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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Alterthum der Vogel der Liebesgöttin, im Christenthum das Symbol des
heiligen Geistes ward. Wie die Worte emila. und g-nalÄ, Wind und Feuer,
aus derselben Wurzel an kommen, welches blasen, wehen, bedeutet, so ist auch
der Wind, gleich dem Feuer, die Seele der Götter und der Befruchter der
Welt; das griechische auomos (Wind) steht in engster Verwandtschaft mit dem
lateinischen Anima, und die Naruts-s, die Söhne des Windgottes, deren es
bald 27, bald 180 giebt, werden in der christlichen Mythe zu Seelen der Ver¬
storbenen. In der vedischen folgen sie dem Kriegsgott Indra oder KKma,
der zugleich Liebesgott ist.

Tvashtar. der Schmied der Götter, mit dem sich die neunte
Vorlesung beschäftigt, ist der erste rein persönliche Gott der Veden ohne all-
gemeinen Begriffsnamen. Er vermag nach Belieben Gestalten jeglicher Art
zu schassen, kann sich unsichtbar machen, besitzt die magische Kunst und ist der
Anfang zum vedischen Teufel. Er hat nicht nur Boten und Frauen in
seinem Gefolge, sondern auch Schüler, die ihrerseits meist unsterbliche Götter
werden und schmiedet für Indra, den Regen- und Donnergott, die Waffen.

Indra, von dem die zehnte Vorlesung handelt, ist von allen Göttern
des vedischen Olymps der mächtigste, charakteristischste und angerufenste, theils
aus Liebe, theils aus Furcht. Sein Name bedeutet ursprünglich innere oder
mittlere Schicht, und bezeichnete anfangs den Luftkreis oder die Region der
Winde und Gewitter, welche der Donnergott beherrscht. Als der heroischste
der Götter, ist auch seine Geburt die wunderbarste Schöpfung des Himmels.
Der Herr des Himmels ist zugleich der Sohn des Himmels und nach einer
Legende die Frucht der Buße. Kaum geboren, erscheint er als starker Held
der seine Kraft aus dem Wasser schöpft, das er trinkt. Alle Ungeheuer sind
ihm feindlich und werden von ihm erlegt, bis er durch die Liebe, den Lohn
seiner Thaten, zu Grunde geht.

Auf Indra folgen in der elften Vorlesung die beiden Acrin, die
..Reiter" und Vorbilder des echten Ritterthums, die Morgen- und Abend¬
dämmerung, häusig auch identisch mit Sonne und Mond, den beiden schnellen
Gestirnen, oder mit Tag und Nacht. Der Eine von ihnen ist stark und
siegreich im Kampf, der Andere reich, und beide Brüder sind jung, schön, be¬
hend und unermüdlich im Gutesthun.

Der Gott Uama, der Gegenstand der zwölften Vorlesung, ursprüng¬
lich die untergehende Sonne ist der Gott der Todten. Er heißt der "Ge¬
bundene", "Gezäumte", wird aber später selbst der Bindende oder Zäumende,
indem er den Sterbenden seinen Strick um den Hals wirft, und führt die
Seelen auf noch unbekannten Wegen ins Jenseits, wo sie ihren Lohn, oder
ihre Strafe empfangen.

Die dreizehnte Borlesung behandelt die Dämonen, welche bei den


Grenzboten IV. 187S. 34

Alterthum der Vogel der Liebesgöttin, im Christenthum das Symbol des
heiligen Geistes ward. Wie die Worte emila. und g-nalÄ, Wind und Feuer,
aus derselben Wurzel an kommen, welches blasen, wehen, bedeutet, so ist auch
der Wind, gleich dem Feuer, die Seele der Götter und der Befruchter der
Welt; das griechische auomos (Wind) steht in engster Verwandtschaft mit dem
lateinischen Anima, und die Naruts-s, die Söhne des Windgottes, deren es
bald 27, bald 180 giebt, werden in der christlichen Mythe zu Seelen der Ver¬
storbenen. In der vedischen folgen sie dem Kriegsgott Indra oder KKma,
der zugleich Liebesgott ist.

Tvashtar. der Schmied der Götter, mit dem sich die neunte
Vorlesung beschäftigt, ist der erste rein persönliche Gott der Veden ohne all-
gemeinen Begriffsnamen. Er vermag nach Belieben Gestalten jeglicher Art
zu schassen, kann sich unsichtbar machen, besitzt die magische Kunst und ist der
Anfang zum vedischen Teufel. Er hat nicht nur Boten und Frauen in
seinem Gefolge, sondern auch Schüler, die ihrerseits meist unsterbliche Götter
werden und schmiedet für Indra, den Regen- und Donnergott, die Waffen.

