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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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ihr im Odeon veranstalteten permanenten Ausstellung gewahrt man stets ganz
vortreffliche Bilder. In der letzten Zeit war unter diesen Hans Makart's
Kleopatra, wie sie dem Antonius auf dem Nil entgegenfährt, der Haupt¬
magnet . mit Recht. denn es war schwer von diesem Mysterium der Farbe,
das dies Bild, wie alle des genialen Meisters, ist. loszukommen. Unter den
Privaten, welchen ein gütiges Geschick es möglich macht, der Kunst den gol¬
denen Sold zu geben, steht hier Adolf von Schack obenan, der geistvolle
Kenner der persischen, spanischen, am Ende aller Literatur, welcher sich in
seinem etwas wunderlich stylisirten. schon äußerlich eine verschwenderisch reiche,
maurisch gefärbte Architektur zeigenden Palais jenseits der Propyläen eine
Galerie gebaut hat, welche zu den größten Sehenswürdigkeiten Münchens
gehört. Schon deshalb, weil sie eine Galerie der Specialitäten ist. Die Kleist
und Grabbe der neuern Malerei. Genelli, Anselm Feuerbach und Böcklin sind
hier so zahlreich und vollständig, für ihre eigenthümliche Richtung das rechte
Verständniß erst hier erschließend, vertreten, wie sonst nirgends. Diesen Perlen
neuester Kunst stehen -- zu den interessantesten Vergleichen herausfordernd --
die echtesten und herrlichsten der ältern gegenüber, die Meisterwerke Titian's, van
Dyk's. Giorgione's, Ruben's u. A. von Lenvach's virtuoser Hand copirt.
Sind wir einmal bei den Malern und den Bildern, so wollen wir noch der
neuen Pinakothek gedenken, welche lange Zeit auf ganz unbegreifliche und schwer zu
entschuldigende Weise ihrem Namen nicht mehr gerecht ward, indem König
Ludwig I. zwar sie für die Künstler des 19. Jahrhunderts bestimmt hatte,
aber vielen der besten der lebenden derselben der Eintritt fast hermetisch
verschlossen war. Es giebt hervorragende Namen unter diesen, die der Ka¬
talog jener Sammlung nicht nennt. In neuester Zeit scheint es besser zu
werden: wenigstens ist ein Prachtbild des so früh verstorbenen Ramberg auf¬
genommen worden und Piloty's neuestes Collosalgemälde: "der Triumphzug
des Germanicus" schmückt einen der ersten Säle.

Im Odeon. in welchem im Erdgeschosse, wie schon erwähnt, die weiland
l'ebeglühende schöne Königin von Egypten in eM^le ihren temporären Aufent¬
halt genommen hat, ist jetzt wieder eine andere Königin, die, für deren Dienst
eigentlich jenes große, stattliche Gebäude errichtet ist. die Frau Mufika. ein¬
gezogen. Die Concertsaison hat am Allerheiligentage mit der Ausführung des
Elias begonnen. Die Abonnementsconcerte der " musikalischen Academie".
welche im Winter in zwei Serien stattfinden. sind für München das, was
die Gewandhausconcerte für Leipzig sind, dieselbe Pflegstätte classischer Musik.
Waren letztere vor Jahrzehnten noch unbestritten die den Reigen aller Musik-
Aufführungen führenden, so kamen allmählich die Münchner Odeonsconcerte.
namentlich unter Meister Franz Lachner's unvergessener und unersetzter Di¬
rektion ihnen nach und hatten das große Verdienst, auch den in dieser Be-


ihr im Odeon veranstalteten permanenten Ausstellung gewahrt man stets ganz
vortreffliche Bilder. In der letzten Zeit war unter diesen Hans Makart's
Kleopatra, wie sie dem Antonius auf dem Nil entgegenfährt, der Haupt¬
magnet . mit Recht. denn es war schwer von diesem Mysterium der Farbe,
das dies Bild, wie alle des genialen Meisters, ist. loszukommen. Unter den
Privaten, welchen ein gütiges Geschick es möglich macht, der Kunst den gol¬
denen Sold zu geben, steht hier Adolf von Schack obenan, der geistvolle
Kenner der persischen, spanischen, am Ende aller Literatur, welcher sich in
seinem etwas wunderlich stylisirten. schon äußerlich eine verschwenderisch reiche,
maurisch gefärbte Architektur zeigenden Palais jenseits der Propyläen eine
Galerie gebaut hat, welche zu den größten Sehenswürdigkeiten Münchens
gehört. Schon deshalb, weil sie eine Galerie der Specialitäten ist. Die Kleist
und Grabbe der neuern Malerei. Genelli, Anselm Feuerbach und Böcklin sind
hier so zahlreich und vollständig, für ihre eigenthümliche Richtung das rechte
Verständniß erst hier erschließend, vertreten, wie sonst nirgends. Diesen Perlen
neuester Kunst stehen — zu den interessantesten Vergleichen herausfordernd —
die echtesten und herrlichsten der ältern gegenüber, die Meisterwerke Titian's, van
Dyk's. Giorgione's, Ruben's u. A. von Lenvach's virtuoser Hand copirt.
Sind wir einmal bei den Malern und den Bildern, so wollen wir noch der
neuen Pinakothek gedenken, welche lange Zeit auf ganz unbegreifliche und schwer zu
entschuldigende Weise ihrem Namen nicht mehr gerecht ward, indem König
Ludwig I. zwar sie für die Künstler des 19. Jahrhunderts bestimmt hatte,
aber vielen der besten der lebenden derselben der Eintritt fast hermetisch
verschlossen war. Es giebt hervorragende Namen unter diesen, die der Ka¬
talog jener Sammlung nicht nennt. In neuester Zeit scheint es besser zu
werden: wenigstens ist ein Prachtbild des so früh verstorbenen Ramberg auf¬
genommen worden und Piloty's neuestes Collosalgemälde: „der Triumphzug
des Germanicus" schmückt einen der ersten Säle.

Im Odeon. in welchem im Erdgeschosse, wie schon erwähnt, die weiland
l'ebeglühende schöne Königin von Egypten in eM^le ihren temporären Aufent¬
halt genommen hat, ist jetzt wieder eine andere Königin, die, für deren Dienst
eigentlich jenes große, stattliche Gebäude errichtet ist. die Frau Mufika. ein¬
gezogen. Die Concertsaison hat am Allerheiligentage mit der Ausführung des
Elias begonnen. Die Abonnementsconcerte der „ musikalischen Academie".
welche im Winter in zwei Serien stattfinden. sind für München das, was
die Gewandhausconcerte für Leipzig sind, dieselbe Pflegstätte classischer Musik.
Waren letztere vor Jahrzehnten noch unbestritten die den Reigen aller Musik-
Aufführungen führenden, so kamen allmählich die Münchner Odeonsconcerte.
namentlich unter Meister Franz Lachner's unvergessener und unersetzter Di¬
rektion ihnen nach und hatten das große Verdienst, auch den in dieser Be-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/399>, abgerufen am 22.07.2024.