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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Die Gereinigten Staaten und Kuba.

Vor einiger Zeit verbreiteten amerikanische und europäische Blätter das
Gerücht, die Regierung der Vereinigten Staaten beabsichtige eine energische
Demonstration gegen Spanien in Bezug auf Cuba; und es knüpfte sich
hieran die Vermuthung, Präsident Grant wolle die nordamerikanische Union
in eine Verwickelung mit einer auswärtigen Macht stürzen, um so die "Um¬
stände" herbeizuführen, unter welchen er, seinem an die republikanische Staats¬
convention von Pennsylvanien gerichteten Briefe gemäß, seine Wiedererwäh-
lung zum Präsidenten für eine Nothwendigkeit halten würde. Der Schluß
des z. Z. vielbesprochenen Briefes vom 29. Mai t875 lautete aber also: "Ich
bin weder jetzt ein Kandidat für die Präsidentschaft, noch habe ich mich je¬
mals um dieselbe beworben. Eine angebotene Nomination würde ich nicht
annehmen, es sei denn, dieselbe träte unter solchen Umständen
an mich heran, die mir dieselbe zu einer gebteterischenPflicht
(an imperative äutz?) machen würden."

Das erwähnte Gerücht schien auf den ersten Blick hin etwas Wahr¬
scheinliches für sich haben. Verschiedene amerikanische Blätter veröffentlichten
Privatnachrtchten, welche von bedeutungsvollen Aeußerungen eines Beamten
des Staatsministeriums in Washington City erzählten, die dahin gingen, daß
dem Kampfe auf Cuba, der den Interessen der Vereinigten Staaten fort¬
während großen Schaden zufüge, ein Ende gemacht werden müsse, u. f. w.
Selbst in diplomatischen Kreisen rief die Sache einige Beunruhigung hervor.
Hieß es doch sogar, Don Carlos habe dem Könige Alfonso seinen Beistand
gegen Amerika angeboten. Dann kamen Nachrichten von einer drohenden
Note, die vom Gesandten der Vereinigten Staaten, Herrn Cushing, der spa¬
nischen Regierung präsentirt worden sei, von der Absenkung einer spanischen
Kriegsflotte nach den amerikanischen Gewässern, von der Verstärkung des
nordamerikanischen Flottengeschwaders der Vereinigten Staaten, u. s. w.

Späteren Nachrichten zufolge handelte es sich einfach nur um eine Revision
des zwischen den Vereinigten Staaten und Spanien bestehenden Vertrags von
Jahre 1795, der für Amerika sehr lästige (ver/ onerous) Bestimmungen ent¬
hielt, solche Bestimmungen, wie sie sich in keinem andern Vertrage, den die
Union mit sonstigen Staaten abgeschlossen hat, vorfinden. Namentlich ver¬
langte die Regierung der Vereinigten Staaten, daß Spanien denjenigen ameri¬
kanischen Bürgern, welche etwa vor ein Kriegsgericht auf Cuba gestellt werden
sollten, das Recht eingeräumt werde, sich eigene Advocaten zu nehmen. Der
Vertrag von 1793 enthielt über diesen Punkt keine oder doch nur sehr un¬
klare Bestimmungen.


Die Gereinigten Staaten und Kuba.

Vor einiger Zeit verbreiteten amerikanische und europäische Blätter das
Gerücht, die Regierung der Vereinigten Staaten beabsichtige eine energische
Demonstration gegen Spanien in Bezug auf Cuba; und es knüpfte sich
hieran die Vermuthung, Präsident Grant wolle die nordamerikanische Union
in eine Verwickelung mit einer auswärtigen Macht stürzen, um so die „Um¬
stände" herbeizuführen, unter welchen er, seinem an die republikanische Staats¬
convention von Pennsylvanien gerichteten Briefe gemäß, seine Wiedererwäh-
lung zum Präsidenten für eine Nothwendigkeit halten würde. Der Schluß
des z. Z. vielbesprochenen Briefes vom 29. Mai t875 lautete aber also: „Ich
bin weder jetzt ein Kandidat für die Präsidentschaft, noch habe ich mich je¬
mals um dieselbe beworben. Eine angebotene Nomination würde ich nicht
annehmen, es sei denn, dieselbe träte unter solchen Umständen
an mich heran, die mir dieselbe zu einer gebteterischenPflicht
(an imperative äutz?) machen würden."

