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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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auf Wissenschaftlichkeit als wegen seiner hübschen Einfälle und geistreichen
Sprache Aufsehen machte und eine bedeutende Wirkung übte. Zehn Jahre
nach dem Erscheinen dieser Schrift schrieb Huyghens, der Entdecker der Saturn-
ringe, seinen "Weltbeschauer", in welchem Werke er die Frage der Bewohn¬
barkeit der Himmelskörper ernstlich behandelte. Er giebt einestheils eine Dar-
stellung des Planetensystems, wobei er mit einem Aufwands großer Gelehr¬
samkeit zeigt, in welcher Lage sich die Bewohner jedes einzelnen Planeten be¬
finden müssen, und sucht anderntheils seine Meinung, daß die Planetenmen¬
schen sowohl in physischer als in intellektueller und moralischer Hinsicht uns
Erdenmenschen ähnlich seien, durch verschiedene Argumente zu begründen. Nach
seiner Ansicht "wachsen und vervielfältigen sich die Gewächse und Thiere auch
dort wie auf der Erde". "Die Menschen, welche die andern Planeten bewohnen,
haben denselben Geist und Körper wie die, welche auf der Erde leben, ihre
Sinne sind den unsern ähnlich, sie sind ihnen an Zahl gleich und dienen dem¬
selben Zwecke." "Sie haben Hände wie wir, um mathematische Instrumente
anzufertigen und Gegenstände des Gewerbfleißes." "Der Kleider bedürfen sie
ebenfalls, Handel. Krieg, die verschiedenen Bedürfnisse und Leidenschaften des
Menschen finden sich dort wie hier, die Planetenbewohner bauen sich Häuser
nach Art der unsrigen, sie verstehen das Seewesen und treiben Schifffahrt,
kennen gleich uns die sicheren Regeln der Geometrie, die Lehrsätze der Mathe¬
matik, die Gesetze der Musik, pflegen die schönen Künste -- kurzum, sie sind
das getreue Abbild der Menschheit dieser Erde."

Im achtzehnten Jahrhunderte angelangt, haben wir als Vertreter der
Meinung, daß außer der Erde auch die andern Himmelskörper bewohnbar
yder bewohnt seien, zunächst Bayle, Leibnitz, Bernoulli, dann Isaac Newton
w seiner "Optik", Christian Wolff in seiner "Allgemeinen Kosmologie". Wil¬
liam Derham in seiner "Astrotheologie", Lavier Eimmart in seiner "Abbild¬
lichen Beschreibung der neuen Beobachtungen der Sonne" und den Theoso-
phen Immanuel Swedenborg mit seinen "Himmlischen Geheimnissen" zu
verzeichnen.

Letzterer schreibt nach Visionen, die ihn nach verschiedenen "Erden im
gestirnten Himmel" geführt haben. Von der ersten derselben sagt er u. A.:
"Ich sah dort viele Wiesen Und Wälder mit Bäumen voll Blätter, auch
Schafe, die Wolle trugen. Nach diesem sah ich etliche Einwohner geringeren
Standes, die fast wie die Bauern in Europa gekleidet waren. Ich sah auch
einen Mann mit seinem Weibe, diese hatte eine schöne Gestalt und ein ehr¬
bares Wesen, der Mann gleichfalls, er schritt würdevoll und mit fast stolzem
Gange einher, das Weib aber demüthig. Die Engel sagten mir, daß dieß
Brauch auf jener Erde sei, und daß derartige Männer geliebt werden, weil
sie doch gut sind. Es wurde mir auch gesagt, daß sie nicht mehrere Weiber


auf Wissenschaftlichkeit als wegen seiner hübschen Einfälle und geistreichen
Sprache Aufsehen machte und eine bedeutende Wirkung übte. Zehn Jahre
nach dem Erscheinen dieser Schrift schrieb Huyghens, der Entdecker der Saturn-
ringe, seinen „Weltbeschauer", in welchem Werke er die Frage der Bewohn¬
barkeit der Himmelskörper ernstlich behandelte. Er giebt einestheils eine Dar-
stellung des Planetensystems, wobei er mit einem Aufwands großer Gelehr¬
samkeit zeigt, in welcher Lage sich die Bewohner jedes einzelnen Planeten be¬
finden müssen, und sucht anderntheils seine Meinung, daß die Planetenmen¬
schen sowohl in physischer als in intellektueller und moralischer Hinsicht uns
Erdenmenschen ähnlich seien, durch verschiedene Argumente zu begründen. Nach
seiner Ansicht „wachsen und vervielfältigen sich die Gewächse und Thiere auch
dort wie auf der Erde". „Die Menschen, welche die andern Planeten bewohnen,
haben denselben Geist und Körper wie die, welche auf der Erde leben, ihre
Sinne sind den unsern ähnlich, sie sind ihnen an Zahl gleich und dienen dem¬
selben Zwecke." „Sie haben Hände wie wir, um mathematische Instrumente
anzufertigen und Gegenstände des Gewerbfleißes." „Der Kleider bedürfen sie
ebenfalls, Handel. Krieg, die verschiedenen Bedürfnisse und Leidenschaften des
Menschen finden sich dort wie hier, die Planetenbewohner bauen sich Häuser
nach Art der unsrigen, sie verstehen das Seewesen und treiben Schifffahrt,
kennen gleich uns die sicheren Regeln der Geometrie, die Lehrsätze der Mathe¬
matik, die Gesetze der Musik, pflegen die schönen Künste — kurzum, sie sind
das getreue Abbild der Menschheit dieser Erde."

