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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Diejenige Mannschaft, welche nicht in den Gewalthaufen gestellt war.
diente nun zur Formirung von Vor- und Nachhut, oder, wie es beiden
Schweizern hieß. der Abtheilungen "vor dem Banner" und "hinten am Ban¬
ner". -- Die Abtheilung "vor dem Banner" hatte die wichtige Bestimmung,
stets das Gefecht einzuleiten; sie bestand daher aus den sämmtlichen
Schützen, einer reichlichen Beigabe von Spießen und einem geringen Trupp
Hellebardierer - wobei den blanken Waffen die Rolle eines souliers für die
Schützen zufiel, falls diese von Reiterei oder Pikenieren angegriffen wurden.
- Unter dem Schutz des Gefechtes der Vorhut ersah sich dann der Gewalt¬
haufe den Punkt, wo er in die feindliche Ordnung einbrechen konnte, und war
der einmal erkannt, so ging es auch ohne Zaudern drauf los. -- Die Ab¬
theilung "hinten am Banner" ist (Nachhutsgefechte abgerechnet) meist sehr
schwach und wird fast nur als Deckung des Troffes angesehn.

Die Marsch- und Angriffsordnung war nun so. daß die Vorhut stets
seitwärts-vorwärts des Gewalthaufens blieb, um stets den An¬
griff in der Front mit einem auf die Flanke verbinden zu können, und
ebenso wurde die Nachhut immer seitwärts-rückwärts des Gewalt¬
haufens angeordnet.

Diese Maßregel, welche schon Macchiavelli') als gleich günstig für An°
griff wie für Vertheidigung rühmend hervorhebt, erscheint gegenüber den
Plumpen Formen, welche bisher in den Schlachtordnungen der Franzosen
und Deutschen geherrscht hatten, als ein großer Fortschritt. Bisher nämlich
standen überall die Heere in 3 Treffen stritte hintereinander und meist
in gleicher Stärke. Wenn dann das erste Treffen in Unordnung zurück¬
geworfen wurde, so theilte sich diese auch dem zweiten mit. worauf sich dann
gewöhnlich beide vereint auf das dritte warfen und auch dies fortriffen. Oder
es drängten von hinten her die Massen stier auf das erste Treffen nach, und
wenn dies nicht vorzugehn vermochte, so entstand eine bewegungslose stockende
Masse, der jegliche Manövrirfähigkeit und damit am Ende auch die Ver¬
theidigungsfähigkeit gebrach. Eclatante Beispiele solcher Taktik lehrt die Be¬
trachtung der Schlachten von Courtray. Crecy und Azincourt kennen. Wie
beweglich war dagegen die staffelförmige Gestaltung eines schweizerischen Aus¬
zugs! Und diese' praktische Anordnung findet man auch da beibehalten, wo
umfassendere Verhältnisse eintraten, d. h. wo die Truppen mehrer Orte ein
größeres eidgenössisches Heer bildeten. nur daß sie entsprechend ausgestattet
wurde. In diesem Falle werden nämlich, ganz analog den 3 "wtaillW"
der Franzosen, drei große Haupthäuser gebildet; jeder derselben wird wo¬
möglich aus allen Waffen zusammengesetzt, um zur selbstständigen Gefechts-



I tett" libri an-U !U't,e nella guorr".
Gr
enjbotm IV. 1875.

Diejenige Mannschaft, welche nicht in den Gewalthaufen gestellt war.
diente nun zur Formirung von Vor- und Nachhut, oder, wie es beiden
Schweizern hieß. der Abtheilungen „vor dem Banner" und „hinten am Ban¬
ner". — Die Abtheilung „vor dem Banner" hatte die wichtige Bestimmung,
stets das Gefecht einzuleiten; sie bestand daher aus den sämmtlichen
Schützen, einer reichlichen Beigabe von Spießen und einem geringen Trupp
Hellebardierer - wobei den blanken Waffen die Rolle eines souliers für die
Schützen zufiel, falls diese von Reiterei oder Pikenieren angegriffen wurden.
- Unter dem Schutz des Gefechtes der Vorhut ersah sich dann der Gewalt¬
haufe den Punkt, wo er in die feindliche Ordnung einbrechen konnte, und war
der einmal erkannt, so ging es auch ohne Zaudern drauf los. — Die Ab¬
theilung „hinten am Banner" ist (Nachhutsgefechte abgerechnet) meist sehr
schwach und wird fast nur als Deckung des Troffes angesehn.

Die Marsch- und Angriffsordnung war nun so. daß die Vorhut stets
seitwärts-vorwärts des Gewalthaufens blieb, um stets den An¬
griff in der Front mit einem auf die Flanke verbinden zu können, und
ebenso wurde die Nachhut immer seitwärts-rückwärts des Gewalt¬
haufens angeordnet.

