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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Schwieriger war natürlich die Sache beim Erzherzog Rudolph. Denn
hier kam zum innern Zwang die materielle Hemmung, die letzt natürlich
stets mehr empfunden ward. Wir beziehen auf dieses Verhältniß die folgende
Stelle eines Briefes an Haslinger (7 Oel. 1824): "Was nun meinen gnädig¬
sten Herrn betrifft, so kann er doch nicht anders als dem Beispiele Christi
folgen d. h. zu leiden ca 11 maestro nicht weniger. So ziemlich zollfreie
Gedanken -- auf Freud Leid, -- auf Leid Freud. --"

Später berichtet er selbst dem hohen Schüler die neue Erkrankung, die
ihn ans Bett fesselte, aber morgen werde er kommen: "Ich weiß, daß
I. K. K. ohnehin überzeugt sind, daß ich nie die Ihnen geziemende Ehrfurcht
außer Acht lassen kann. -- An Mitteln wird es ohnehin nicht hier fehlen
den musikalischen Geist I. K. K. H. aufzuweisen, welches nicht anders als
ersprießlich für die Kunst sein kann -- mein Asyl -- Gott sei Dank!" Allein
wie hart das Dienstgeschäft ihm ist, der wirklich sein "Asyl" nur im eigenen
Schaffen haben kann, ersieht man aus dem Briefe an Schott in diesen
Novembertagen 1824, als derselbe wegen Verspätung der längst in Aussicht
gestellten Werke benachrichtigt werden muß. Denn dabei heißt es über dieses
"alle Tage 2 Stunden Leczion geben": "Dies nimmt mich so her, daß ich
beinahe zu allem andern unfähig bin, und dabei kann ich nicht leben von
dem was ich einzunehmen habe, wozu nur meine Feder helfen kann. Ohn¬
erachtet dessen nimmt man weder Rücksicht aus meine Gesundheit noch meine
kostbare Zeit."

Am 5. Dezember 1824 heißt es denn auch bitter genug: "Ich habe
mich derweil wieder so ziemlich von diesem Joche zu befreien gesucht. Frei¬
lich möchte man Autoritäten ausüben, an die man sonst nicht gedacht, die
aber diese neue Zeiten mit sich bringen wollen zu scheinen Danken wir
Gott für die zu erwartenden Dampfkanonen, und für die schon gegen¬
wärtige Dampfschifffahrt. Was für ferne Schwimmer wird's da geben, die
uns Luft und Freiheit verschaffen?!"

Am 17. Dezember wird die Stimmung versöhnlicher: "Der Erzherzog R.
ist gestern von hier fort, und manche Zeit mußte ich noch bei ihm zubringen.
Ich bin geliebt und ausgezeichnet geachtet von ihm, allein -- davon lebt
man nicht und das Zurufen von mehreren Seiten: Wer eine Lampe hat
gießt Oel darauf! findet hier keinen Eingang."

Doch noch in das Jahresende 1824 spielt die Erinnerung an diesen
bittern Druck und Zwang mit den bezeichnenden Worten hinein: "Die
Ouvertüre, welche Sie von meinem Bruder erhalten, ward hier dieser Tage
aufgeführt. Ich erhielt deswegen Lobeserhebungen!e. Was ist das alles
gegen den großen Tonmeister oben -- oben -- oben -- und mit Recht


Schwieriger war natürlich die Sache beim Erzherzog Rudolph. Denn
hier kam zum innern Zwang die materielle Hemmung, die letzt natürlich
stets mehr empfunden ward. Wir beziehen auf dieses Verhältniß die folgende
Stelle eines Briefes an Haslinger (7 Oel. 1824): „Was nun meinen gnädig¬
sten Herrn betrifft, so kann er doch nicht anders als dem Beispiele Christi
folgen d. h. zu leiden ca 11 maestro nicht weniger. So ziemlich zollfreie
Gedanken — auf Freud Leid, — auf Leid Freud. —"

Später berichtet er selbst dem hohen Schüler die neue Erkrankung, die
ihn ans Bett fesselte, aber morgen werde er kommen: „Ich weiß, daß
I. K. K. ohnehin überzeugt sind, daß ich nie die Ihnen geziemende Ehrfurcht
außer Acht lassen kann. — An Mitteln wird es ohnehin nicht hier fehlen
den musikalischen Geist I. K. K. H. aufzuweisen, welches nicht anders als
ersprießlich für die Kunst sein kann — mein Asyl — Gott sei Dank!" Allein
wie hart das Dienstgeschäft ihm ist, der wirklich sein „Asyl" nur im eigenen
Schaffen haben kann, ersieht man aus dem Briefe an Schott in diesen
Novembertagen 1824, als derselbe wegen Verspätung der längst in Aussicht
gestellten Werke benachrichtigt werden muß. Denn dabei heißt es über dieses
„alle Tage 2 Stunden Leczion geben": „Dies nimmt mich so her, daß ich
beinahe zu allem andern unfähig bin, und dabei kann ich nicht leben von
dem was ich einzunehmen habe, wozu nur meine Feder helfen kann. Ohn¬
erachtet dessen nimmt man weder Rücksicht aus meine Gesundheit noch meine
kostbare Zeit."

Am 5. Dezember 1824 heißt es denn auch bitter genug: „Ich habe
mich derweil wieder so ziemlich von diesem Joche zu befreien gesucht. Frei¬
lich möchte man Autoritäten ausüben, an die man sonst nicht gedacht, die
aber diese neue Zeiten mit sich bringen wollen zu scheinen Danken wir
Gott für die zu erwartenden Dampfkanonen, und für die schon gegen¬
wärtige Dampfschifffahrt. Was für ferne Schwimmer wird's da geben, die
uns Luft und Freiheit verschaffen?!"

Am 17. Dezember wird die Stimmung versöhnlicher: „Der Erzherzog R.
ist gestern von hier fort, und manche Zeit mußte ich noch bei ihm zubringen.
Ich bin geliebt und ausgezeichnet geachtet von ihm, allein — davon lebt
man nicht und das Zurufen von mehreren Seiten: Wer eine Lampe hat
gießt Oel darauf! findet hier keinen Eingang."

Doch noch in das Jahresende 1824 spielt die Erinnerung an diesen
bittern Druck und Zwang mit den bezeichnenden Worten hinein: „Die
Ouvertüre, welche Sie von meinem Bruder erhalten, ward hier dieser Tage
aufgeführt. Ich erhielt deswegen Lobeserhebungen!e. Was ist das alles
gegen den großen Tonmeister oben — oben — oben — und mit Recht


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[0257] Schwieriger war natürlich die Sache beim Erzherzog Rudolph. Denn hier kam zum innern Zwang die materielle Hemmung, die letzt natürlich stets mehr empfunden ward. Wir beziehen auf dieses Verhältniß die folgende Stelle eines Briefes an Haslinger (7 Oel. 1824): „Was nun meinen gnädig¬ sten Herrn betrifft, so kann er doch nicht anders als dem Beispiele Christi folgen d. h. zu leiden ca 11 maestro nicht weniger. So ziemlich zollfreie Gedanken — auf Freud Leid, — auf Leid Freud. —" Später berichtet er selbst dem hohen Schüler die neue Erkrankung, die ihn ans Bett fesselte, aber morgen werde er kommen: „Ich weiß, daß I. K. K. ohnehin überzeugt sind, daß ich nie die Ihnen geziemende Ehrfurcht außer Acht lassen kann. — An Mitteln wird es ohnehin nicht hier fehlen den musikalischen Geist I. K. K. H. aufzuweisen, welches nicht anders als ersprießlich für die Kunst sein kann — mein Asyl — Gott sei Dank!" Allein wie hart das Dienstgeschäft ihm ist, der wirklich sein „Asyl" nur im eigenen Schaffen haben kann, ersieht man aus dem Briefe an Schott in diesen Novembertagen 1824, als derselbe wegen Verspätung der längst in Aussicht gestellten Werke benachrichtigt werden muß. Denn dabei heißt es über dieses „alle Tage 2 Stunden Leczion geben": „Dies nimmt mich so her, daß ich beinahe zu allem andern unfähig bin, und dabei kann ich nicht leben von dem was ich einzunehmen habe, wozu nur meine Feder helfen kann. Ohn¬ erachtet dessen nimmt man weder Rücksicht aus meine Gesundheit noch meine kostbare Zeit." Am 5. Dezember 1824 heißt es denn auch bitter genug: „Ich habe mich derweil wieder so ziemlich von diesem Joche zu befreien gesucht. Frei¬ lich möchte man Autoritäten ausüben, an die man sonst nicht gedacht, die aber diese neue Zeiten mit sich bringen wollen zu scheinen Danken wir Gott für die zu erwartenden Dampfkanonen, und für die schon gegen¬ wärtige Dampfschifffahrt. Was für ferne Schwimmer wird's da geben, die uns Luft und Freiheit verschaffen?!" Am 17. Dezember wird die Stimmung versöhnlicher: „Der Erzherzog R. ist gestern von hier fort, und manche Zeit mußte ich noch bei ihm zubringen. Ich bin geliebt und ausgezeichnet geachtet von ihm, allein — davon lebt man nicht und das Zurufen von mehreren Seiten: Wer eine Lampe hat gießt Oel darauf! findet hier keinen Eingang." Doch noch in das Jahresende 1824 spielt die Erinnerung an diesen bittern Druck und Zwang mit den bezeichnenden Worten hinein: „Die Ouvertüre, welche Sie von meinem Bruder erhalten, ward hier dieser Tage aufgeführt. Ich erhielt deswegen Lobeserhebungen!e. Was ist das alles gegen den großen Tonmeister oben — oben — oben — und mit Recht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/257>, abgerufen am 22.07.2024.