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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Priester selbst^ bewiesen. Es verordnet^Lessio XXV, ac rökorw. cap. 14):
wer auf die erste Mahnung die Concubine nicht entlasse, solle (nur) um den
3. Theil seines Einkommens gestraft werden, aber er bleibt und fungirt
fort als Geistlicher; nach der zweiten Erinnerung kann er nach dem Gut¬
befinden des Bischofs oder eines Legaten nicht nur alle Einkünfte verlieren,
sondern auch von der Verwaltung der Einkünfte suspendirt werden, aber er
bleibt und fungirt fort als Geistlicher, und erst, wenn er so (in seinen
weltlichen Geschäften -- a deueLeioruill aümillistratiolle) suspendirt, die Con-
eubine nicht entläßt (si ita susvellsi, mtülowirms eg.8 voll exxellant -- folg¬
lich bleibt bis dahin der Priester in seiner Wohnung und fungirt weiter),
dann erst soll er aller Einkünfte. Ehren und amtlicher Verrichtungen für immer
beraubt werden (-- oMeüs " privellwr -), bis er nach Besserung -- wieder
von der Strafe dispensirt wird (äonso post -- emenüativllLlll ad -- suveri-
oribuL eulii iis ex causa visum euern äisvensalläuin -- mit ihnen nach der
Sachlage verfahren, das Verhältniß regulirt wird, was nach dem äußerst dehn¬
baren Ausdruck nur eine restiturio sein kann). Also auch nach der 3. Be¬
strafung kann er als Geistlicher wieder fungiren. und erst bei neuem Rückfall
wird er excommunicirt (exeomwullieatioms ßlaüio vlsetallwr), -- Alles rein
nach Gutdünken des Bischofs.

Wer sieht nicht das Dehnbare, auch auch das Unwürdige solcher Bestim¬
mungen? Also eine solche Hurerei und zwar fortgesetzte Hurerei macht die
Geistlichen nicht unfähig, das geistliche Amt zu verwalten? Abfall vom Glauben
kann es darnach doch nicht sein, ein Ketzer könnte doch nicht weiter in
Function bleiben dürfen, aber diese Hurerei lM darnach die Kirche für
besser als eine gesetzliche legitime Ehe, die noch dazu eine Gnade Gottes, ein
Heilmittel sein soll? Denn die Oolleubivarios duldet ja die Kirche -- post
einunüatiollöill, die ehelich christlich verheiratheten Priester aber nicht.

Darnach ist ja wohl klar, daß das Cölibatgebot mit dem Glauben
nichts zu schaffen hat. sondern ein bloßes Disciplinargebot ist.

Es folgt aber auch. daß auch ohne Altkatholicismus die römische Kirche
es in der Hand hatte und hat, jederzeit dies Gebot wieder aufzuheben; es
folgt aber auch weiter, daß nach der Wirklichkeit aller in Frage kommenden
Verhältnisse dieses Gebot eine Schmach, ja eine große Sünde ist, es folgt
endlich, daß auch die Staatsregierungen, die eine solche Verletzung der Rechte
ihrer Angehörigen aus Schwäche zugelassen haben und noch zulassen, Theil
haben an dieser Schmach, Sünde und Schuld, soweit das, Cölibat ein
Zwang ist.

Darf man sich noch wundern, daß die Rechtfertigungen des Cölibats
W der vvntueatio (angebliche Widerlegung der Augsburgischen Confession),


Priester selbst^ bewiesen. Es verordnet^Lessio XXV, ac rökorw. cap. 14):
wer auf die erste Mahnung die Concubine nicht entlasse, solle (nur) um den
3. Theil seines Einkommens gestraft werden, aber er bleibt und fungirt
fort als Geistlicher; nach der zweiten Erinnerung kann er nach dem Gut¬
befinden des Bischofs oder eines Legaten nicht nur alle Einkünfte verlieren,
sondern auch von der Verwaltung der Einkünfte suspendirt werden, aber er
bleibt und fungirt fort als Geistlicher, und erst, wenn er so (in seinen
weltlichen Geschäften — a deueLeioruill aümillistratiolle) suspendirt, die Con-
eubine nicht entläßt (si ita susvellsi, mtülowirms eg.8 voll exxellant — folg¬
lich bleibt bis dahin der Priester in seiner Wohnung und fungirt weiter),
dann erst soll er aller Einkünfte. Ehren und amtlicher Verrichtungen für immer
beraubt werden (— oMeüs " privellwr -), bis er nach Besserung — wieder
von der Strafe dispensirt wird (äonso post — emenüativllLlll ad — suveri-
oribuL eulii iis ex causa visum euern äisvensalläuin — mit ihnen nach der
Sachlage verfahren, das Verhältniß regulirt wird, was nach dem äußerst dehn¬
baren Ausdruck nur eine restiturio sein kann). Also auch nach der 3. Be¬
strafung kann er als Geistlicher wieder fungiren. und erst bei neuem Rückfall
wird er excommunicirt (exeomwullieatioms ßlaüio vlsetallwr), — Alles rein
nach Gutdünken des Bischofs.