Das erwähnte Gerücht schien auf den ersten Blick hin etwas Wahr¬
scheinliches für sich haben. Verschiedene amerikanische Blätter veröffentlichten
Privatnachrtchten, welche von bedeutungsvollen Aeußerungen eines Beamten
des Staatsministeriums in Washington City erzählten, die dahin gingen, daß
dem Kampfe auf Cuba, der den Interessen der Vereinigten Staaten fort¬
während großen Schaden zufüge, ein Ende gemacht werden müsse, u. f. w.
Selbst in diplomatischen Kreisen rief die Sache einige Beunruhigung hervor.
Hieß es doch sogar, Don Carlos habe dem Könige Alfonso seinen Beistand
gegen Amerika angeboten. Dann kamen Nachrichten von einer drohenden
Note, die vom Gesandten der Vereinigten Staaten, Herrn Cushing, der spa¬
nischen Regierung präsentirt worden sei, von der Absenkung einer spanischen
Kriegsflotte nach den amerikanischen Gewässern, von der Verstärkung des
nordamerikanischen Flottengeschwaders der Vereinigten Staaten, u. s. w.

Späteren Nachrichten zufolge handelte es sich einfach nur um eine Revision
des zwischen den Vereinigten Staaten und Spanien bestehenden Vertrags von
Jahre 1795, der für Amerika sehr lästige (ver/ onerous) Bestimmungen ent¬
hielt, solche Bestimmungen, wie sie sich in keinem andern Vertrage, den die
Union mit sonstigen Staaten abgeschlossen hat, vorfinden. Namentlich ver¬
langte die Regierung der Vereinigten Staaten, daß Spanien denjenigen ameri¬
kanischen Bürgern, welche etwa vor ein Kriegsgericht auf Cuba gestellt werden
sollten, das Recht eingeräumt werde, sich eigene Advocaten zu nehmen. Der
Vertrag von 1793 enthielt über diesen Punkt keine oder doch nur sehr un¬
klare Bestimmungen.


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[0508] Die Gereinigten Staaten und Kuba. Vor einiger Zeit verbreiteten amerikanische und europäische Blätter das Gerücht, die Regierung der Vereinigten Staaten beabsichtige eine energische Demonstration gegen Spanien in Bezug auf Cuba; und es knüpfte sich hieran die Vermuthung, Präsident Grant wolle die nordamerikanische Union in eine Verwickelung mit einer auswärtigen Macht stürzen, um so die „Um¬ stände" herbeizuführen, unter welchen er, seinem an die republikanische Staats¬ convention von Pennsylvanien gerichteten Briefe gemäß, seine Wiedererwäh- lung zum Präsidenten für eine Nothwendigkeit halten würde. Der Schluß des z. Z. vielbesprochenen Briefes vom 29. Mai t875 lautete aber also: „Ich bin weder jetzt ein Kandidat für die Präsidentschaft, noch habe ich mich je¬ mals um dieselbe beworben. Eine angebotene Nomination würde ich nicht annehmen, es sei denn, dieselbe träte unter solchen Umständen an mich heran, die mir dieselbe zu einer gebteterischenPflicht (an imperative äutz?) machen würden." Das erwähnte Gerücht schien auf den ersten Blick hin etwas Wahr¬ scheinliches für sich haben. Verschiedene amerikanische Blätter veröffentlichten Privatnachrtchten, welche von bedeutungsvollen Aeußerungen eines Beamten des Staatsministeriums in Washington City erzählten, die dahin gingen, daß dem Kampfe auf Cuba, der den Interessen der Vereinigten Staaten fort¬ während großen Schaden zufüge, ein Ende gemacht werden müsse, u. f. w. Selbst in diplomatischen Kreisen rief die Sache einige Beunruhigung hervor. Hieß es doch sogar, Don Carlos habe dem Könige Alfonso seinen Beistand gegen Amerika angeboten. Dann kamen Nachrichten von einer drohenden Note, die vom Gesandten der Vereinigten Staaten, Herrn Cushing, der spa¬ nischen Regierung präsentirt worden sei, von der Absenkung einer spanischen Kriegsflotte nach den amerikanischen Gewässern, von der Verstärkung des nordamerikanischen Flottengeschwaders der Vereinigten Staaten, u. s. w. Späteren Nachrichten zufolge handelte es sich einfach nur um eine Revision des zwischen den Vereinigten Staaten und Spanien bestehenden Vertrags von Jahre 1795, der für Amerika sehr lästige (ver/ onerous) Bestimmungen ent¬ hielt, solche Bestimmungen, wie sie sich in keinem andern Vertrage, den die Union mit sonstigen Staaten abgeschlossen hat, vorfinden. Namentlich ver¬ langte die Regierung der Vereinigten Staaten, daß Spanien denjenigen ameri¬ kanischen Bürgern, welche etwa vor ein Kriegsgericht auf Cuba gestellt werden sollten, das Recht eingeräumt werde, sich eigene Advocaten zu nehmen. Der Vertrag von 1793 enthielt über diesen Punkt keine oder doch nur sehr un¬ klare Bestimmungen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/508>, abgerufen am 22.07.2024.