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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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sellschaft. die aber zugleich die Reduction anderer Abgaben, die Erhöhung der
Löhne und Erbauung einer katholischen Kirche für jede protestantische auf
der Insel anstrebte. Man versuchte diese Ziele anfangs auf gesetzlichem Wege
zu erreichen. verfiel aber, da dieß nichts half, bald auf gewaltsame Mittel.
Die Verbündeten rächten ihre Landsleute und Glaubensgenossen an den Pfar¬
rern, nahmen dem Volke das eidliche Versprechen ab, den Zehnten entweder
gar nicht oder nur zu einem bestimmten Betrage abzuführen, und bestraften die,
welche ihr Versprechen brachen. Streitigkeiten um jene Kirchengefälle nahmen
in dieser Zeit bisweilen förmlich den Charakter eines kleinen Krieges an.

Im Jahre 1772 hatte der Marquis of Donegal eine große Anzahl seiner
Pächter von ihren Farmer vertreiben lassen. Dieselben bildeten einen gehei¬
men Verein. der sich die "Nearts 0k Lteel" nannte. womit er die eiserne
Beharrlichkeit bezeichnen wollte, mit der er seine Rache an den "Sassenach"
zu verfolgen beabsichtigte, welche sich des Grundes und Bodens Irlands be-
mächtigt und dessen Volk besitzlos gemacht hatten. Sie ermordeten die Grund¬
eigenthümer . wo sie deren habhaft werden konnten. legten ihre Gehöfte in
Asche und zündeten ihre Ernten an. Erst nach einigen Jahren gelang es. sie
zu unterdrücken, wo dann Tausende der Afsiliirten nach Amerika flohen
und den Reihen der im Aufstande gegen England befindlichen Colonisten
beitraten.

Andere geheime Gesellschaften dieser Tage waren die "IKresners", die
gegen die von beiden Kirchen des Landes beanspruchten Abgaben ankämpften,
die "ore^-ok-v^-do^s". Protestanten, welche 178S sich zusammenthaten, um
in der Morgendämmerung gegen ihre katholischen Nachbarn allerlei Gewaltthat
zu verüben, deren Hütten niederzubrennen, deren Ackergerät!) zu zerstören und
deren Wintervorräthe zu vernichten, endlich die "vvkLnäörs". Katholiken, die
sich vereinigten, um sich gegen solchen Unfug zur Wehre zu setzen, bald aber
von der Vertheidigung selbst zum Angriffe übergingen. Noch andere irische
Geheimbünde, die sich in dieser Periode zu dem Zwecke bildeten, Bedrückung
auf agrarischen oder religiösem Gebiete zu rächen, waren die "voräers" in East
und West Meath. die "Zuanavests" und die "(Äravats" in Tipperary. Kil-
kenny, Cork und Limerick.

Der Ausbruch der französischen Revolution ließ allenthalben in Irland
große Hoffnungen und Entwürfe auftauchen, die sich auf völlige Abwerfung
des englischen Joches und Losreißung von den "Sachsen" richteten. Im No¬
vember 1791 trat der Bund der "on'wä Irislimsv" zusammen, der nicht
mehr blos aus rohen Landleuten, sondern zugleich aus Gebildeten bestand,
und dem sich auch viele Protestanten anschlössen. Derselbe hatte angeblich
nur den Zweck, die Grundsätze und Ereignisse der Revolution in Frankreich
' zu besprechen, insgeheim aber betneb er die Einleitung einer Revolution in


sellschaft. die aber zugleich die Reduction anderer Abgaben, die Erhöhung der
Löhne und Erbauung einer katholischen Kirche für jede protestantische auf
der Insel anstrebte. Man versuchte diese Ziele anfangs auf gesetzlichem Wege
zu erreichen. verfiel aber, da dieß nichts half, bald auf gewaltsame Mittel.
Die Verbündeten rächten ihre Landsleute und Glaubensgenossen an den Pfar¬
rern, nahmen dem Volke das eidliche Versprechen ab, den Zehnten entweder
gar nicht oder nur zu einem bestimmten Betrage abzuführen, und bestraften die,
welche ihr Versprechen brachen. Streitigkeiten um jene Kirchengefälle nahmen
in dieser Zeit bisweilen förmlich den Charakter eines kleinen Krieges an.

Im Jahre 1772 hatte der Marquis of Donegal eine große Anzahl seiner
Pächter von ihren Farmer vertreiben lassen. Dieselben bildeten einen gehei¬
men Verein. der sich die „Nearts 0k Lteel» nannte. womit er die eiserne
Beharrlichkeit bezeichnen wollte, mit der er seine Rache an den „Sassenach"
zu verfolgen beabsichtigte, welche sich des Grundes und Bodens Irlands be-
mächtigt und dessen Volk besitzlos gemacht hatten. Sie ermordeten die Grund¬
eigenthümer . wo sie deren habhaft werden konnten. legten ihre Gehöfte in
Asche und zündeten ihre Ernten an. Erst nach einigen Jahren gelang es. sie
zu unterdrücken, wo dann Tausende der Afsiliirten nach Amerika flohen
und den Reihen der im Aufstande gegen England befindlichen Colonisten
beitraten.

