Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band. Nun woll'n wir bitten unsern Gott, Er woll' uns helfen in der Noth, Bei seinem Wort erhalten In rechter Lieb' und Einigkeit; Amen, das woll' Gott walten. -- Die weiteren politischen Ereignisse können wir hier nur in großen Zügen "Lieber Beil als Feder, lieber Blut als Tinte"; seitdem gehörte auch Wo aber blieben Herzog Moritz' biedermännische Betheuerungen, er wollte ') Wir haben das weitläufige und wortreiche Gedicht, das an poetischer Wirkung weit
hinter den anderen zurücksteht, wie die Vergleichung mit dem genau angegebenen Akrostichon zeigen wird, um mehrere, nicht sehr inhaltreiche Strophen verkürzt. In einer der (ausgelassenen) Schlußstrophen kommt der Dichter, ähnlich wie beim vorigen Liede, auf sich selber zu sprechen und theilt uns mit, daß er auch der Verfasser eines bekannten Liedes über die Belagerung der Stadt Leipzig sei. Er war sonach einer der thätigsten, wenn auch nicht geschicktesten unterdes Herzogs Soldpoeten. Uebrigens scheint er sehr eifersüchtig auf seine Autorschaft gewesen zu sein. In der Vorrede zu dem letztgenannten Liede, das uns auch erhalten ist, beschwert er sich darüber, daß Konkurrenten sein Werk benutzt und ausgeschrieben hätten noch vor der Ver¬ öffentlichung durch den Druck. -- Nun woll'n wir bitten unsern Gott, Er woll' uns helfen in der Noth, Bei seinem Wort erhalten In rechter Lieb' und Einigkeit; Amen, das woll' Gott walten. — Die weiteren politischen Ereignisse können wir hier nur in großen Zügen „Lieber Beil als Feder, lieber Blut als Tinte"; seitdem gehörte auch Wo aber blieben Herzog Moritz' biedermännische Betheuerungen, er wollte ') Wir haben das weitläufige und wortreiche Gedicht, das an poetischer Wirkung weit
hinter den anderen zurücksteht, wie die Vergleichung mit dem genau angegebenen Akrostichon zeigen wird, um mehrere, nicht sehr inhaltreiche Strophen verkürzt. In einer der (ausgelassenen) Schlußstrophen kommt der Dichter, ähnlich wie beim vorigen Liede, auf sich selber zu sprechen und theilt uns mit, daß er auch der Verfasser eines bekannten Liedes über die Belagerung der Stadt Leipzig sei. Er war sonach einer der thätigsten, wenn auch nicht geschicktesten unterdes Herzogs Soldpoeten. Uebrigens scheint er sehr eifersüchtig auf seine Autorschaft gewesen zu sein. In der Vorrede zu dem letztgenannten Liede, das uns auch erhalten ist, beschwert er sich darüber, daß Konkurrenten sein Werk benutzt und ausgeschrieben hätten noch vor der Ver¬ öffentlichung durch den Druck. — <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0068" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134414"/> <lg xml:id="POEMID_8" type="poem"> <l> Nun woll'n wir bitten unsern Gott,<lb/> Er woll' uns helfen in der Noth,<lb/> Bei seinem Wort erhalten<lb/> In rechter Lieb' und Einigkeit;<lb/> Amen, das woll' Gott walten. —</l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_157"> Die weiteren politischen Ereignisse können wir hier nur in großen Zügen<lb/> andeuten. Der Herzog war bald wieder oben. Auf der Lochauer Heide ver¬<lb/> lor Hans Friedrich Kur und Freiheit, und Moritz war nun Kurfürst und<lb/> Herr aller sächsischen Lande, dazu des Kaisers erklärter Günstling. Aber wie<lb/> dieser mit seinen Günstlingen umzugehen gesonnen war, das zeigte die Ge¬<lb/> fangennahme des Landgrafen, der, durch „geschwinde Praktiken" herbeigelockt,<lb/> wider Moritz' und des Kurfürsten zu Brandenburg Wort und Bürgschaft<lb/> festgehalten, und gleich dem armen Hans Friedrich, im Triumphe fortgeschleppt<lb/> wurde. Dann folgte zu Augsburg der „geharnischte Reichstag" den des<lb/> Kaisers Spanier mit blanken Waffen umstanden, damit der spanisch-öster¬<lb/> reichische Absolutismus Rechtsbestand gewinne. Hier zeigte sich, wie der<lb/> Kaiser in Sachen der Religion es zu halten gedachte. Alle Versprechungen,<lb/> die er seinen evangelischen Verbündeten gemacht, waren vergessen, und das<lb/> Interim wurde in einer von spanischen Theologen revidirten Form den Prote¬<lb/> stanten octroyirt. Hans von Küstrin, der dem Kaiser bisher geholfen, blieb<lb/> seinem Worte treu und verweigerte die Unterzeichnung.</p><lb/> <p xml:id="ID_158"> „Lieber Beil als Feder, lieber Blut als Tinte"; seitdem gehörte auch<lb/> er zu den „Ungehorsamen".</p><lb/> <p xml:id="ID_159" next="#ID_160"> Wo aber blieben Herzog Moritz' biedermännische Betheuerungen, er wollte<lb/> dem Augsburgischen Bekenntniß treu bleiben, am Glauben solle nichts geän¬<lb/> dert werden, im Glauben wolle er sterben? Er fügte sich, obwol zögernd.