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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Auch aus der Betrachtung der Größen der Planeten ergiebt sich, daß
unsre Erde unter den Welten des Sonnensystems weder die kleinste, noch die
größte ist, noch dazwischen die Mitte hält. Mars ist in der Erde 7, die
Erde im Saturn 772, im Jupiter 1414 Mal enthalten. Wenn die Bewohner
anderer Welten gleich denen der Erde die Neigung haben, im Universum ein
Gebäude zu erblicken, das nur für sie errichtet sei, wenn sie sich einbilden,
sie seien der Zielpunkt der ganzen Schöpfung, wie viel mehr Grund als wir
haben dann die Bewohner der zuletzt genannten beiden großen und prächtigen
Himmelskörper, zu glauben, die andern Planeten seien nur ihretwegen da!
Wie viel mehr Grund haben sie, die vermuthlich in Betreff ihrer körperlichen
und geistigen Beschaffenheit eben so gut bedacht sind als hinsichtlich ihres
Wohnortes, sich für die Könige der Welt zu halten! In der That, vergegen¬
wärtigen wir uns die Größe des Saturn mit seinen Ringen und Monden
und die Riesenhafttgkeit des inmitten seiner Satelliten hinwandelnden Ju¬
piter, so können wir wohl mit Fontenelle ausrufen: "Wie könnte man bei
dem Anblick dieser staunenerregenden Massen dem Gedanken Raum geben,
alle diese gewaltigen Körper seien erschaffen, um unbewohnt zu bleiben und
nur die Erde erfreue sich eines Ausnahmezustandes? Mag dieß glauben, wer
^ will, ich meinerseits kann mich dazu nicht entschließen."

Gedenken wir endlich der Dichtheit der einzelnen Planeten, der Schwere
der Körper an ihren Oberflächen und des Gewichtes, welches ein jeder von
diesen Weltkörpern hat, so werden wir auch hieraus erkennen, daß die Erde
sich in keiner Weise vor den übrigen Gliedern des Sonnensystems aus¬
zeichnet. Die Dichtheit jedes Planeten wird nach der Vergleichung seiner
Masse mit seiner Größe berechnet, und seine Masse findet man aus dem Ein-
fluß, welchen die Glieder des ganzen Sonnensystems auf seinen Lauf ausüben.
So erhält man aber nur solche Bestimmungen, welche angeben, wie viel Mal
die Masse des einen Gliedes in der Masse des andern, z. B. in der Masse der Erde
oder die Masse der Erde in ihm enthalten ist. Nun ermittelt man in der That die
Masse der Erde, indem man die beschleunigten Schwingungen eines Pendels in der
Nähe eines großen isolirten Berges, dessen Masse man berechnet hat, beob¬
achtet und die Vermehrung der Geschwindigkeit derselben mit der normalen
Geschwindigkeit der Pendelschwingungen vergleicht, woraus sich denn das Ver¬
hältniß der Masse des Berges zur Masse der Erde und schließlich die Größe
Erdmasse selbst ergiebt, die sodann als Schlüssel zur Gewinnung der
Massen der übrigen Glieder des Sonnensystems dient. Aus der Zusammen¬
stellung der ausgerechneten Massen und der durch Beobachtung ermittelten
Größen der Glieder unseres Sonnensystems aber werden endlich die Zahlen
^stimmt, welche das Verhältniß der Dichtheit eines jeden Planeten zur Dicht¬
heit der Erde ausdrücken. Nehmen wir statt dieser Zahlen gewisse Substanzen


Auch aus der Betrachtung der Größen der Planeten ergiebt sich, daß
unsre Erde unter den Welten des Sonnensystems weder die kleinste, noch die
größte ist, noch dazwischen die Mitte hält. Mars ist in der Erde 7, die
Erde im Saturn 772, im Jupiter 1414 Mal enthalten. Wenn die Bewohner
anderer Welten gleich denen der Erde die Neigung haben, im Universum ein
Gebäude zu erblicken, das nur für sie errichtet sei, wenn sie sich einbilden,
sie seien der Zielpunkt der ganzen Schöpfung, wie viel mehr Grund als wir
haben dann die Bewohner der zuletzt genannten beiden großen und prächtigen
Himmelskörper, zu glauben, die andern Planeten seien nur ihretwegen da!
Wie viel mehr Grund haben sie, die vermuthlich in Betreff ihrer körperlichen
und geistigen Beschaffenheit eben so gut bedacht sind als hinsichtlich ihres
Wohnortes, sich für die Könige der Welt zu halten! In der That, vergegen¬
wärtigen wir uns die Größe des Saturn mit seinen Ringen und Monden
und die Riesenhafttgkeit des inmitten seiner Satelliten hinwandelnden Ju¬
piter, so können wir wohl mit Fontenelle ausrufen: „Wie könnte man bei
dem Anblick dieser staunenerregenden Massen dem Gedanken Raum geben,
alle diese gewaltigen Körper seien erschaffen, um unbewohnt zu bleiben und
nur die Erde erfreue sich eines Ausnahmezustandes? Mag dieß glauben, wer
^ will, ich meinerseits kann mich dazu nicht entschließen."

