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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Ale Anfänge des eidgenössischen Aeljrwesens in der
Schweiz.
Von Max Jähns.

Die Kriegsverfassung der schweizerischen Eidgenossen¬
schaft im 15. Jahrhundert gewährt in doppelter Hinsicht hervorragendes
Interesse: einmal weil manche ihrer Wehreinrichtungen auf alle Zeiten, bis
auf den heutigen Tag. vorbildlich geworden sind für das ganze militärische
Europa, und zweitens, weil die Verhältnisse der schweizerischen Genossenschaft
mehr oder minder vollgiltige Anwendung auf die übrigen damaligen Städte¬
bünde Südwest-Deutschlands zulassen, diese also in jenen mittelbar ebenfalls
dargestellt werden.

Gegen das letzte Viertel des 15. Jahrhunderts bestand die Eidgenossen¬
schaft aus 8 Orten, deren Verbindung in der Weise erfolgt war. daß sich an
den Kern der Urkantone: Uri. Schwyz und Unterwalden. die Orte Luzern
Glarus. Bern und Zug jeder im einzelnen anschloß und dieselben auf solche
Art mittelbar auch untereinander in Verbindung traten. Diese acht Orte
hatten dann mit vereinigten Streitkräften einige. zum Theil nicht unbedeu¬
tende. Landesbezirke erobert. Dies waren die sogenannten "gemeinen Herr¬
schaften" oder "Unterthanenlande", wie die Grafschaft Baden nebst dem freien
Amte (1415). die Landgrafschaft Thurgau und ein Theil der Grafschaft Sar¬
gans (1460). sämmtlich ehemalige Besitzungen des habsburgisch-österreichischen
Hauses. Einen dritten Bestandtheil der Eidgenossenschaft bildeten die soge¬
nannten "zugewandten Orte", nämlich solche Landschaften und Gemeinden, die,
ohne Glieder des eigentlichen Bundes zu sein, doch mit einem oder mehreren
der acht Orte in Bündnis standen und daher indireet die Hilfe der Bundes¬
genossen in Anspruch nehmen konnten, wenn diese von dem. mit ihnen ver¬
bündeten Orte dazu aufgefordert wurden. Solcher zugewandten Orte gab es
viele, wie namentlich die fürstliche Abtei Se. Gallen mit der Stadt gleichen
Namens, sodann Appenzell mit sieben Orten, die Reichsstadt Solothurn, die
Städte Viel. Freiburg im Uechtland. die Stadt und Grafschaft Neuenburg.


Grenzboten IV. 187S.
Ale Anfänge des eidgenössischen Aeljrwesens in der
Schweiz.
Von Max Jähns.

Die Kriegsverfassung der schweizerischen Eidgenossen¬
schaft im 15. Jahrhundert gewährt in doppelter Hinsicht hervorragendes
Interesse: einmal weil manche ihrer Wehreinrichtungen auf alle Zeiten, bis
auf den heutigen Tag. vorbildlich geworden sind für das ganze militärische
Europa, und zweitens, weil die Verhältnisse der schweizerischen Genossenschaft
mehr oder minder vollgiltige Anwendung auf die übrigen damaligen Städte¬
bünde Südwest-Deutschlands zulassen, diese also in jenen mittelbar ebenfalls
dargestellt werden.

Gegen das letzte Viertel des 15. Jahrhunderts bestand die Eidgenossen¬
schaft aus 8 Orten, deren Verbindung in der Weise erfolgt war. daß sich an
den Kern der Urkantone: Uri. Schwyz und Unterwalden. die Orte Luzern
Glarus. Bern und Zug jeder im einzelnen anschloß und dieselben auf solche
Art mittelbar auch untereinander in Verbindung traten. Diese acht Orte
hatten dann mit vereinigten Streitkräften einige. zum Theil nicht unbedeu¬
tende. Landesbezirke erobert. Dies waren die sogenannten „gemeinen Herr¬
schaften" oder „Unterthanenlande", wie die Grafschaft Baden nebst dem freien
Amte (1415). die Landgrafschaft Thurgau und ein Theil der Grafschaft Sar¬
gans (1460). sämmtlich ehemalige Besitzungen des habsburgisch-österreichischen
Hauses. Einen dritten Bestandtheil der Eidgenossenschaft bildeten die soge¬
nannten „zugewandten Orte", nämlich solche Landschaften und Gemeinden, die,
ohne Glieder des eigentlichen Bundes zu sein, doch mit einem oder mehreren
der acht Orte in Bündnis standen und daher indireet die Hilfe der Bundes¬
genossen in Anspruch nehmen konnten, wenn diese von dem. mit ihnen ver¬
bündeten Orte dazu aufgefordert wurden. Solcher zugewandten Orte gab es
viele, wie namentlich die fürstliche Abtei Se. Gallen mit der Stadt gleichen
Namens, sodann Appenzell mit sieben Orten, die Reichsstadt Solothurn, die
Städte Viel. Freiburg im Uechtland. die Stadt und Grafschaft Neuenburg.


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[0365] Ale Anfänge des eidgenössischen Aeljrwesens in der Schweiz. Von Max Jähns. Die Kriegsverfassung der schweizerischen Eidgenossen¬ schaft im 15. Jahrhundert gewährt in doppelter Hinsicht hervorragendes Interesse: einmal weil manche ihrer Wehreinrichtungen auf alle Zeiten, bis auf den heutigen Tag. vorbildlich geworden sind für das ganze militärische Europa, und zweitens, weil die Verhältnisse der schweizerischen Genossenschaft mehr oder minder vollgiltige Anwendung auf die übrigen damaligen Städte¬ bünde Südwest-Deutschlands zulassen, diese also in jenen mittelbar ebenfalls dargestellt werden. Gegen das letzte Viertel des 15. Jahrhunderts bestand die Eidgenossen¬ schaft aus 8 Orten, deren Verbindung in der Weise erfolgt war. daß sich an den Kern der Urkantone: Uri. Schwyz und Unterwalden. die Orte Luzern Glarus. Bern und Zug jeder im einzelnen anschloß und dieselben auf solche Art mittelbar auch untereinander in Verbindung traten. Diese acht Orte hatten dann mit vereinigten Streitkräften einige. zum Theil nicht unbedeu¬ tende. Landesbezirke erobert. Dies waren die sogenannten „gemeinen Herr¬ schaften" oder „Unterthanenlande", wie die Grafschaft Baden nebst dem freien Amte (1415). die Landgrafschaft Thurgau und ein Theil der Grafschaft Sar¬ gans (1460). sämmtlich ehemalige Besitzungen des habsburgisch-österreichischen Hauses. Einen dritten Bestandtheil der Eidgenossenschaft bildeten die soge¬ nannten „zugewandten Orte", nämlich solche Landschaften und Gemeinden, die, ohne Glieder des eigentlichen Bundes zu sein, doch mit einem oder mehreren der acht Orte in Bündnis standen und daher indireet die Hilfe der Bundes¬ genossen in Anspruch nehmen konnten, wenn diese von dem. mit ihnen ver¬ bündeten Orte dazu aufgefordert wurden. Solcher zugewandten Orte gab es viele, wie namentlich die fürstliche Abtei Se. Gallen mit der Stadt gleichen Namens, sodann Appenzell mit sieben Orten, die Reichsstadt Solothurn, die Städte Viel. Freiburg im Uechtland. die Stadt und Grafschaft Neuenburg. Grenzboten IV. 187S.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/365>, abgerufen am 22.07.2024.