<lb/> Seine und Joachim's Hoftheologen brachten das Leipziger Interim zu Stande,<lb/> das der Kaiser genehmigte und die Kurfürsten durchzuführen versprachen.<lb/> Jetzt freilich schwieg des Herzogs offiziöse Presse; was gab's auch noch zu be¬<lb/> schönigen, zu verhüllen nach solchem Wortbruch? Aber von der Gegenseite<lb/> kamen die bittersten Angriffe; von Magdeburg aus, wohin sich die unab-</p><lb/> <note xml:id="FID_46" place="foot"> ') Wir haben das weitläufige und wortreiche Gedicht, das an poetischer Wirkung weit<lb/> hinter den anderen zurücksteht, wie die Vergleichung mit dem genau angegebenen Akrostichon<lb/> zeigen wird, um mehrere, nicht sehr inhaltreiche Strophen verkürzt. In einer der (ausgelassenen)<lb/> Schlußstrophen kommt der Dichter, ähnlich wie beim vorigen Liede, auf sich selber zu sprechen<lb/> und theilt uns mit, daß er auch der Verfasser eines bekannten Liedes über die Belagerung der<lb/> Stadt Leipzig sei. Er war sonach einer der thätigsten, wenn auch nicht geschicktesten unterdes<lb/> Herzogs Soldpoeten. Uebrigens scheint er sehr eifersüchtig auf seine Autorschaft gewesen zu<lb/> sein. In der Vorrede zu dem letztgenannten Liede, das uns auch erhalten ist, beschwert er<lb/> sich darüber, daß Konkurrenten sein Werk benutzt und ausgeschrieben hätten noch vor der Ver¬<lb/> öffentlichung durch den Druck. —</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0068]
Nun woll'n wir bitten unsern Gott,
Er woll' uns helfen in der Noth,
Bei seinem Wort erhalten
In rechter Lieb' und Einigkeit;
Amen, das woll' Gott walten. —
Die weiteren politischen Ereignisse können wir hier nur in großen Zügen
andeuten. Der Herzog war bald wieder oben. Auf der Lochauer Heide ver¬
lor Hans Friedrich Kur und Freiheit, und Moritz war nun Kurfürst und
Herr aller sächsischen Lande, dazu des Kaisers erklärter Günstling. Aber wie
dieser mit seinen Günstlingen umzugehen gesonnen war, das zeigte die Ge¬
fangennahme des Landgrafen, der, durch „geschwinde Praktiken" herbeigelockt,
wider Moritz' und des Kurfürsten zu Brandenburg Wort und Bürgschaft
festgehalten, und gleich dem armen Hans Friedrich, im Triumphe fortgeschleppt
wurde. Dann folgte zu Augsburg der „geharnischte Reichstag" den des
Kaisers Spanier mit blanken Waffen umstanden, damit der spanisch-öster¬
reichische Absolutismus Rechtsbestand gewinne. Hier zeigte sich, wie der
Kaiser in Sachen der Religion es zu halten gedachte. Alle Versprechungen,
die er seinen evangelischen Verbündeten gemacht, waren vergessen, und das
Interim wurde in einer von spanischen Theologen revidirten Form den Prote¬
stanten octroyirt. Hans von Küstrin, der dem Kaiser bisher geholfen, blieb
seinem Worte treu und verweigerte die Unterzeichnung.
„Lieber Beil als Feder, lieber Blut als Tinte"; seitdem gehörte auch
er zu den „Ungehorsamen".
Wo aber blieben Herzog Moritz' biedermännische Betheuerungen, er wollte
dem Augsburgischen Bekenntniß treu bleiben, am Glauben solle nichts geän¬
dert werden, im Glauben wolle er sterben? Er fügte sich, obwol zögernd.
Seine und Joachim's Hoftheologen brachten das Leipziger Interim zu Stande,
das der Kaiser genehmigte und die Kurfürsten durchzuführen versprachen.
Jetzt freilich schwieg des Herzogs offiziöse Presse; was gab's auch noch zu be¬
schönigen, zu verhüllen nach solchem Wortbruch? Aber von der Gegenseite
kamen die bittersten Angriffe; von Magdeburg aus, wohin sich die unab-
') Wir haben das weitläufige und wortreiche Gedicht, das an poetischer Wirkung weit
hinter den anderen zurücksteht, wie die Vergleichung mit dem genau angegebenen Akrostichon
zeigen wird, um mehrere, nicht sehr inhaltreiche Strophen verkürzt. In einer der (ausgelassenen)
Schlußstrophen kommt der Dichter, ähnlich wie beim vorigen Liede, auf sich selber zu sprechen
und theilt uns mit, daß er auch der Verfasser eines bekannten Liedes über die Belagerung der
Stadt Leipzig sei. Er war sonach einer der thätigsten, wenn auch nicht geschicktesten unterdes
Herzogs Soldpoeten. Uebrigens scheint er sehr eifersüchtig auf seine Autorschaft gewesen zu
sein. In der Vorrede zu dem letztgenannten Liede, das uns auch erhalten ist, beschwert er
sich darüber, daß Konkurrenten sein Werk benutzt und ausgeschrieben hätten noch vor der Ver¬
öffentlichung durch den Druck. —
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