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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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man es gerade bekommen kann, und zieht, wenn es zu haben ist, gekochtes
Wasser, frisches Quellwasser oder reines Meerwasser anderm Wasser vor. Ein
sauberes Tuch ist einem für andere Zwecke schon gebrauchten Badeschwämme
bei weitem vorzuziehen. Wo aber eine sichtbare Verunreinigung der Wunden
nicht stattgefunden hat, sollten Laien sich des Auswaschens enthalten, weil
man nie sicher sein kann, ob das Wasser, die Schwämme oder Tücher, mit de¬
nen die Reinigung vorgenommen zu werden pflegt, nicht Stoffe enthalten,
welche, in frische Wunden gebracht, einen schädlichen Einfluß auf dieselben aus¬
üben könnten. Auch die Aerzte sind in dieser Beziehung in neuerer Zeit
immer vorsichtiger geworden. Sie reinigen die Wunden in der Regel nur mit
Wasser, welches durch einen Zusatz von Carbol- oder Salicylsäure desinficirt
worden ist, und zwar mit Hülfe einer Wunddouche, mit welcher man einen
sanften Strahl über die Wunden hinlaufen läßt. Und wenn sie sich der
Schwämme bedienen, so lassen sie dieselben vorher durch Liegen in Carbol¬
säurelösung vollständig von schädlichen Stoffen frei werden. Frisch geronnenes
Blut ist die beste Bedeckung für eine frische Wunde. Findet man eine solche
also mit einem Blutgerinnsel bedeckt, so entferne man dasselbe nicht, sondern
überlasse dem Arzte die Entscheidung, ob die Wunde gereinigt werden soll oder
nicht. Am besten würde es sein, auf frische Wunden sobald als möglich ein anti¬
septisches Mittel wie Salicylsäure zu bringen, um von vornherein der Wundfäul-
nifz entgegenzuwirken. Ein solches wird jedoch selten zur Hand sein. Da indeß
starke spirituöse Flüssigkeiten auch eine fäulniszwidrige Wirkung haben, so ist gegen
das Auswaschen frischer Wunden mit starkem Branntwein, welches in manchen
Gegenden und bei manchen Handwerken üblich ist, nicht viel einzuwenden-

Wenn durch Schnitte oder Hiebe ganze Stücke vom Körper abgetrennt
sind, z. B. Stücke von der Nase, den Lippen, den Fingern, so darf man die
Wiederanheilung derselben nicht für unmöglich halten. In nicht wenigen
Fällen sind solche Stücke, wenn sie gut und zweckmäßig befestigt und verbun¬
den wurden, wieder fest gewachsen, selbst nachdem sie schon stundenlang vom
Körper getrennt gewesen waren. Dem Verfasser selbst ist es noch vor Kur¬
zem gelungen, ein von einem Finger abgeschnittnes Stück, welches auf den
Boden gefallen war, zur AnHeilung zu bringen. Man lasse solche Stücke
also nicht auf der Erde liegen, sondern hebe sie sorgfältig auf und bringe
sie mit dem Verwundeten zum Arzte, damit dieser wenigstens den Versuch
machen kann, ihre AnHeilung zu bewirken.

Hiermit ist das kleine Buch mit seinen sauber ausgeführten Abbildungen
den Lesern d. Bl. mit dem Wunsche empfohlen, daß ein neuer Krieg, an den
dabei doch vorzugsweise gedacht sein wird, uns noch lange fern bleiben möge-




Verantwortlicher Redakteur: I)r. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Hrrbig in Leipzig. -- Druck von Hüthrl Herrmann in Leipzig-

man es gerade bekommen kann, und zieht, wenn es zu haben ist, gekochtes
Wasser, frisches Quellwasser oder reines Meerwasser anderm Wasser vor. Ein
sauberes Tuch ist einem für andere Zwecke schon gebrauchten Badeschwämme
bei weitem vorzuziehen. Wo aber eine sichtbare Verunreinigung der Wunden
nicht stattgefunden hat, sollten Laien sich des Auswaschens enthalten, weil
man nie sicher sein kann, ob das Wasser, die Schwämme oder Tücher, mit de¬
nen die Reinigung vorgenommen zu werden pflegt, nicht Stoffe enthalten,
welche, in frische Wunden gebracht, einen schädlichen Einfluß auf dieselben aus¬
üben könnten. Auch die Aerzte sind in dieser Beziehung in neuerer Zeit
immer vorsichtiger geworden. Sie reinigen die Wunden in der Regel nur mit
Wasser, welches durch einen Zusatz von Carbol- oder Salicylsäure desinficirt
worden ist, und zwar mit Hülfe einer Wunddouche, mit welcher man einen
sanften Strahl über die Wunden hinlaufen läßt. Und wenn sie sich der
Schwämme bedienen, so lassen sie dieselben vorher durch Liegen in Carbol¬
säurelösung vollständig von schädlichen Stoffen frei werden. Frisch geronnenes
Blut ist die beste Bedeckung für eine frische Wunde. Findet man eine solche
also mit einem Blutgerinnsel bedeckt, so entferne man dasselbe nicht, sondern
überlasse dem Arzte die Entscheidung, ob die Wunde gereinigt werden soll oder
nicht. Am besten würde es sein, auf frische Wunden sobald als möglich ein anti¬
septisches Mittel wie Salicylsäure zu bringen, um von vornherein der Wundfäul-
nifz entgegenzuwirken. Ein solches wird jedoch selten zur Hand sein. Da indeß
starke spirituöse Flüssigkeiten auch eine fäulniszwidrige Wirkung haben, so ist gegen
das Auswaschen frischer Wunden mit starkem Branntwein, welches in manchen
Gegenden und bei manchen Handwerken üblich ist, nicht viel einzuwenden-

