Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.Der Zlall ZuszcynsKi. (Der Priestercölibat und das Altkatholikengesetz.) Von Prof. Dr. Eduard Koellner. II. Ich komme nun zur zweiten Frage: wie das Altkatholikengesetz in seiner Anscheinend liegt hier Alles ganz klar zu Gunsten der römischen Hier¬ Aber das scheint nur so, liegt aber in Wahrheit ganz anders. Zuerst hatte und hat die römische Kirche, so fern man nicht das Recht Der Zlall ZuszcynsKi. (Der Priestercölibat und das Altkatholikengesetz.) Von Prof. Dr. Eduard Koellner. II. Ich komme nun zur zweiten Frage: wie das Altkatholikengesetz in seiner Anscheinend liegt hier Alles ganz klar zu Gunsten der römischen Hier¬ Aber das scheint nur so, liegt aber in Wahrheit ganz anders. Zuerst hatte und hat die römische Kirche, so fern man nicht das Recht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0456" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134802"/> </div> <div n="1"> <head> Der Zlall ZuszcynsKi.<lb/> (Der Priestercölibat und das Altkatholikengesetz.)<lb/><note type="byline"> Von Prof. Dr. Eduard Koellner.</note> II.</head><lb/> <p xml:id="ID_1400"> Ich komme nun zur zweiten Frage: wie das Altkatholikengesetz in seiner<lb/> Anwendung auf diese Frage zu erklären sei?</p><lb/> <p xml:id="ID_1401"> Anscheinend liegt hier Alles ganz klar zu Gunsten der römischen Hier¬<lb/> archie und des Priestercölibats. nach dem einfachen Schlüsse: jede Gemeinschaft<lb/> hat das Recht, ihre Ordnungen zu machen, und wer zu der Gemeinschaft ge¬<lb/> hören will, hat sich der Ordnung zu unterwerfen. In welchem Verhältnisse<lb/> nun auch das Cölibatsgebot zum Glauben und zur Disciplin stehen möge,<lb/> es ist Gebot der katholischen Kirche, bezw. ihrer Repräsentation (eeolesia, re-<lb/> I>rae86reg.tiva) für die katholischen Geistlichen, wer katholischer Geistlicher<lb/> sein, seine Stelle und Einnahme als katholischer Geistlicher behalten will,<lb/> muß sich dem Cölibat unterwerfen, u. f. w., — wie diese Argumentation schon<lb/> oben vorgeführt ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1402"> Aber das scheint nur so, liegt aber in Wahrheit ganz anders.</p><lb/> <p xml:id="ID_1403" next="#ID_1404"> Zuerst hatte und hat die römische Kirche, so fern man nicht das Recht<lb/> der Scheiterhaufen wieder proklamiren will, Gehorsam für ihre Disciplinar«<lb/> Verordnungen nur von ihren Gläubigen zu fordern, d. h. von solchen, die<lb/> noch zu ihr gehören, bezw. gehören wollen. Das gilt schon von jeder freien<lb/> Vereinigung, bei der man ein- und austreten kann, also bei Freiheit der<lb/> Zugehörigkeit. Aber bei der römisch-katholischen Kirche kommt nun, wie bei<lb/> jeder kirchlichen oder religiös-sittlichen Gemeinschaft hinzu, daß sie das Recht,<lb/> für ihre Disciplinar-Verordnungen Gehorsam zu fordern, nur so lange hat, so<lb/> lange ihre Gläubiger die Ueberzeugung haben, daß sie selbst, die römisch-<lb/> katholische Kirche, den rechten Glauben habe. Denn die Quelle der rechten<lb/> Disciplin ist und bleibt der rechte Glaube, für Substanz und Recht der Dis¬<lb/> ciplin. Ist nun aber der Glaube der römisch-katholischen Kirche durch die<lb/> Machinationen der Jesuiten verändert worden, ist das Papstthum (sammt den<lb/> Bischöfen) von dem rechten katholischen Glauben abgefallen, wie die Alt¬<lb/> katholiken annehmen und die Regierungen zugeben, so hört die Verflichtung<lb/> der Nltkatholiken, in ihren kirchlichen äußerem Einrichtungen der Disciplin<lb/> der römischen Kirche zu folgen, oder an ihnen festzuhalten, in dem Augen¬<lb/> blicke auf, wo nach Ansicht der Altkatholiken die römische Curie (sammt den<lb/> ihr anhängigen Bischöfen) den alten rechten katholischen Glauben verlassen<lb/> hat, und es erwacht positiv das unveräußerliche Recht der Altkatholiken, von</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0456]
Der Zlall ZuszcynsKi.
(Der Priestercölibat und das Altkatholikengesetz.)
Von Prof. Dr. Eduard Koellner. II.
Ich komme nun zur zweiten Frage: wie das Altkatholikengesetz in seiner
Anwendung auf diese Frage zu erklären sei?
Anscheinend liegt hier Alles ganz klar zu Gunsten der römischen Hier¬
archie und des Priestercölibats. nach dem einfachen Schlüsse: jede Gemeinschaft
hat das Recht, ihre Ordnungen zu machen, und wer zu der Gemeinschaft ge¬
hören will, hat sich der Ordnung zu unterwerfen. In welchem Verhältnisse
nun auch das Cölibatsgebot zum Glauben und zur Disciplin stehen möge,
es ist Gebot der katholischen Kirche, bezw. ihrer Repräsentation (eeolesia, re-
I>rae86reg.tiva) für die katholischen Geistlichen, wer katholischer Geistlicher
sein, seine Stelle und Einnahme als katholischer Geistlicher behalten will,
muß sich dem Cölibat unterwerfen, u. f. w., — wie diese Argumentation schon
oben vorgeführt ist.
Aber das scheint nur so, liegt aber in Wahrheit ganz anders.
Zuerst hatte und hat die römische Kirche, so fern man nicht das Recht
der Scheiterhaufen wieder proklamiren will, Gehorsam für ihre Disciplinar«
Verordnungen nur von ihren Gläubigen zu fordern, d. h. von solchen, die
noch zu ihr gehören, bezw. gehören wollen. Das gilt schon von jeder freien
Vereinigung, bei der man ein- und austreten kann, also bei Freiheit der
Zugehörigkeit. Aber bei der römisch-katholischen Kirche kommt nun, wie bei
jeder kirchlichen oder religiös-sittlichen Gemeinschaft hinzu, daß sie das Recht,
für ihre Disciplinar-Verordnungen Gehorsam zu fordern, nur so lange hat, so
lange ihre Gläubiger die Ueberzeugung haben, daß sie selbst, die römisch-
katholische Kirche, den rechten Glauben habe. Denn die Quelle der rechten
Disciplin ist und bleibt der rechte Glaube, für Substanz und Recht der Dis¬
ciplin. Ist nun aber der Glaube der römisch-katholischen Kirche durch die
Machinationen der Jesuiten verändert worden, ist das Papstthum (sammt den
Bischöfen) von dem rechten katholischen Glauben abgefallen, wie die Alt¬
katholiken annehmen und die Regierungen zugeben, so hört die Verflichtung
der Nltkatholiken, in ihren kirchlichen äußerem Einrichtungen der Disciplin
der römischen Kirche zu folgen, oder an ihnen festzuhalten, in dem Augen¬
blicke auf, wo nach Ansicht der Altkatholiken die römische Curie (sammt den
ihr anhängigen Bischöfen) den alten rechten katholischen Glauben verlassen
hat, und es erwacht positiv das unveräußerliche Recht der Altkatholiken, von
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |