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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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kräfte zu schaffen. Sie haben die großen Pflichten, das Leben auf sich
entstehen zu lassen und es zu hegen und zu pflegen. Jede Schöpfung der
Gestirne ist in einem Grundcharakter, in einem Wesen, das den Haupt¬
punkt bildet, zusammengefaßt. Dieses Wesen ist für den Planeten Erde
der Mensch."

Nach der Theorie Fourier's schaffen die Planeten aber auch durch wech¬
selseitige Mittheilung ihrer Grundkräfte, welche die Schule als "Arome" be¬
zeichnet, die lebenden Wesen in verschiedenen Arten und mit verschiedenen Cha¬
rakteren. Das Pferd z. B. "dieses stolze, aristokratische, Schlachten und
Jagden liebende Thier, in dessen Haltung man Adel, Ehrgeiz und Ruhm
begier erkennt, ist ein Erzeugnis? der Ausströmung des Saturn. "Das Roß",
sagt er, "duftet von dem reinsten Arom des Hauptplaneten des Ehrgeizes,
dieses prunkenden Himmelsballs, der mit einem Gefolge von sieben Satelliten
dahinrollt, der wie ein Gemälde van Dyk's am Firmamente prangt, von dem
Arom des Saturn, dessen kriegerischen Sinn man schon an seiner stolzen Hal¬
tung und an der prächtigen Farbe der Doppelschärpe erkennt, mit der er so
gern seine Seiten umgürtet. Alles an diesem Gestirn ist funkelnd, schreiend
und in die Augen stechend, es liebt die Pracht wie das Vollblut." Saturn
der Hauptplanet des Ehrgeizes, duftet nach den Untersuchungen der Fou-
rieristen "nach Tulpe und Lilie". Jupiter ist der Hauptplanet des Familien¬
lebens ; "an Aroma minder reich als die Erde, duftet er nach Narzisse. Mars
ist ein schrecklicher Planet, die von ihm ausgehenden Gestalten des Häßlichen,
Giftigen, Garstigen und Abstoßenden sind nicht zu zählen. Uranus dagegen
ist der Hauptplanet der Liebe, "er erzeugte auf der Erde die blauen Blumen,
aber die Erde besaß moralische Theorien gegen die Liebe, und zur Strafe gab
Uranus den blauen Blumen der Erde heilende Kräfte statt des Duftes der
Liebe". Neptun endlich "duftet nach Tabak; denn er ist der Planet, von
welchem dieses Kraut stammt, dieses langsame Gift, welches uns durch den
Mund athmen und durch die Nase essen läßt" u. s. w.

Es wird Zeit, daß wir uns nach diesem Wust von Abgeschmacktheiten
einer Pseudoastronomie mit ein paar hübschen Scherzen erfrischen. Wir denken
dabei zunächst an den Luftschiffer Paal, der nach Edgar Poe's Bericht, ver¬
mittelst eines Ballons und eines Apparats mit athembarer Luft, von Rotter¬
dam in neunzehn Tagen in den Mond flog. Er verzeichnete alle seine Er¬
lebnisse und Beobachtungen auf der Reise mit Einschluß seines Aufenthaltes
droben auf dem Erdtrabanten, wo ihm winzige Menschlein mit seltsamen
Sitten und Gewohnheiten begegneten, und führte den Beweis, daß er wirklich
dort gewesen, durch einen vom 30. Februar 1830 datirten Brief, den
ihm ein Mondmensch für den Bürgermeister Superbus van Unterduck mit¬
gegeben.


kräfte zu schaffen. Sie haben die großen Pflichten, das Leben auf sich
entstehen zu lassen und es zu hegen und zu pflegen. Jede Schöpfung der
Gestirne ist in einem Grundcharakter, in einem Wesen, das den Haupt¬
punkt bildet, zusammengefaßt. Dieses Wesen ist für den Planeten Erde
der Mensch."

Nach der Theorie Fourier's schaffen die Planeten aber auch durch wech¬
selseitige Mittheilung ihrer Grundkräfte, welche die Schule als „Arome" be¬
zeichnet, die lebenden Wesen in verschiedenen Arten und mit verschiedenen Cha¬
rakteren. Das Pferd z. B. „dieses stolze, aristokratische, Schlachten und
Jagden liebende Thier, in dessen Haltung man Adel, Ehrgeiz und Ruhm
begier erkennt, ist ein Erzeugnis? der Ausströmung des Saturn. „Das Roß",
sagt er, „duftet von dem reinsten Arom des Hauptplaneten des Ehrgeizes,
dieses prunkenden Himmelsballs, der mit einem Gefolge von sieben Satelliten
dahinrollt, der wie ein Gemälde van Dyk's am Firmamente prangt, von dem
Arom des Saturn, dessen kriegerischen Sinn man schon an seiner stolzen Hal¬
tung und an der prächtigen Farbe der Doppelschärpe erkennt, mit der er so
gern seine Seiten umgürtet. Alles an diesem Gestirn ist funkelnd, schreiend
und in die Augen stechend, es liebt die Pracht wie das Vollblut." Saturn
der Hauptplanet des Ehrgeizes, duftet nach den Untersuchungen der Fou-
rieristen „nach Tulpe und Lilie". Jupiter ist der Hauptplanet des Familien¬
lebens ; „an Aroma minder reich als die Erde, duftet er nach Narzisse. Mars
ist ein schrecklicher Planet, die von ihm ausgehenden Gestalten des Häßlichen,
Giftigen, Garstigen und Abstoßenden sind nicht zu zählen. Uranus dagegen
ist der Hauptplanet der Liebe, „er erzeugte auf der Erde die blauen Blumen,
aber die Erde besaß moralische Theorien gegen die Liebe, und zur Strafe gab
Uranus den blauen Blumen der Erde heilende Kräfte statt des Duftes der
Liebe". Neptun endlich „duftet nach Tabak; denn er ist der Planet, von
welchem dieses Kraut stammt, dieses langsame Gift, welches uns durch den
Mund athmen und durch die Nase essen läßt" u. s. w.

Es wird Zeit, daß wir uns nach diesem Wust von Abgeschmacktheiten
einer Pseudoastronomie mit ein paar hübschen Scherzen erfrischen. Wir denken
dabei zunächst an den Luftschiffer Paal, der nach Edgar Poe's Bericht, ver¬
mittelst eines Ballons und eines Apparats mit athembarer Luft, von Rotter¬
dam in neunzehn Tagen in den Mond flog. Er verzeichnete alle seine Er¬
lebnisse und Beobachtungen auf der Reise mit Einschluß seines Aufenthaltes
droben auf dem Erdtrabanten, wo ihm winzige Menschlein mit seltsamen
Sitten und Gewohnheiten begegneten, und führte den Beweis, daß er wirklich
dort gewesen, durch einen vom 30. Februar 1830 datirten Brief, den
ihm ein Mondmensch für den Bürgermeister Superbus van Unterduck mit¬
gegeben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/311>, abgerufen am 25.08.2024.