Diese Maßregel, welche schon Macchiavelli') als gleich günstig für An°
griff wie für Vertheidigung rühmend hervorhebt, erscheint gegenüber den
Plumpen Formen, welche bisher in den Schlachtordnungen der Franzosen
und Deutschen geherrscht hatten, als ein großer Fortschritt. Bisher nämlich
standen überall die Heere in 3 Treffen stritte hintereinander und meist
in gleicher Stärke. Wenn dann das erste Treffen in Unordnung zurück¬
geworfen wurde, so theilte sich diese auch dem zweiten mit. worauf sich dann
gewöhnlich beide vereint auf das dritte warfen und auch dies fortriffen. Oder
es drängten von hinten her die Massen stier auf das erste Treffen nach, und
wenn dies nicht vorzugehn vermochte, so entstand eine bewegungslose stockende
Masse, der jegliche Manövrirfähigkeit und damit am Ende auch die Ver¬
theidigungsfähigkeit gebrach. Eclatante Beispiele solcher Taktik lehrt die Be¬
trachtung der Schlachten von Courtray. Crecy und Azincourt kennen. Wie
beweglich war dagegen die staffelförmige Gestaltung eines schweizerischen Aus¬
zugs! Und diese' praktische Anordnung findet man auch da beibehalten, wo
umfassendere Verhältnisse eintraten, d. h. wo die Truppen mehrer Orte ein
größeres eidgenössisches Heer bildeten. nur daß sie entsprechend ausgestattet
wurde. In diesem Falle werden nämlich, ganz analog den 3 „wtaillW«
der Franzosen, drei große Haupthäuser gebildet; jeder derselben wird wo¬
möglich aus allen Waffen zusammengesetzt, um zur selbstständigen Gefechts-



I tett« libri an-U !U't,e nella guorr».
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enjbotm IV. 1875.
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[0381] Diejenige Mannschaft, welche nicht in den Gewalthaufen gestellt war. diente nun zur Formirung von Vor- und Nachhut, oder, wie es beiden Schweizern hieß. der Abtheilungen „vor dem Banner" und „hinten am Ban¬ ner". — Die Abtheilung „vor dem Banner" hatte die wichtige Bestimmung, stets das Gefecht einzuleiten; sie bestand daher aus den sämmtlichen Schützen, einer reichlichen Beigabe von Spießen und einem geringen Trupp Hellebardierer - wobei den blanken Waffen die Rolle eines souliers für die Schützen zufiel, falls diese von Reiterei oder Pikenieren angegriffen wurden. - Unter dem Schutz des Gefechtes der Vorhut ersah sich dann der Gewalt¬ haufe den Punkt, wo er in die feindliche Ordnung einbrechen konnte, und war der einmal erkannt, so ging es auch ohne Zaudern drauf los. — Die Ab¬ theilung „hinten am Banner" ist (Nachhutsgefechte abgerechnet) meist sehr schwach und wird fast nur als Deckung des Troffes angesehn. Die Marsch- und Angriffsordnung war nun so. daß die Vorhut stets seitwärts-vorwärts des Gewalthaufens blieb, um stets den An¬ griff in der Front mit einem auf die Flanke verbinden zu können, und ebenso wurde die Nachhut immer seitwärts-rückwärts des Gewalt¬ haufens angeordnet. Diese Maßregel, welche schon Macchiavelli') als gleich günstig für An° griff wie für Vertheidigung rühmend hervorhebt, erscheint gegenüber den Plumpen Formen, welche bisher in den Schlachtordnungen der Franzosen und Deutschen geherrscht hatten, als ein großer Fortschritt. Bisher nämlich standen überall die Heere in 3 Treffen stritte hintereinander und meist in gleicher Stärke. Wenn dann das erste Treffen in Unordnung zurück¬ geworfen wurde, so theilte sich diese auch dem zweiten mit. worauf sich dann gewöhnlich beide vereint auf das dritte warfen und auch dies fortriffen. Oder es drängten von hinten her die Massen stier auf das erste Treffen nach, und wenn dies nicht vorzugehn vermochte, so entstand eine bewegungslose stockende Masse, der jegliche Manövrirfähigkeit und damit am Ende auch die Ver¬ theidigungsfähigkeit gebrach. Eclatante Beispiele solcher Taktik lehrt die Be¬ trachtung der Schlachten von Courtray. Crecy und Azincourt kennen. Wie beweglich war dagegen die staffelförmige Gestaltung eines schweizerischen Aus¬ zugs! Und diese' praktische Anordnung findet man auch da beibehalten, wo umfassendere Verhältnisse eintraten, d. h. wo die Truppen mehrer Orte ein größeres eidgenössisches Heer bildeten. nur daß sie entsprechend ausgestattet wurde. In diesem Falle werden nämlich, ganz analog den 3 „wtaillW« der Franzosen, drei große Haupthäuser gebildet; jeder derselben wird wo¬ möglich aus allen Waffen zusammengesetzt, um zur selbstständigen Gefechts- I tett« libri an-U !U't,e nella guorr». Gr enjbotm IV. 1875.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/381>, abgerufen am 22.07.2024.