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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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für den Geschmack der Käufer und Leser nur ehrenvoll. TheodorStorm's
Gedichte bietet dieselbe Verlagshandlung in fünfter vermehrter Auflage.
Auch sie dürfen der Gunst des Publikums noch lange'sicher sein; denn wenige
der modernen Dichter verbinden in ihren Versen in solchem Maße wie Theo¬
dor Storm Kraft mit Feinheit, gesunden Realismus in Natur- und Stim¬
mungsbildern mit absoluter Reinheit der Empfindung, wenige achten so sorg¬
fältig wie dieser Dichter auf den strengen Rhythmus der Verse, den Wohl¬
laut der Sprache. In eingehender Weise haben die Grenzboten (1873. Heft 4)
sich anerkennend über "Dranmor's gesammelte Dichtungen" aus¬
gesprochen, die ihrem Charakter nach soweit abliegen von der friedlichen Lyrik,
die in den gewöhnlichen Dichtungen waltet. Daß auch Dranmor's Dichtun¬
gen die zweite Auflage erlebten, ist durchaus kein Wunder, wohl aber
ein rühmlicher Beweis dafür, daß auch die ernstesten und tiefsten Gedanken
in unsern verweltlichten Tagen noch gute Stätte finden bei einer großen
Anzahl deutscher Leser. Der Verlag der Gebr. Paetel bietet endlich in
zweiter Auflage eine Separatausgabe der "Geier-Wally" von Wilhelmine
von Hillern, "eine Geschichte aus den Tiroler Alpen", die von Manchem für
eine der besten Erzählungen gehalten wird, welche die vortreffliche "Deutsche
Rundschau" des Paetel'schen Verlags im Laufe ihres ersten Jahrgangs ge¬
bracht hat. Wir gestatten uns in dieser Hinsicht allerdings einer etwas ab¬
weichenden Meinung zu sein, insofern, als wir meinen, daß die novellistischen
Beiträge, die Theodor Storm, Höfer u. A. zur "Deutschen Rundschau" ge¬
liefert, einer Separatausgabe in höherem Grade würdig gewesen wären, als
dieses Erzeugniß der Frau v. Hillern'schen Muse. Aber dagegen soll gern
anerkannt werden, daß die "Geier-Wally" unter dem, was diese Schriftstellerin
bisher geschrieben, wohl den ersten Rang einnimmt und namentlich nicht
mehr an jenem Mangel leidet, der an einem weiblichen Schriftsteller am un¬
angenehmsten empfunden wird, dem Mangel an -- Weiblichkeit.

Mit besonderer Freude ernähren wir endlich der Ausgabe von I in in er¬
mann's Oberhof mit Zeichnungen von Woldemar Friedrich, welche
die Grote'sche Verlagshandlung bietet. Mit Recht bemerkt die Einleitung von
Ernst Hermann, daß die Illustrationen Friedrich's "neben dem allgemein
künstlerischen Zweck zugleich den verfolgen, die localen Beziehungen des Werkes
zu veranschaulichen". Die Bilder Woldemar Friedrich's dürfen sich dreist
den in andrem Verlag erschienenen Oberhof-Illustrationen eines berühmten
rheinischen Malers an die Seite stellen. Die ergreifende menschliche Natür¬
lichkeit und Innigkeit der Charaktere und der Handlung weiß Friedrich viel¬
leicht noch zu unmittelbareren Ausdruck zu bringen, als Vautier.




Verantwortlicher Redakteur: or. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Hering in Leipzig. -- Druck von Hüthel Hrrrmnnn in Leipzig.

für den Geschmack der Käufer und Leser nur ehrenvoll. TheodorStorm's
Gedichte bietet dieselbe Verlagshandlung in fünfter vermehrter Auflage.
Auch sie dürfen der Gunst des Publikums noch lange'sicher sein; denn wenige
der modernen Dichter verbinden in ihren Versen in solchem Maße wie Theo¬
dor Storm Kraft mit Feinheit, gesunden Realismus in Natur- und Stim¬
mungsbildern mit absoluter Reinheit der Empfindung, wenige achten so sorg¬
fältig wie dieser Dichter auf den strengen Rhythmus der Verse, den Wohl¬
laut der Sprache. In eingehender Weise haben die Grenzboten (1873. Heft 4)
sich anerkennend über „Dranmor's gesammelte Dichtungen" aus¬
gesprochen, die ihrem Charakter nach soweit abliegen von der friedlichen Lyrik,
die in den gewöhnlichen Dichtungen waltet. Daß auch Dranmor's Dichtun¬
gen die zweite Auflage erlebten, ist durchaus kein Wunder, wohl aber
ein rühmlicher Beweis dafür, daß auch die ernstesten und tiefsten Gedanken
in unsern verweltlichten Tagen noch gute Stätte finden bei einer großen
Anzahl deutscher Leser. Der Verlag der Gebr. Paetel bietet endlich in
zweiter Auflage eine Separatausgabe der „Geier-Wally" von Wilhelmine
von Hillern, „eine Geschichte aus den Tiroler Alpen", die von Manchem für
eine der besten Erzählungen gehalten wird, welche die vortreffliche „Deutsche
Rundschau" des Paetel'schen Verlags im Laufe ihres ersten Jahrgangs ge¬
bracht hat. Wir gestatten uns in dieser Hinsicht allerdings einer etwas ab¬
weichenden Meinung zu sein, insofern, als wir meinen, daß die novellistischen
Beiträge, die Theodor Storm, Höfer u. A. zur „Deutschen Rundschau" ge¬
liefert, einer Separatausgabe in höherem Grade würdig gewesen wären, als
dieses Erzeugniß der Frau v. Hillern'schen Muse. Aber dagegen soll gern
anerkannt werden, daß die „Geier-Wally" unter dem, was diese Schriftstellerin
bisher geschrieben, wohl den ersten Rang einnimmt und namentlich nicht
mehr an jenem Mangel leidet, der an einem weiblichen Schriftsteller am un¬
angenehmsten empfunden wird, dem Mangel an — Weiblichkeit.

Mit besonderer Freude ernähren wir endlich der Ausgabe von I in in er¬
mann's Oberhof mit Zeichnungen von Woldemar Friedrich, welche
die Grote'sche Verlagshandlung bietet. Mit Recht bemerkt die Einleitung von
Ernst Hermann, daß die Illustrationen Friedrich's „neben dem allgemein
künstlerischen Zweck zugleich den verfolgen, die localen Beziehungen des Werkes
zu veranschaulichen". Die Bilder Woldemar Friedrich's dürfen sich dreist
den in andrem Verlag erschienenen Oberhof-Illustrationen eines berühmten
rheinischen Malers an die Seite stellen. Die ergreifende menschliche Natür¬
lichkeit und Innigkeit der Charaktere und der Handlung weiß Friedrich viel¬
leicht noch zu unmittelbareren Ausdruck zu bringen, als Vautier.




Verantwortlicher Redakteur: or. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Hering in Leipzig. — Druck von Hüthel Hrrrmnnn in Leipzig.
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[0404] für den Geschmack der Käufer und Leser nur ehrenvoll. TheodorStorm's Gedichte bietet dieselbe Verlagshandlung in fünfter vermehrter Auflage. Auch sie dürfen der Gunst des Publikums noch lange'sicher sein; denn wenige der modernen Dichter verbinden in ihren Versen in solchem Maße wie Theo¬ dor Storm Kraft mit Feinheit, gesunden Realismus in Natur- und Stim¬ mungsbildern mit absoluter Reinheit der Empfindung, wenige achten so sorg¬ fältig wie dieser Dichter auf den strengen Rhythmus der Verse, den Wohl¬ laut der Sprache. In eingehender Weise haben die Grenzboten (1873. Heft 4) sich anerkennend über „Dranmor's gesammelte Dichtungen" aus¬ gesprochen, die ihrem Charakter nach soweit abliegen von der friedlichen Lyrik, die in den gewöhnlichen Dichtungen waltet. Daß auch Dranmor's Dichtun¬ gen die zweite Auflage erlebten, ist durchaus kein Wunder, wohl aber ein rühmlicher Beweis dafür, daß auch die ernstesten und tiefsten Gedanken in unsern verweltlichten Tagen noch gute Stätte finden bei einer großen Anzahl deutscher Leser. Der Verlag der Gebr. Paetel bietet endlich in zweiter Auflage eine Separatausgabe der „Geier-Wally" von Wilhelmine von Hillern, „eine Geschichte aus den Tiroler Alpen", die von Manchem für eine der besten Erzählungen gehalten wird, welche die vortreffliche „Deutsche Rundschau" des Paetel'schen Verlags im Laufe ihres ersten Jahrgangs ge¬ bracht hat. Wir gestatten uns in dieser Hinsicht allerdings einer etwas ab¬ weichenden Meinung zu sein, insofern, als wir meinen, daß die novellistischen Beiträge, die Theodor Storm, Höfer u. A. zur „Deutschen Rundschau" ge¬ liefert, einer Separatausgabe in höherem Grade würdig gewesen wären, als dieses Erzeugniß der Frau v. Hillern'schen Muse. Aber dagegen soll gern anerkannt werden, daß die „Geier-Wally" unter dem, was diese Schriftstellerin bisher geschrieben, wohl den ersten Rang einnimmt und namentlich nicht mehr an jenem Mangel leidet, der an einem weiblichen Schriftsteller am un¬ angenehmsten empfunden wird, dem Mangel an — Weiblichkeit. Mit besonderer Freude ernähren wir endlich der Ausgabe von I in in er¬ mann's Oberhof mit Zeichnungen von Woldemar Friedrich, welche die Grote'sche Verlagshandlung bietet. Mit Recht bemerkt die Einleitung von Ernst Hermann, daß die Illustrationen Friedrich's „neben dem allgemein künstlerischen Zweck zugleich den verfolgen, die localen Beziehungen des Werkes zu veranschaulichen". Die Bilder Woldemar Friedrich's dürfen sich dreist den in andrem Verlag erschienenen Oberhof-Illustrationen eines berühmten rheinischen Malers an die Seite stellen. Die ergreifende menschliche Natür¬ lichkeit und Innigkeit der Charaktere und der Handlung weiß Friedrich viel¬ leicht noch zu unmittelbareren Ausdruck zu bringen, als Vautier. Verantwortlicher Redakteur: or. Haus Blum in Leipzig. Verlag von F. L. Hering in Leipzig. — Druck von Hüthel Hrrrmnnn in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/404>, abgerufen am 22.07.2024.