Andere geheime Gesellschaften dieser Tage waren die „IKresners", die
gegen die von beiden Kirchen des Landes beanspruchten Abgaben ankämpften,
die „ore^-ok-v^-do^s". Protestanten, welche 178S sich zusammenthaten, um
in der Morgendämmerung gegen ihre katholischen Nachbarn allerlei Gewaltthat
zu verüben, deren Hütten niederzubrennen, deren Ackergerät!) zu zerstören und
deren Wintervorräthe zu vernichten, endlich die „vvkLnäörs". Katholiken, die
sich vereinigten, um sich gegen solchen Unfug zur Wehre zu setzen, bald aber
von der Vertheidigung selbst zum Angriffe übergingen. Noch andere irische
Geheimbünde, die sich in dieser Periode zu dem Zwecke bildeten, Bedrückung
auf agrarischen oder religiösem Gebiete zu rächen, waren die „voräers" in East
und West Meath. die „Zuanavests" und die „(Äravats" in Tipperary. Kil-
kenny, Cork und Limerick.

Der Ausbruch der französischen Revolution ließ allenthalben in Irland
große Hoffnungen und Entwürfe auftauchen, die sich auf völlige Abwerfung
des englischen Joches und Losreißung von den „Sachsen" richteten. Im No¬
vember 1791 trat der Bund der „on'wä Irislimsv" zusammen, der nicht
mehr blos aus rohen Landleuten, sondern zugleich aus Gebildeten bestand,
und dem sich auch viele Protestanten anschlössen. Derselbe hatte angeblich
nur den Zweck, die Grundsätze und Ereignisse der Revolution in Frankreich
' zu besprechen, insgeheim aber betneb er die Einleitung einer Revolution in


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[0423] sellschaft. die aber zugleich die Reduction anderer Abgaben, die Erhöhung der Löhne und Erbauung einer katholischen Kirche für jede protestantische auf der Insel anstrebte. Man versuchte diese Ziele anfangs auf gesetzlichem Wege zu erreichen. verfiel aber, da dieß nichts half, bald auf gewaltsame Mittel. Die Verbündeten rächten ihre Landsleute und Glaubensgenossen an den Pfar¬ rern, nahmen dem Volke das eidliche Versprechen ab, den Zehnten entweder gar nicht oder nur zu einem bestimmten Betrage abzuführen, und bestraften die, welche ihr Versprechen brachen. Streitigkeiten um jene Kirchengefälle nahmen in dieser Zeit bisweilen förmlich den Charakter eines kleinen Krieges an. Im Jahre 1772 hatte der Marquis of Donegal eine große Anzahl seiner Pächter von ihren Farmer vertreiben lassen. Dieselben bildeten einen gehei¬ men Verein. der sich die „Nearts 0k Lteel» nannte. womit er die eiserne Beharrlichkeit bezeichnen wollte, mit der er seine Rache an den „Sassenach" zu verfolgen beabsichtigte, welche sich des Grundes und Bodens Irlands be- mächtigt und dessen Volk besitzlos gemacht hatten. Sie ermordeten die Grund¬ eigenthümer . wo sie deren habhaft werden konnten. legten ihre Gehöfte in Asche und zündeten ihre Ernten an. Erst nach einigen Jahren gelang es. sie zu unterdrücken, wo dann Tausende der Afsiliirten nach Amerika flohen und den Reihen der im Aufstande gegen England befindlichen Colonisten beitraten. Andere geheime Gesellschaften dieser Tage waren die „IKresners", die gegen die von beiden Kirchen des Landes beanspruchten Abgaben ankämpften, die „ore^-ok-v^-do^s". Protestanten, welche 178S sich zusammenthaten, um in der Morgendämmerung gegen ihre katholischen Nachbarn allerlei Gewaltthat zu verüben, deren Hütten niederzubrennen, deren Ackergerät!) zu zerstören und deren Wintervorräthe zu vernichten, endlich die „vvkLnäörs". Katholiken, die sich vereinigten, um sich gegen solchen Unfug zur Wehre zu setzen, bald aber von der Vertheidigung selbst zum Angriffe übergingen. Noch andere irische Geheimbünde, die sich in dieser Periode zu dem Zwecke bildeten, Bedrückung auf agrarischen oder religiösem Gebiete zu rächen, waren die „voräers" in East und West Meath. die „Zuanavests" und die „(Äravats" in Tipperary. Kil- kenny, Cork und Limerick. Der Ausbruch der französischen Revolution ließ allenthalben in Irland große Hoffnungen und Entwürfe auftauchen, die sich auf völlige Abwerfung des englischen Joches und Losreißung von den „Sachsen" richteten. Im No¬ vember 1791 trat der Bund der „on'wä Irislimsv" zusammen, der nicht mehr blos aus rohen Landleuten, sondern zugleich aus Gebildeten bestand, und dem sich auch viele Protestanten anschlössen. Derselbe hatte angeblich nur den Zweck, die Grundsätze und Ereignisse der Revolution in Frankreich ' zu besprechen, insgeheim aber betneb er die Einleitung einer Revolution in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/423>, abgerufen am 22.07.2024.