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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Schlosser sowie für die Fuhrleute finden Abrechnungen von unbestimmten
Terminen statt. Hierzu kommen noch vierteljährliche Trinkgelder für die
Meister. Wir befinden uns nämlich in dieser Zeit auf den klassischem Boden
der Trinkgelder, Spenden, Ehrentränke, Liebungen und Ver¬
ehrungen. Es begehrt und nimmt jeder sein Trinkgeld, Kaiser, Kanzler,
Bischöfe, Meister und Knechte. Jedes nicht bedungene Geschäft, das ausge¬
führt wird, wird mit einem Trinkgelde belohnt, jeder Kauf fordert einen Leih¬
haus d. h. Trinkgeld oder Trinkstoff als Commissionsgebühr. So sind auch
die vorliegenden Rechnungen gleichsam mit einem reichen Kranze von Trink¬
geldern garnirt.

Zuerst die Bauhütte. An der Spitze des Baues steht damals ein
bekannter und um die Organisation der Hütte hochverdienter Mann; Conrad
Roritzer, von dem hernach noch mehr zu sagen sein wird. Unter ihm
arbeiten ein Pour und sieben bis zehn Gesellen. Auch Lehrlinge kommen
ab und zu vor, doch ist ihres Bleibens nicht lange. So etliche Tage
nach Pfingsten; dann Dominica Is", das ist Ende August, ein ge¬
wisser Michel Knittelmair vier Tage "sea maxister (üonraäus male
tuit evntöntus", dann Hansen Mautner Lehrjunge, welcher aushält.
Dazu ist das ganze Jahr hindurch ein Hüttenknecht angestellt.

Folgendes sind die Löhne: Meister Conrad erhält wöchentlich 6 an
also pro Tag 10^/z "In. Hierzu kommen an Trinkgeldern: Item zu ver¬
trinken Meister Conrad und dem Glaser 16 ohl. aufzuhängen die Tafel im
Chor. Item dem Meistern zu vertrinken S den von der Glocken wegen,"
nämlich die Sanct Peters Glocke, welche in diesem Jahr aufgehängt wurde-
Dazu die Koteinmer (Quatember) zu Pfingsten Emerani Nativitatis und
Fasten je zu 6 /?. Der Glaser, -- natürlich nicht ein gewöhnlicher Bau¬
glaser sondern Glasmaler -- erhält je 1 O..

Bei Roritzer ist der Pfingsttermin nicht in Ansatz gebracht. Wir müssen
annehmen, daß er zu dieser Zeit auswärts beschäftigt gewesen ist, und zwar
aller Wahrscheinlichkeit nach in Nürnberg. Wenigstens erfahren wir aus
Rathsacten zu Nürnberg, daß er den Chorbau der Lorenzoktrche daselbst
1445 -- 48 führte und von da an wenigstens periodisch beaufsichtigte. Er
übertrug später dies Geschäft seinem Barlier Hanns Pauer von Ochsen¬
furt, mit welchem der Rath einen Contract über Ausbau des Chores schloß-
Dieser Contract, bei dessen Schließung sicher Conrad zugegen war, ist datirt
vom 17. Mai 1458. Die ausfallende Quatember zu Regensburg aber trifft
auf den 21. Mai, wie sich unschwer berechnen läßt. -- Die Competenzen,
welche Meister Conrad von Nürnberg bezog, betrugen zu jeder Quatember
20 si. in Gold und ein jährlicher Hauszins von 8 si. Es wäre also das
Jahreseinkommen eines Baumeisters von bekanntem Namen 88 si. in Gold,


Schlosser sowie für die Fuhrleute finden Abrechnungen von unbestimmten
Terminen statt. Hierzu kommen noch vierteljährliche Trinkgelder für die
Meister. Wir befinden uns nämlich in dieser Zeit auf den klassischem Boden
der Trinkgelder, Spenden, Ehrentränke, Liebungen und Ver¬
ehrungen. Es begehrt und nimmt jeder sein Trinkgeld, Kaiser, Kanzler,
Bischöfe, Meister und Knechte. Jedes nicht bedungene Geschäft, das ausge¬
führt wird, wird mit einem Trinkgelde belohnt, jeder Kauf fordert einen Leih¬
haus d. h. Trinkgeld oder Trinkstoff als Commissionsgebühr. So sind auch
die vorliegenden Rechnungen gleichsam mit einem reichen Kranze von Trink¬
geldern garnirt.

Zuerst die Bauhütte. An der Spitze des Baues steht damals ein
bekannter und um die Organisation der Hütte hochverdienter Mann; Conrad
Roritzer, von dem hernach noch mehr zu sagen sein wird. Unter ihm
arbeiten ein Pour und sieben bis zehn Gesellen. Auch Lehrlinge kommen
ab und zu vor, doch ist ihres Bleibens nicht lange. So etliche Tage
nach Pfingsten; dann Dominica Is", das ist Ende August, ein ge¬
wisser Michel Knittelmair vier Tage „sea maxister (üonraäus male
tuit evntöntus", dann Hansen Mautner Lehrjunge, welcher aushält.
Dazu ist das ganze Jahr hindurch ein Hüttenknecht angestellt.

Folgendes sind die Löhne: Meister Conrad erhält wöchentlich 6 an
also pro Tag 10^/z «In. Hierzu kommen an Trinkgeldern: Item zu ver¬
trinken Meister Conrad und dem Glaser 16 ohl. aufzuhängen die Tafel im
Chor. Item dem Meistern zu vertrinken S den von der Glocken wegen,"
nämlich die Sanct Peters Glocke, welche in diesem Jahr aufgehängt wurde-
Dazu die Koteinmer (Quatember) zu Pfingsten Emerani Nativitatis und
Fasten je zu 6 /?. Der Glaser, — natürlich nicht ein gewöhnlicher Bau¬
glaser sondern Glasmaler — erhält je 1 O..

Bei Roritzer ist der Pfingsttermin nicht in Ansatz gebracht. Wir müssen
annehmen, daß er zu dieser Zeit auswärts beschäftigt gewesen ist, und zwar
aller Wahrscheinlichkeit nach in Nürnberg. Wenigstens erfahren wir aus
Rathsacten zu Nürnberg, daß er den Chorbau der Lorenzoktrche daselbst
1445 — 48 führte und von da an wenigstens periodisch beaufsichtigte. Er
übertrug später dies Geschäft seinem Barlier Hanns Pauer von Ochsen¬
furt, mit welchem der Rath einen Contract über Ausbau des Chores schloß-
Dieser Contract, bei dessen Schließung sicher Conrad zugegen war, ist datirt
vom 17. Mai 1458. Die ausfallende Quatember zu Regensburg aber trifft
auf den 21. Mai, wie sich unschwer berechnen läßt. — Die Competenzen,
welche Meister Conrad von Nürnberg bezog, betrugen zu jeder Quatember
20 si. in Gold und ein jährlicher Hauszins von 8 si. Es wäre also das
Jahreseinkommen eines Baumeisters von bekanntem Namen 88 si. in Gold,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/92>, abgerufen am 22.07.2024.