Im achtzehnten Jahrhunderte angelangt, haben wir als Vertreter der
Meinung, daß außer der Erde auch die andern Himmelskörper bewohnbar
yder bewohnt seien, zunächst Bayle, Leibnitz, Bernoulli, dann Isaac Newton
w seiner „Optik", Christian Wolff in seiner „Allgemeinen Kosmologie". Wil¬
liam Derham in seiner „Astrotheologie", Lavier Eimmart in seiner „Abbild¬
lichen Beschreibung der neuen Beobachtungen der Sonne" und den Theoso-
phen Immanuel Swedenborg mit seinen „Himmlischen Geheimnissen" zu
verzeichnen.

Letzterer schreibt nach Visionen, die ihn nach verschiedenen „Erden im
gestirnten Himmel" geführt haben. Von der ersten derselben sagt er u. A.:
»Ich sah dort viele Wiesen Und Wälder mit Bäumen voll Blätter, auch
Schafe, die Wolle trugen. Nach diesem sah ich etliche Einwohner geringeren
Standes, die fast wie die Bauern in Europa gekleidet waren. Ich sah auch
einen Mann mit seinem Weibe, diese hatte eine schöne Gestalt und ein ehr¬
bares Wesen, der Mann gleichfalls, er schritt würdevoll und mit fast stolzem
Gange einher, das Weib aber demüthig. Die Engel sagten mir, daß dieß
Brauch auf jener Erde sei, und daß derartige Männer geliebt werden, weil
sie doch gut sind. Es wurde mir auch gesagt, daß sie nicht mehrere Weiber


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[0305] auf Wissenschaftlichkeit als wegen seiner hübschen Einfälle und geistreichen Sprache Aufsehen machte und eine bedeutende Wirkung übte. Zehn Jahre nach dem Erscheinen dieser Schrift schrieb Huyghens, der Entdecker der Saturn- ringe, seinen „Weltbeschauer", in welchem Werke er die Frage der Bewohn¬ barkeit der Himmelskörper ernstlich behandelte. Er giebt einestheils eine Dar- stellung des Planetensystems, wobei er mit einem Aufwands großer Gelehr¬ samkeit zeigt, in welcher Lage sich die Bewohner jedes einzelnen Planeten be¬ finden müssen, und sucht anderntheils seine Meinung, daß die Planetenmen¬ schen sowohl in physischer als in intellektueller und moralischer Hinsicht uns Erdenmenschen ähnlich seien, durch verschiedene Argumente zu begründen. Nach seiner Ansicht „wachsen und vervielfältigen sich die Gewächse und Thiere auch dort wie auf der Erde". „Die Menschen, welche die andern Planeten bewohnen, haben denselben Geist und Körper wie die, welche auf der Erde leben, ihre Sinne sind den unsern ähnlich, sie sind ihnen an Zahl gleich und dienen dem¬ selben Zwecke." „Sie haben Hände wie wir, um mathematische Instrumente anzufertigen und Gegenstände des Gewerbfleißes." „Der Kleider bedürfen sie ebenfalls, Handel. Krieg, die verschiedenen Bedürfnisse und Leidenschaften des Menschen finden sich dort wie hier, die Planetenbewohner bauen sich Häuser nach Art der unsrigen, sie verstehen das Seewesen und treiben Schifffahrt, kennen gleich uns die sicheren Regeln der Geometrie, die Lehrsätze der Mathe¬ matik, die Gesetze der Musik, pflegen die schönen Künste — kurzum, sie sind das getreue Abbild der Menschheit dieser Erde." Im achtzehnten Jahrhunderte angelangt, haben wir als Vertreter der Meinung, daß außer der Erde auch die andern Himmelskörper bewohnbar yder bewohnt seien, zunächst Bayle, Leibnitz, Bernoulli, dann Isaac Newton w seiner „Optik", Christian Wolff in seiner „Allgemeinen Kosmologie". Wil¬ liam Derham in seiner „Astrotheologie", Lavier Eimmart in seiner „Abbild¬ lichen Beschreibung der neuen Beobachtungen der Sonne" und den Theoso- phen Immanuel Swedenborg mit seinen „Himmlischen Geheimnissen" zu verzeichnen. Letzterer schreibt nach Visionen, die ihn nach verschiedenen „Erden im gestirnten Himmel" geführt haben. Von der ersten derselben sagt er u. A.: »Ich sah dort viele Wiesen Und Wälder mit Bäumen voll Blätter, auch Schafe, die Wolle trugen. Nach diesem sah ich etliche Einwohner geringeren Standes, die fast wie die Bauern in Europa gekleidet waren. Ich sah auch einen Mann mit seinem Weibe, diese hatte eine schöne Gestalt und ein ehr¬ bares Wesen, der Mann gleichfalls, er schritt würdevoll und mit fast stolzem Gange einher, das Weib aber demüthig. Die Engel sagten mir, daß dieß Brauch auf jener Erde sei, und daß derartige Männer geliebt werden, weil sie doch gut sind. Es wurde mir auch gesagt, daß sie nicht mehrere Weiber

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/305>, abgerufen am 22.07.2024.