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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Stimmung des Landes benutzend, die Unterthanen an ihre Pflicht gegen den
Herzog, ihren Herrn "von Gottes Gnaden", zu erinnern und zugleich dessen
Verdienste um das Land, namentlich um Kirche und Schule, hervorzuheben!

Noch mehr wird des Herzogs Religiosität, seine väterliche Sorge für
Land und Leute und das Unrecht, das er von dem Kurfürsten erlitten,
in dem folgenden Gedichte betont, das sogar mit theologischer Gelehr¬
samkeit wider diesen zu Felde zieht. Der Kurfürst hatte zwar Leipzig nicht
erobern können, dafür aber fast das ganze herzogliche Land besetzt und mit
Einquartierung belegt. Moritz, der mit Joachim II. von Brandenburg und
dem Könige im Bündniß stand, konnte von keinem von beiden Hülse erlangen;
Joachim zögerte und empfahl dem Herzog, sich auf "gütliche Handlung" ein¬
zulassen ; der König aber ward durch die Gährung in Böhmen aufgehalten,
seine Stände weigerten sich der Hülfe und rüsteten, um das Eindringen des
"fremden unchristlichen hispanischen Volkes" zu verhindern. Damals entstand
dies neue

Lied, aus was Ursachen mein gnädiger Herr, Herzog Moritz, mit dem
Kurfürsten-Herzog Johann Friedrichen nicht wider den Kaiser hat wollen
ziehen, dadurch ihm der Kurfürst feind geworden u. f. w. Nach den Buch¬

staben "Moritz Herzog zu Sachsen" gesetzt im Jahr 1647.*)


Im Ton: Es gehet ein frischer Sommer daher.

[Beginn Spaltensatz] M ich wundert sehr, was Glück und Ehr'
Der Kurfürst mit so großem Heer
Im Winter will erjagen.
Den Krieg hat er gefangen an.
Muß drüber noch verzagen. verzagen.
Mich feindet drum der Kurfürst an,
Daß ich ihm nicht hab' Hülf' gethan
Wider'n Kaiser, meinen Herren.
Ich thu nicht wider die Obrigkeit,
Niemand soll mir'S verkehren.
O Vetter, hätt'se du dich besonnen
Und wärst nicht widern Kaiser kommen,
Wie Luther hat gerathen!
Dich hätt' der Kaiser g'nommer an
Zu friedlichen Geraden. [Spaltenumbruch] Wer ihm die Ehr' entziehen will,
Der folgt nicht Paulus' Lehre.
Ach "n mein'in Theil, dieweil ich leb'.
Der Obrigkeit nicht widerstreb'.
Die mir Gott hat gegeben;
Der will ich auch gehorsam sein,
Weil ich noch hab' das Leben.
T hat' ich wider den Herren mein.
So müßt' ich wider Gott auch sein.
Sein Wort that ich nicht halten;
Denn er mir ja geboten hat.
Soll ihn in Ehren halten. Z °g ich wider den Herren mein.
So müßt' ich em Aufrührer sein.
Deß hätt' ich ewig Schande.
Viel lieber bleibe ich daheim
Und schütze Leut' und Lande. [Ende Spaltensatz]
N on'sah kaiserliche Majestät
Der liebe Gott verordnet hat,
Daß er soll sein ein Herre;


E. G. N. Gcncui: MMoritzs Herzog zen Sachsen.

Stimmung des Landes benutzend, die Unterthanen an ihre Pflicht gegen den
Herzog, ihren Herrn „von Gottes Gnaden", zu erinnern und zugleich dessen
Verdienste um das Land, namentlich um Kirche und Schule, hervorzuheben!

Noch mehr wird des Herzogs Religiosität, seine väterliche Sorge für
Land und Leute und das Unrecht, das er von dem Kurfürsten erlitten,
in dem folgenden Gedichte betont, das sogar mit theologischer Gelehr¬
samkeit wider diesen zu Felde zieht. Der Kurfürst hatte zwar Leipzig nicht
erobern können, dafür aber fast das ganze herzogliche Land besetzt und mit
Einquartierung belegt. Moritz, der mit Joachim II. von Brandenburg und
dem Könige im Bündniß stand, konnte von keinem von beiden Hülse erlangen;
Joachim zögerte und empfahl dem Herzog, sich auf „gütliche Handlung" ein¬
zulassen ; der König aber ward durch die Gährung in Böhmen aufgehalten,
seine Stände weigerten sich der Hülfe und rüsteten, um das Eindringen des
„fremden unchristlichen hispanischen Volkes" zu verhindern. Damals entstand
dies neue

Lied, aus was Ursachen mein gnädiger Herr, Herzog Moritz, mit dem
Kurfürsten-Herzog Johann Friedrichen nicht wider den Kaiser hat wollen
ziehen, dadurch ihm der Kurfürst feind geworden u. f. w. Nach den Buch¬

staben „Moritz Herzog zu Sachsen" gesetzt im Jahr 1647.*)


Im Ton: Es gehet ein frischer Sommer daher.

[Beginn Spaltensatz] M ich wundert sehr, was Glück und Ehr'
Der Kurfürst mit so großem Heer
Im Winter will erjagen.
Den Krieg hat er gefangen an.
Muß drüber noch verzagen. verzagen.
Mich feindet drum der Kurfürst an,
Daß ich ihm nicht hab' Hülf' gethan
Wider'n Kaiser, meinen Herren.
Ich thu nicht wider die Obrigkeit,
Niemand soll mir'S verkehren.
O Vetter, hätt'se du dich besonnen
Und wärst nicht widern Kaiser kommen,
Wie Luther hat gerathen!
Dich hätt' der Kaiser g'nommer an
Zu friedlichen Geraden. [Spaltenumbruch] Wer ihm die Ehr' entziehen will,
Der folgt nicht Paulus' Lehre.
Ach «n mein'in Theil, dieweil ich leb'.
Der Obrigkeit nicht widerstreb'.
Die mir Gott hat gegeben;
Der will ich auch gehorsam sein,
Weil ich noch hab' das Leben.
T hat' ich wider den Herren mein.
So müßt' ich wider Gott auch sein.
Sein Wort that ich nicht halten;
Denn er mir ja geboten hat.
Soll ihn in Ehren halten. Z °g ich wider den Herren mein.
So müßt' ich em Aufrührer sein.
Deß hätt' ich ewig Schande.
Viel lieber bleibe ich daheim
Und schütze Leut' und Lande. [Ende Spaltensatz]
N on'sah kaiserliche Majestät
Der liebe Gott verordnet hat,
Daß er soll sein ein Herre;


E. G. N. Gcncui: MMoritzs Herzog zen Sachsen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/66>, abgerufen am 22.07.2024.