versehen, zum Aufsaugen der Feuchtigkeit der Lust
und zum Ausdünsten bestimmt, die obere aber, ohne jene Oeffnungen, nur eine
Art Schutzdach zur Bedeckung der aufsaugenden Fläche ist, so sieht man ein,
daß jene horizontale Stellung der Blätter ihre Lebensthätigkeit, diese Um-
biegung derselben Blätter während der Nacht oder an lichtlosen Orten einen
Zustand des Rubens anzeigt. Es ist genau dieselbe Erscheinung, wie die,
wenn sich bei uns Menschen in der Nacht ein Zustand einstellt, bei dem die
Spannung der Muskeln sich löst, die am Tage stattfand.
Der Pflanzenschlaf, der zuerst von Linne beschrieben worden ist. und von
dessen Tochter entdeckt worden sein soll, ist nicht, wie Manche glauben werden,
auf einige wenige Gewächsarten beschränkt. Es giebt vielmehr nur wenige
Familien des Pflanzenreichs, die in der Dunkelheit ihre Blätter nicht um¬
biegen und während der Nacht nicht ein anderes Ansehen haben als am Tage.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |