Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.ist kläglich abgelaufen), sie haben durchaus keine Expansionskraft. Das Wort, Italien und Belgien scheinen glücklicher als Spanien und Frankreich. ist kläglich abgelaufen), sie haben durchaus keine Expansionskraft. Das Wort, Italien und Belgien scheinen glücklicher als Spanien und Frankreich. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0049" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134395"/> <p xml:id="ID_107" prev="#ID_106"> ist kläglich abgelaufen), sie haben durchaus keine Expansionskraft. Das Wort,<lb/> das Thiers auf ihre religiöse Hauptstadt angewendet hat, um deren Wesen<lb/> zu bezeichnen, viüuiws et swriliws, ließe sich auch in Bezug auf sie selbst<lb/> gebrauchen. Ihre Vergangenheit ist glänzend, ihre Gegenwart düster, ihre<lb/> Zukunft beunruhigend. Giebt es eine traurigere Lage als die des heutigen<lb/> Spanien? Ebenso sehr ist Frankreich zu beklagen, nicht wegen seiner Nieder¬<lb/> lagen auf dem Schlachtfelde, sondern weil es bestimmt zu sein scheint, un¬<lb/> aufhörlich die Anarchie und den Despotismus mit sich Fangeball spielen zu<lb/> sehen. Der Ultramontanismus aber ist die Ursache (sagen wir lieber, eine<lb/> der Hauptursachen) der Mißgeschicke Frankreichs. Er ist's, der durch seine<lb/> vergiftende Wirkung das Land geschwächt hat. Er ist's, der durch die clerical<lb/> gesinnte Kaiserin Eugenie auf die Expedition nach Mexiko hindrängte, die<lb/> dem Katholicismus in Amerika aufzuhelfen bestimmt war. Er ist's, der durch<lb/> dieselbe Mittelsperson — wir erinnern uns an ihre Aeußerung „evei We um<lb/> --^rrv« und daran, wie sie in der letzten Stunde zu Se. Cloud den un¬<lb/> schlüssiger , ja den Krieg fürchtenden Gemahl zu dem Wagniß zu bestimmen<lb/> wußte — Frankreich in den Kampf mit Preußen trieb, um damit dem Fort¬<lb/> schritt der protestantischen Staaten in Europa Hindernisse in den Weg zu<lb/> werfen."</p><lb/> <p xml:id="ID_108" next="#ID_109"> Italien und Belgien scheinen glücklicher als Spanien und Frankreich.<lb/> Aber mit Recht fragt der Verfasser, ob die Freiheit in diesen Ländern Dauer<lb/> haben werde, und mit Recht stimmt er dem „Diritto" bei. wenn es auf diese<lb/> Frage antwortet: „die Völker, die sich zur päpstlichen Religion halten, sind<lb/> entweder schon todt oder im Begriff zu sterben. Wenn Italien weniger krank<lb/> erscheint, so ist es. weil der Clerus, indem er zuerst von einer österreichischen<lb/> und jetzt von einer französischen Einmischung die Wiedereinsetzung des Papstes<lb/> erwartet, die Freiheit und die Verfassung noch nicht angegriffen hat. Bei<lb/> den Wahlen hat sich die clericale Partei noch nicht betheiligt, aber das wird<lb/> sich ändern. Schon ist sie zu Neapel, zu Rom und zu Bologna in die Arena<lb/> herabgestiegen. Die Kirche bedeckt das Land mit Genossenschaften, die vom<lb/> Geiste der Jesuiten erfüllt sind, und die Congregationen bemächtigen sich des<lb/> aufwachsenden Geschlechts, um es im Hasse gegen Italien und seine Ein¬<lb/> richtungen zu erziehen." Es ist aber auch noch etwas Anderes, was das<lb/> Hervortreten der Geistlichkeit gegen den Staat noch hindert. Italien befindet<lb/> steh jetzt in einer Lage wie Belgien nach 1830. Der Hauch der Freiheit<lb/> durchweht die Nation, soweit sie ein politisches Interesse hat, selbst einen<lb/> großen Theil der Priester. Man sieht unter diesen Umständen über die tiefe<lb/> Kluft hinweg, welche die neue Welt von Rom trennt. Aber bald wird zu<lb/> Tage treten, daß die moderne Gesittung und die römischen Gedanken und<lb/> Ansprüche unvereinbar sind. Die Geistlichkeit und vor Allem die Jesuiten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0049]
ist kläglich abgelaufen), sie haben durchaus keine Expansionskraft. Das Wort,
das Thiers auf ihre religiöse Hauptstadt angewendet hat, um deren Wesen
zu bezeichnen, viüuiws et swriliws, ließe sich auch in Bezug auf sie selbst
gebrauchen. Ihre Vergangenheit ist glänzend, ihre Gegenwart düster, ihre
Zukunft beunruhigend. Giebt es eine traurigere Lage als die des heutigen
Spanien? Ebenso sehr ist Frankreich zu beklagen, nicht wegen seiner Nieder¬
lagen auf dem Schlachtfelde, sondern weil es bestimmt zu sein scheint, un¬
aufhörlich die Anarchie und den Despotismus mit sich Fangeball spielen zu
sehen. Der Ultramontanismus aber ist die Ursache (sagen wir lieber, eine
der Hauptursachen) der Mißgeschicke Frankreichs. Er ist's, der durch seine
vergiftende Wirkung das Land geschwächt hat. Er ist's, der durch die clerical
gesinnte Kaiserin Eugenie auf die Expedition nach Mexiko hindrängte, die
dem Katholicismus in Amerika aufzuhelfen bestimmt war. Er ist's, der durch
dieselbe Mittelsperson — wir erinnern uns an ihre Aeußerung „evei We um
--^rrv« und daran, wie sie in der letzten Stunde zu Se. Cloud den un¬
schlüssiger , ja den Krieg fürchtenden Gemahl zu dem Wagniß zu bestimmen
wußte — Frankreich in den Kampf mit Preußen trieb, um damit dem Fort¬
schritt der protestantischen Staaten in Europa Hindernisse in den Weg zu
werfen."
Italien und Belgien scheinen glücklicher als Spanien und Frankreich.
Aber mit Recht fragt der Verfasser, ob die Freiheit in diesen Ländern Dauer
haben werde, und mit Recht stimmt er dem „Diritto" bei. wenn es auf diese
Frage antwortet: „die Völker, die sich zur päpstlichen Religion halten, sind
entweder schon todt oder im Begriff zu sterben. Wenn Italien weniger krank
erscheint, so ist es. weil der Clerus, indem er zuerst von einer österreichischen
und jetzt von einer französischen Einmischung die Wiedereinsetzung des Papstes
erwartet, die Freiheit und die Verfassung noch nicht angegriffen hat. Bei
den Wahlen hat sich die clericale Partei noch nicht betheiligt, aber das wird
sich ändern. Schon ist sie zu Neapel, zu Rom und zu Bologna in die Arena
herabgestiegen. Die Kirche bedeckt das Land mit Genossenschaften, die vom
Geiste der Jesuiten erfüllt sind, und die Congregationen bemächtigen sich des
aufwachsenden Geschlechts, um es im Hasse gegen Italien und seine Ein¬
richtungen zu erziehen." Es ist aber auch noch etwas Anderes, was das
Hervortreten der Geistlichkeit gegen den Staat noch hindert. Italien befindet
steh jetzt in einer Lage wie Belgien nach 1830. Der Hauch der Freiheit
durchweht die Nation, soweit sie ein politisches Interesse hat, selbst einen
großen Theil der Priester. Man sieht unter diesen Umständen über die tiefe
Kluft hinweg, welche die neue Welt von Rom trennt. Aber bald wird zu
Tage treten, daß die moderne Gesittung und die römischen Gedanken und
Ansprüche unvereinbar sind. Die Geistlichkeit und vor Allem die Jesuiten
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