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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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einer Binde oder einem Tuche fest einwickeln, und wenn man diese Verband¬
stücke vorher naß macht, so schmiegen sie sich besser an', verschieben sich nicht
leicht und wirken zugleich kühlend. Will man den Druck auf einen Punkt
concentriren, so macht man einen Knoten in das Tuch, mit dem man das
Glied umschnürt. Viel wirksamer als eine Binde oder ein Tuch ist ein elasti¬
scher Gurt oder Schlauch, der unter starker Dehnung um das Glied gewickelt
wird. Schon ein elastischer Hosenträger kann eine heftige Blutung stillen,
weshalb Soldaten sich mit solchen Tragbändern versehen sollten. Wo ein
elastischer Gurt nicht zur Hand ist, kann man ein Knebeltourniquet impro-
visiren, indem man ein Taschentuch, in welches man einen festen Knoten ge¬
schlagen, um das Glied wickelt, unter dasselbe einen kurzen Stock, Degen,
Ladestock u. d. schiebt und es durch Umdrehungen zusammenknebelt. Wenn
man bei Blutungen der Hand oder des Vorderarms dicken Stock, ein
Buch oder sonst einen harten Körper zwischen Arm und Brustseite des Ver¬
wundeten legt und dann den Arm mittelst eines Tuches fest an den Ober¬
körper anbindet, so muß die Blutung sofort aufhören. Aehnlich wirkt bei
muskulösen Menschen eine forcirte Beugung des Arms im Ellbogengelenk,
durch welche die Pulsader in der Ellenbeuge so geknickt wird, daß kein Blut
mehr hindurchpassiren kann.

Nach Stillung der Blutung ist ein Verband anzulegen, der die Wunde
während des Transports des Verletzten zum Arzte vor Staub, Insekten und
Sonnenstrahlen schützt, einen gleichmäßigen Druck auf dieselbe ausübt und
den verwundeten Theil in einer Lage fixirt, wo er nicht hin- und herschwanken
und in unsanfte Berührung mit andern Gegenständen kommen kann. Immer
ist hier wohl ein Tuch zur Hand, oder es läßt sich rasch eins durch Zerreißen
von Kleidern oder Hemden improvisiren. Durch geeignete Verwendung der
verschiedenen Zipfel eines dreieckigen Tuches kann man sehr zweckmäßige Deck¬
verbände und Tragetücher für verletzte Glieder herstellen, wie man sie in unsrer
Schrift auf Figur 24 und 25 angewendet sieht, und wenn man die Tücher
vor der Anwendung befeuchtet und dieß während des Transports wiederholt,
so wirken sie durch die Verdunstung zugleich angenehm kühlend auf den ver¬
wundeten Theil. Die Anlegung dieser Verbände ist so einfach, daß ein nicht
ganz ungeschickter Mensch dieselbe in einer Stunde zu erlernen vermag, und
der Verfasser hält es deshalb für sehr wünschenswert!), daß die, welche häu¬
siger in die Lage kommen, bei Verletzungen Hülfe leisten zu müssen, als Jäger,
Maschinenarbeiter, Eisenbahnbeamte, Reisende, besonders aber Soldaten, sich
diese Fertigkeit erwerben.

Von selbst versteht sich, daß man Wunden, welche durch Staub oder
Schmutz sichtbar verunreinigt sind, möglichst bald durch Auswaschen von diesen
schädlichen Stoffen zu befreien sucht. Man nimmt Wasser dazu, so rein als


einer Binde oder einem Tuche fest einwickeln, und wenn man diese Verband¬
stücke vorher naß macht, so schmiegen sie sich besser an', verschieben sich nicht
leicht und wirken zugleich kühlend. Will man den Druck auf einen Punkt
concentriren, so macht man einen Knoten in das Tuch, mit dem man das
Glied umschnürt. Viel wirksamer als eine Binde oder ein Tuch ist ein elasti¬
scher Gurt oder Schlauch, der unter starker Dehnung um das Glied gewickelt
wird. Schon ein elastischer Hosenträger kann eine heftige Blutung stillen,
weshalb Soldaten sich mit solchen Tragbändern versehen sollten. Wo ein
elastischer Gurt nicht zur Hand ist, kann man ein Knebeltourniquet impro-
visiren, indem man ein Taschentuch, in welches man einen festen Knoten ge¬
schlagen, um das Glied wickelt, unter dasselbe einen kurzen Stock, Degen,
Ladestock u. d. schiebt und es durch Umdrehungen zusammenknebelt. Wenn
man bei Blutungen der Hand oder des Vorderarms dicken Stock, ein
Buch oder sonst einen harten Körper zwischen Arm und Brustseite des Ver¬
wundeten legt und dann den Arm mittelst eines Tuches fest an den Ober¬
körper anbindet, so muß die Blutung sofort aufhören. Aehnlich wirkt bei
muskulösen Menschen eine forcirte Beugung des Arms im Ellbogengelenk,
durch welche die Pulsader in der Ellenbeuge so geknickt wird, daß kein Blut
mehr hindurchpassiren kann.

Nach Stillung der Blutung ist ein Verband anzulegen, der die Wunde
während des Transports des Verletzten zum Arzte vor Staub, Insekten und
Sonnenstrahlen schützt, einen gleichmäßigen Druck auf dieselbe ausübt und
den verwundeten Theil in einer Lage fixirt, wo er nicht hin- und herschwanken
und in unsanfte Berührung mit andern Gegenständen kommen kann. Immer
ist hier wohl ein Tuch zur Hand, oder es läßt sich rasch eins durch Zerreißen
von Kleidern oder Hemden improvisiren. Durch geeignete Verwendung der
verschiedenen Zipfel eines dreieckigen Tuches kann man sehr zweckmäßige Deck¬
verbände und Tragetücher für verletzte Glieder herstellen, wie man sie in unsrer
Schrift auf Figur 24 und 25 angewendet sieht, und wenn man die Tücher
vor der Anwendung befeuchtet und dieß während des Transports wiederholt,
so wirken sie durch die Verdunstung zugleich angenehm kühlend auf den ver¬
wundeten Theil. Die Anlegung dieser Verbände ist so einfach, daß ein nicht
ganz ungeschickter Mensch dieselbe in einer Stunde zu erlernen vermag, und
der Verfasser hält es deshalb für sehr wünschenswert!), daß die, welche häu¬
siger in die Lage kommen, bei Verletzungen Hülfe leisten zu müssen, als Jäger,
Maschinenarbeiter, Eisenbahnbeamte, Reisende, besonders aber Soldaten, sich
diese Fertigkeit erwerben.

Von selbst versteht sich, daß man Wunden, welche durch Staub oder
Schmutz sichtbar verunreinigt sind, möglichst bald durch Auswaschen von diesen
schädlichen Stoffen zu befreien sucht. Man nimmt Wasser dazu, so rein als


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/363>, abgerufen am 22.07.2024.