Wer sieht nicht das Dehnbare, auch auch das Unwürdige solcher Bestim¬
mungen? Also eine solche Hurerei und zwar fortgesetzte Hurerei macht die
Geistlichen nicht unfähig, das geistliche Amt zu verwalten? Abfall vom Glauben
kann es darnach doch nicht sein, ein Ketzer könnte doch nicht weiter in
Function bleiben dürfen, aber diese Hurerei lM darnach die Kirche für
besser als eine gesetzliche legitime Ehe, die noch dazu eine Gnade Gottes, ein
Heilmittel sein soll? Denn die Oolleubivarios duldet ja die Kirche — post
einunüatiollöill, die ehelich christlich verheiratheten Priester aber nicht.

Darnach ist ja wohl klar, daß das Cölibatgebot mit dem Glauben
nichts zu schaffen hat. sondern ein bloßes Disciplinargebot ist.

Es folgt aber auch. daß auch ohne Altkatholicismus die römische Kirche
es in der Hand hatte und hat, jederzeit dies Gebot wieder aufzuheben; es
folgt aber auch weiter, daß nach der Wirklichkeit aller in Frage kommenden
Verhältnisse dieses Gebot eine Schmach, ja eine große Sünde ist, es folgt
endlich, daß auch die Staatsregierungen, die eine solche Verletzung der Rechte
ihrer Angehörigen aus Schwäche zugelassen haben und noch zulassen, Theil
haben an dieser Schmach, Sünde und Schuld, soweit das, Cölibat ein
Zwang ist.

Darf man sich noch wundern, daß die Rechtfertigungen des Cölibats
W der vvntueatio (angebliche Widerlegung der Augsburgischen Confession),


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[0419] Priester selbst^ bewiesen. Es verordnet^Lessio XXV, ac rökorw. cap. 14): wer auf die erste Mahnung die Concubine nicht entlasse, solle (nur) um den 3. Theil seines Einkommens gestraft werden, aber er bleibt und fungirt fort als Geistlicher; nach der zweiten Erinnerung kann er nach dem Gut¬ befinden des Bischofs oder eines Legaten nicht nur alle Einkünfte verlieren, sondern auch von der Verwaltung der Einkünfte suspendirt werden, aber er bleibt und fungirt fort als Geistlicher, und erst, wenn er so (in seinen weltlichen Geschäften — a deueLeioruill aümillistratiolle) suspendirt, die Con- eubine nicht entläßt (si ita susvellsi, mtülowirms eg.8 voll exxellant — folg¬ lich bleibt bis dahin der Priester in seiner Wohnung und fungirt weiter), dann erst soll er aller Einkünfte. Ehren und amtlicher Verrichtungen für immer beraubt werden (— oMeüs " privellwr -), bis er nach Besserung — wieder von der Strafe dispensirt wird (äonso post — emenüativllLlll ad — suveri- oribuL eulii iis ex causa visum euern äisvensalläuin — mit ihnen nach der Sachlage verfahren, das Verhältniß regulirt wird, was nach dem äußerst dehn¬ baren Ausdruck nur eine restiturio sein kann). Also auch nach der 3. Be¬ strafung kann er als Geistlicher wieder fungiren. und erst bei neuem Rückfall wird er excommunicirt (exeomwullieatioms ßlaüio vlsetallwr), — Alles rein nach Gutdünken des Bischofs. Wer sieht nicht das Dehnbare, auch auch das Unwürdige solcher Bestim¬ mungen? Also eine solche Hurerei und zwar fortgesetzte Hurerei macht die Geistlichen nicht unfähig, das geistliche Amt zu verwalten? Abfall vom Glauben kann es darnach doch nicht sein, ein Ketzer könnte doch nicht weiter in Function bleiben dürfen, aber diese Hurerei lM darnach die Kirche für besser als eine gesetzliche legitime Ehe, die noch dazu eine Gnade Gottes, ein Heilmittel sein soll? Denn die Oolleubivarios duldet ja die Kirche — post einunüatiollöill, die ehelich christlich verheiratheten Priester aber nicht. Darnach ist ja wohl klar, daß das Cölibatgebot mit dem Glauben nichts zu schaffen hat. sondern ein bloßes Disciplinargebot ist. Es folgt aber auch. daß auch ohne Altkatholicismus die römische Kirche es in der Hand hatte und hat, jederzeit dies Gebot wieder aufzuheben; es folgt aber auch weiter, daß nach der Wirklichkeit aller in Frage kommenden Verhältnisse dieses Gebot eine Schmach, ja eine große Sünde ist, es folgt endlich, daß auch die Staatsregierungen, die eine solche Verletzung der Rechte ihrer Angehörigen aus Schwäche zugelassen haben und noch zulassen, Theil haben an dieser Schmach, Sünde und Schuld, soweit das, Cölibat ein Zwang ist. Darf man sich noch wundern, daß die Rechtfertigungen des Cölibats W der vvntueatio (angebliche Widerlegung der Augsburgischen Confession),

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/419>, abgerufen am 22.07.2024.