Wenn durch Schnitte oder Hiebe ganze Stücke vom Körper abgetrennt
sind, z. B. Stücke von der Nase, den Lippen, den Fingern, so darf man die
Wiederanheilung derselben nicht für unmöglich halten. In nicht wenigen
Fällen sind solche Stücke, wenn sie gut und zweckmäßig befestigt und verbun¬
den wurden, wieder fest gewachsen, selbst nachdem sie schon stundenlang vom
Körper getrennt gewesen waren. Dem Verfasser selbst ist es noch vor Kur¬
zem gelungen, ein von einem Finger abgeschnittnes Stück, welches auf den
Boden gefallen war, zur AnHeilung zu bringen. Man lasse solche Stücke
also nicht auf der Erde liegen, sondern hebe sie sorgfältig auf und bringe
sie mit dem Verwundeten zum Arzte, damit dieser wenigstens den Versuch
machen kann, ihre AnHeilung zu bewirken.

Hiermit ist das kleine Buch mit seinen sauber ausgeführten Abbildungen
den Lesern d. Bl. mit dem Wunsche empfohlen, daß ein neuer Krieg, an den
dabei doch vorzugsweise gedacht sein wird, uns noch lange fern bleiben möge-




Verantwortlicher Redakteur: I)r. Haus Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Hrrbig in Leipzig. — Druck von Hüthrl Herrmann in Leipzig-
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[0364] man es gerade bekommen kann, und zieht, wenn es zu haben ist, gekochtes Wasser, frisches Quellwasser oder reines Meerwasser anderm Wasser vor. Ein sauberes Tuch ist einem für andere Zwecke schon gebrauchten Badeschwämme bei weitem vorzuziehen. Wo aber eine sichtbare Verunreinigung der Wunden nicht stattgefunden hat, sollten Laien sich des Auswaschens enthalten, weil man nie sicher sein kann, ob das Wasser, die Schwämme oder Tücher, mit de¬ nen die Reinigung vorgenommen zu werden pflegt, nicht Stoffe enthalten, welche, in frische Wunden gebracht, einen schädlichen Einfluß auf dieselben aus¬ üben könnten. Auch die Aerzte sind in dieser Beziehung in neuerer Zeit immer vorsichtiger geworden. Sie reinigen die Wunden in der Regel nur mit Wasser, welches durch einen Zusatz von Carbol- oder Salicylsäure desinficirt worden ist, und zwar mit Hülfe einer Wunddouche, mit welcher man einen sanften Strahl über die Wunden hinlaufen läßt. Und wenn sie sich der Schwämme bedienen, so lassen sie dieselben vorher durch Liegen in Carbol¬ säurelösung vollständig von schädlichen Stoffen frei werden. Frisch geronnenes Blut ist die beste Bedeckung für eine frische Wunde. Findet man eine solche also mit einem Blutgerinnsel bedeckt, so entferne man dasselbe nicht, sondern überlasse dem Arzte die Entscheidung, ob die Wunde gereinigt werden soll oder nicht. Am besten würde es sein, auf frische Wunden sobald als möglich ein anti¬ septisches Mittel wie Salicylsäure zu bringen, um von vornherein der Wundfäul- nifz entgegenzuwirken. Ein solches wird jedoch selten zur Hand sein. Da indeß starke spirituöse Flüssigkeiten auch eine fäulniszwidrige Wirkung haben, so ist gegen das Auswaschen frischer Wunden mit starkem Branntwein, welches in manchen Gegenden und bei manchen Handwerken üblich ist, nicht viel einzuwenden- Wenn durch Schnitte oder Hiebe ganze Stücke vom Körper abgetrennt sind, z. B. Stücke von der Nase, den Lippen, den Fingern, so darf man die Wiederanheilung derselben nicht für unmöglich halten. In nicht wenigen Fällen sind solche Stücke, wenn sie gut und zweckmäßig befestigt und verbun¬ den wurden, wieder fest gewachsen, selbst nachdem sie schon stundenlang vom Körper getrennt gewesen waren. Dem Verfasser selbst ist es noch vor Kur¬ zem gelungen, ein von einem Finger abgeschnittnes Stück, welches auf den Boden gefallen war, zur AnHeilung zu bringen. Man lasse solche Stücke also nicht auf der Erde liegen, sondern hebe sie sorgfältig auf und bringe sie mit dem Verwundeten zum Arzte, damit dieser wenigstens den Versuch machen kann, ihre AnHeilung zu bewirken. Hiermit ist das kleine Buch mit seinen sauber ausgeführten Abbildungen den Lesern d. Bl. mit dem Wunsche empfohlen, daß ein neuer Krieg, an den dabei doch vorzugsweise gedacht sein wird, uns noch lange fern bleiben möge- Verantwortlicher Redakteur: I)r. Haus Blum in Leipzig. Verlag von F. L. Hrrbig in Leipzig. — Druck von Hüthrl Herrmann in Leipzig-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/364>, abgerufen am 22.07.2024.