Gedenken wir endlich der Dichtheit der einzelnen Planeten, der Schwere
der Körper an ihren Oberflächen und des Gewichtes, welches ein jeder von
diesen Weltkörpern hat, so werden wir auch hieraus erkennen, daß die Erde
sich in keiner Weise vor den übrigen Gliedern des Sonnensystems aus¬
zeichnet. Die Dichtheit jedes Planeten wird nach der Vergleichung seiner
Masse mit seiner Größe berechnet, und seine Masse findet man aus dem Ein-
fluß, welchen die Glieder des ganzen Sonnensystems auf seinen Lauf ausüben.
So erhält man aber nur solche Bestimmungen, welche angeben, wie viel Mal
die Masse des einen Gliedes in der Masse des andern, z. B. in der Masse der Erde
oder die Masse der Erde in ihm enthalten ist. Nun ermittelt man in der That die
Masse der Erde, indem man die beschleunigten Schwingungen eines Pendels in der
Nähe eines großen isolirten Berges, dessen Masse man berechnet hat, beob¬
achtet und die Vermehrung der Geschwindigkeit derselben mit der normalen
Geschwindigkeit der Pendelschwingungen vergleicht, woraus sich denn das Ver¬
hältniß der Masse des Berges zur Masse der Erde und schließlich die Größe
Erdmasse selbst ergiebt, die sodann als Schlüssel zur Gewinnung der
Massen der übrigen Glieder des Sonnensystems dient. Aus der Zusammen¬
stellung der ausgerechneten Massen und der durch Beobachtung ermittelten
Größen der Glieder unseres Sonnensystems aber werden endlich die Zahlen
^stimmt, welche das Verhältniß der Dichtheit eines jeden Planeten zur Dicht¬
heit der Erde ausdrücken. Nehmen wir statt dieser Zahlen gewisse Substanzen


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[0335] Auch aus der Betrachtung der Größen der Planeten ergiebt sich, daß unsre Erde unter den Welten des Sonnensystems weder die kleinste, noch die größte ist, noch dazwischen die Mitte hält. Mars ist in der Erde 7, die Erde im Saturn 772, im Jupiter 1414 Mal enthalten. Wenn die Bewohner anderer Welten gleich denen der Erde die Neigung haben, im Universum ein Gebäude zu erblicken, das nur für sie errichtet sei, wenn sie sich einbilden, sie seien der Zielpunkt der ganzen Schöpfung, wie viel mehr Grund als wir haben dann die Bewohner der zuletzt genannten beiden großen und prächtigen Himmelskörper, zu glauben, die andern Planeten seien nur ihretwegen da! Wie viel mehr Grund haben sie, die vermuthlich in Betreff ihrer körperlichen und geistigen Beschaffenheit eben so gut bedacht sind als hinsichtlich ihres Wohnortes, sich für die Könige der Welt zu halten! In der That, vergegen¬ wärtigen wir uns die Größe des Saturn mit seinen Ringen und Monden und die Riesenhafttgkeit des inmitten seiner Satelliten hinwandelnden Ju¬ piter, so können wir wohl mit Fontenelle ausrufen: „Wie könnte man bei dem Anblick dieser staunenerregenden Massen dem Gedanken Raum geben, alle diese gewaltigen Körper seien erschaffen, um unbewohnt zu bleiben und nur die Erde erfreue sich eines Ausnahmezustandes? Mag dieß glauben, wer ^ will, ich meinerseits kann mich dazu nicht entschließen." Gedenken wir endlich der Dichtheit der einzelnen Planeten, der Schwere der Körper an ihren Oberflächen und des Gewichtes, welches ein jeder von diesen Weltkörpern hat, so werden wir auch hieraus erkennen, daß die Erde sich in keiner Weise vor den übrigen Gliedern des Sonnensystems aus¬ zeichnet. Die Dichtheit jedes Planeten wird nach der Vergleichung seiner Masse mit seiner Größe berechnet, und seine Masse findet man aus dem Ein- fluß, welchen die Glieder des ganzen Sonnensystems auf seinen Lauf ausüben. So erhält man aber nur solche Bestimmungen, welche angeben, wie viel Mal die Masse des einen Gliedes in der Masse des andern, z. B. in der Masse der Erde oder die Masse der Erde in ihm enthalten ist. Nun ermittelt man in der That die Masse der Erde, indem man die beschleunigten Schwingungen eines Pendels in der Nähe eines großen isolirten Berges, dessen Masse man berechnet hat, beob¬ achtet und die Vermehrung der Geschwindigkeit derselben mit der normalen Geschwindigkeit der Pendelschwingungen vergleicht, woraus sich denn das Ver¬ hältniß der Masse des Berges zur Masse der Erde und schließlich die Größe Erdmasse selbst ergiebt, die sodann als Schlüssel zur Gewinnung der Massen der übrigen Glieder des Sonnensystems dient. Aus der Zusammen¬ stellung der ausgerechneten Massen und der durch Beobachtung ermittelten Größen der Glieder unseres Sonnensystems aber werden endlich die Zahlen ^stimmt, welche das Verhältniß der Dichtheit eines jeden Planeten zur Dicht¬ heit der Erde ausdrücken. Nehmen wir statt dieser Zahlen gewisse Substanzen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/335>, abgerufen am 22.07.2024.