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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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zu lassen. Denn erst dann, wenn diese Erhebung ihn Lügen strafen würde,
würde er, der Minister, öffentlich erklären, daß er falsch berichtet worden sei."
Auf die Duplik auf diese Replik sind wir eben so gespannt, wie auf das
Weitere, was sich vor und hinter den Coulissen bis zum 1. Januar entwickeln
wird. Jedenfalls werden die "Münchner Briefe" davon zu rechter Zeit
b r. erichten.




Die österreichischen Soziatifien.

Im Augenblicke, wo zwischen den beiden Reichshälften der Monarchie
die ersten Vorposten zu dem Kampfe bei der Erneuerung des Ausgleiches
schon ausgestellt sind, scheinen die verschiedensten Faktoren, freilich aus eben
so verschiedenen Motiven, das Bedürfniß zu einem Rückblick auf die ab¬
gelaufene Ausgleichsepoche zu fühlen. So hat vor wenigen Tagen Finanz¬
minister öl'. Pretis einen Exkurs auf finanzpolitischem Gebiete unternommen,
und dabei einige interessante, in ihren Ergebnissen aber nichts weniger ale,
erfreuliche Thatsachen zu Tage gefördert, welche sich dahin zuspitzen, daß wir
wiederum bei dem "unsterblichen Deficit" angekommen sind, während nahezu
gleichzeitig von anderer Seite die ebenfalls unter der Last der wirthschaftlichen
Krisis seufzenden Arbeiter in ihrer Entwicklungsgeschichte in der angegebenen
Periode uns vorgeführt werden.

Dieser Aufgabe hat sich der bekannte Arbeiterführer und Publizist Hein¬
rich Oberwinder unterzogen. In seiner "Die Arbeiterbewegung in Oester¬
reich" betitelten Schrift, entwickelt der Autor einige bisher unbekannt gewesene
Beiträge zur Geschichte des Socialismus und bemüht sich, mit anerkennens-
werther Offenheit die Fehler desselben klarzulegen, zugleich aber auch zu zeigen,
daß das Gespenst, von der Nähe aus betrachtet, gar nicht so schrecklich sei.
Die Schilderung der Parteibildung, serner die Vertheidigung der "Inter¬
nationalen", welche jetzt schon die eigentlich radikalen Elemente von sich aus¬
geschlossen habe, sind indeß für uns weniger beachtenswerth, als die Darle¬
gungen betreffs der Verbindung zwischen den deutschen und den österreichischen
Arbeitern, die Hoffnungen und die Sympathien dieser beiden Parteien und
endlich ihr Kampf mit dem Ultramontanismus.


zu lassen. Denn erst dann, wenn diese Erhebung ihn Lügen strafen würde,
würde er, der Minister, öffentlich erklären, daß er falsch berichtet worden sei."
Auf die Duplik auf diese Replik sind wir eben so gespannt, wie auf das
Weitere, was sich vor und hinter den Coulissen bis zum 1. Januar entwickeln
wird. Jedenfalls werden die „Münchner Briefe" davon zu rechter Zeit
b r. erichten.




Die österreichischen Soziatifien.

Im Augenblicke, wo zwischen den beiden Reichshälften der Monarchie
die ersten Vorposten zu dem Kampfe bei der Erneuerung des Ausgleiches
schon ausgestellt sind, scheinen die verschiedensten Faktoren, freilich aus eben
so verschiedenen Motiven, das Bedürfniß zu einem Rückblick auf die ab¬
gelaufene Ausgleichsepoche zu fühlen. So hat vor wenigen Tagen Finanz¬
minister öl'. Pretis einen Exkurs auf finanzpolitischem Gebiete unternommen,
und dabei einige interessante, in ihren Ergebnissen aber nichts weniger ale,
erfreuliche Thatsachen zu Tage gefördert, welche sich dahin zuspitzen, daß wir
wiederum bei dem „unsterblichen Deficit" angekommen sind, während nahezu
gleichzeitig von anderer Seite die ebenfalls unter der Last der wirthschaftlichen
Krisis seufzenden Arbeiter in ihrer Entwicklungsgeschichte in der angegebenen
Periode uns vorgeführt werden.

Dieser Aufgabe hat sich der bekannte Arbeiterführer und Publizist Hein¬
rich Oberwinder unterzogen. In seiner „Die Arbeiterbewegung in Oester¬
reich" betitelten Schrift, entwickelt der Autor einige bisher unbekannt gewesene
Beiträge zur Geschichte des Socialismus und bemüht sich, mit anerkennens-
werther Offenheit die Fehler desselben klarzulegen, zugleich aber auch zu zeigen,
daß das Gespenst, von der Nähe aus betrachtet, gar nicht so schrecklich sei.
Die Schilderung der Parteibildung, serner die Vertheidigung der „Inter¬
nationalen", welche jetzt schon die eigentlich radikalen Elemente von sich aus¬
geschlossen habe, sind indeß für uns weniger beachtenswerth, als die Darle¬
gungen betreffs der Verbindung zwischen den deutschen und den österreichischen
Arbeitern, die Hoffnungen und die Sympathien dieser beiden Parteien und
endlich ihr Kampf mit dem Ultramontanismus.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/241>, abgerufen am 22.07.2024.