Indra, von dem die zehnte Vorlesung handelt, ist von allen Göttern
des vedischen Olymps der mächtigste, charakteristischste und angerufenste, theils
aus Liebe, theils aus Furcht. Sein Name bedeutet ursprünglich innere oder
mittlere Schicht, und bezeichnete anfangs den Luftkreis oder die Region der
Winde und Gewitter, welche der Donnergott beherrscht. Als der heroischste
der Götter, ist auch seine Geburt die wunderbarste Schöpfung des Himmels.
Der Herr des Himmels ist zugleich der Sohn des Himmels und nach einer
Legende die Frucht der Buße. Kaum geboren, erscheint er als starker Held
der seine Kraft aus dem Wasser schöpft, das er trinkt. Alle Ungeheuer sind
ihm feindlich und werden von ihm erlegt, bis er durch die Liebe, den Lohn
seiner Thaten, zu Grunde geht.

Auf Indra folgen in der elften Vorlesung die beiden Acrin, die
..Reiter" und Vorbilder des echten Ritterthums, die Morgen- und Abend¬
dämmerung, häusig auch identisch mit Sonne und Mond, den beiden schnellen
Gestirnen, oder mit Tag und Nacht. Der Eine von ihnen ist stark und
siegreich im Kampf, der Andere reich, und beide Brüder sind jung, schön, be¬
hend und unermüdlich im Gutesthun.

Der Gott Uama, der Gegenstand der zwölften Vorlesung, ursprüng¬
lich die untergehende Sonne ist der Gott der Todten. Er heißt der „Ge¬
bundene", „Gezäumte", wird aber später selbst der Bindende oder Zäumende,
indem er den Sterbenden seinen Strick um den Hals wirft, und führt die
Seelen auf noch unbekannten Wegen ins Jenseits, wo sie ihren Lohn, oder
ihre Strafe empfangen.

Die dreizehnte Borlesung behandelt die Dämonen, welche bei den


Grenzboten IV. 187S. 34
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[0269] Alterthum der Vogel der Liebesgöttin, im Christenthum das Symbol des heiligen Geistes ward. Wie die Worte emila. und g-nalÄ, Wind und Feuer, aus derselben Wurzel an kommen, welches blasen, wehen, bedeutet, so ist auch der Wind, gleich dem Feuer, die Seele der Götter und der Befruchter der Welt; das griechische auomos (Wind) steht in engster Verwandtschaft mit dem lateinischen Anima, und die Naruts-s, die Söhne des Windgottes, deren es bald 27, bald 180 giebt, werden in der christlichen Mythe zu Seelen der Ver¬ storbenen. In der vedischen folgen sie dem Kriegsgott Indra oder KKma, der zugleich Liebesgott ist. Tvashtar. der Schmied der Götter, mit dem sich die neunte Vorlesung beschäftigt, ist der erste rein persönliche Gott der Veden ohne all- gemeinen Begriffsnamen. Er vermag nach Belieben Gestalten jeglicher Art zu schassen, kann sich unsichtbar machen, besitzt die magische Kunst und ist der Anfang zum vedischen Teufel. Er hat nicht nur Boten und Frauen in seinem Gefolge, sondern auch Schüler, die ihrerseits meist unsterbliche Götter werden und schmiedet für Indra, den Regen- und Donnergott, die Waffen. Indra, von dem die zehnte Vorlesung handelt, ist von allen Göttern des vedischen Olymps der mächtigste, charakteristischste und angerufenste, theils aus Liebe, theils aus Furcht. Sein Name bedeutet ursprünglich innere oder mittlere Schicht, und bezeichnete anfangs den Luftkreis oder die Region der Winde und Gewitter, welche der Donnergott beherrscht. Als der heroischste der Götter, ist auch seine Geburt die wunderbarste Schöpfung des Himmels. Der Herr des Himmels ist zugleich der Sohn des Himmels und nach einer Legende die Frucht der Buße. Kaum geboren, erscheint er als starker Held der seine Kraft aus dem Wasser schöpft, das er trinkt. Alle Ungeheuer sind ihm feindlich und werden von ihm erlegt, bis er durch die Liebe, den Lohn seiner Thaten, zu Grunde geht. Auf Indra folgen in der elften Vorlesung die beiden Acrin, die ..Reiter" und Vorbilder des echten Ritterthums, die Morgen- und Abend¬ dämmerung, häusig auch identisch mit Sonne und Mond, den beiden schnellen Gestirnen, oder mit Tag und Nacht. Der Eine von ihnen ist stark und siegreich im Kampf, der Andere reich, und beide Brüder sind jung, schön, be¬ hend und unermüdlich im Gutesthun. Der Gott Uama, der Gegenstand der zwölften Vorlesung, ursprüng¬ lich die untergehende Sonne ist der Gott der Todten. Er heißt der „Ge¬ bundene", „Gezäumte", wird aber später selbst der Bindende oder Zäumende, indem er den Sterbenden seinen Strick um den Hals wirft, und führt die Seelen auf noch unbekannten Wegen ins Jenseits, wo sie ihren Lohn, oder ihre Strafe empfangen. Die dreizehnte Borlesung behandelt die Dämonen, welche bei den Grenzboten IV. 187S. 34

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/269>, abgerufen am 22.07.2024.