Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.bart auf silbernen Untertassen zwei winzige Becher mit schwarzem Kaffee und Während ich noch das Gemach, die Leute und die an der Wand hän¬ Am andern Morgen gab es wieder schwarzen Kaffee und Tschibbuk, auch "Traurig und öde genug war das, was sich meinen Augen bot: stun¬ bart auf silbernen Untertassen zwei winzige Becher mit schwarzem Kaffee und Während ich noch das Gemach, die Leute und die an der Wand hän¬ Am andern Morgen gab es wieder schwarzen Kaffee und Tschibbuk, auch „Traurig und öde genug war das, was sich meinen Augen bot: stun¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0222" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134568"/> <p xml:id="ID_668" prev="#ID_667"> bart auf silbernen Untertassen zwei winzige Becher mit schwarzem Kaffee und<lb/> bediente dann ebenso der Reihe nach sämmtliche Diener, die, nachdem wir<lb/> uns gesetzt, mit der größten Ungenirlheit ihre Tschibbuks zur Hand nahmen<lb/> und rauchten, als ob sie unter sich wären.</p><lb/> <p xml:id="ID_669"> Während ich noch das Gemach, die Leute und die an der Wand hän¬<lb/> genden prächtigen Waffen musterte, überraschte mich mein Wirth mit der Be¬<lb/> merkung, daß es bei ihnen nicht Sitte sei, des Abends etwas Anderes als<lb/> Kaffee zu genießen, daß er jedoch hoffe, ich werde mir morgen — das Mittags¬<lb/> mahl desto besser schmecken lassen. Das war ein sehr entlegner Trost für<lb/> meinen knurrenden Magen, aber ich mußte mich höflich in das Unvermeidliche<lb/> fügen und sofort mein Schlafgemach aufsuchen. Mahmud schritt voran und<lb/> führte mich mit feierlichem Wesen, als ob sich meinen erstaunten Augen jeden<lb/> Augenblick ein Prachigemach darbieten sollte, über eine zweite wackelige Treppe<lb/> in einen Raum, der dem innern Theile einer Kuppel glich, der aber auch,<lb/> wenn er die eine oder die andere lückenartige Oeffnung gehabt hätte, für ein<lb/> Taubenhaus hätte gehalten werden können. Er hatte aber außer der Thür<lb/> keine andere Oeffnung, als die fingerbreiten Risse in den Bietern, aus denen<lb/> dieses Denkmal neulürkischer Baukunst gezimmert war, und durch welche, als<lb/> ich mich schlafen gelegt, ein kalter Regen hereinströmte, der mich windelweich<lb/> durchnäßte." —</p><lb/> <p xml:id="ID_670"> Am andern Morgen gab es wieder schwarzen Kaffee und Tschibbuk, auch<lb/> kam mit vielem Dank von Seiten der Türkenfrau für das Zuckerwerk, das<lb/> ihr die Frau des Verfassers durch diesen übersandt hatte, das versprochne<lb/> stickce Tuch an, welches später die Kinder des letzteren bedeckte, wenn sie zur<lb/> Taufe getragen wurden. Dann wurde ein Ritt durch die Besitzungen Mas/<lb/> und's angetreten, von dem uns das Buch wieder selbst berichten soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_671" next="#ID_672"> „Traurig und öde genug war das, was sich meinen Augen bot: stun¬<lb/> denweit sich hinstreckende Gründe, die nicht bearbeitet waren und Pflug und<lb/> Samen nicht eher sehen werden, als bis eine nicht türkische Regierung über<lb/> das Wohl und Wehe dieser jungfräulichen Länder zu entscheiden haben wird<lb/> — prächtige Eichenwälder in ungebrochenen Bestände, in denen hier und da<lb/> die alten Baumriesen todt und halbverfaull auf dem Boden lagen, während aus<lb/> ihrem ehrwürdigen Leibe ganze Generationen jungen Nachwuchses empor'-<lb/> sproßten — ungeschlachte, halbnackte, schmutzige Bauern, dem Anzug nach<lb/> böhmische Christen, deren Verkommenheit ihnen kaum erlaubt, dort des Lebens<lb/> dringendste Nothdurft einzuheimsen, wo der Natur verschwenderisch ausgestreute<lb/> Fülle sich ihrem blöden Augen bietet — elende Lehmhütten, spärlich auf der<lb/> Ebne sichtbar, in denen die Familien mit ihrem Viehstände gemeinsam Hausen<lb/> über dem Ganzen die grauen Regenwolken eines trüben Ocrobertagcs. ein¬<lb/> förmig, einfarbig, durch nichts unterbrochen als durch eine unzählbare Menge</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0222]
bart auf silbernen Untertassen zwei winzige Becher mit schwarzem Kaffee und
bediente dann ebenso der Reihe nach sämmtliche Diener, die, nachdem wir
uns gesetzt, mit der größten Ungenirlheit ihre Tschibbuks zur Hand nahmen
und rauchten, als ob sie unter sich wären.
Während ich noch das Gemach, die Leute und die an der Wand hän¬
genden prächtigen Waffen musterte, überraschte mich mein Wirth mit der Be¬
merkung, daß es bei ihnen nicht Sitte sei, des Abends etwas Anderes als
Kaffee zu genießen, daß er jedoch hoffe, ich werde mir morgen — das Mittags¬
mahl desto besser schmecken lassen. Das war ein sehr entlegner Trost für
meinen knurrenden Magen, aber ich mußte mich höflich in das Unvermeidliche
fügen und sofort mein Schlafgemach aufsuchen. Mahmud schritt voran und
führte mich mit feierlichem Wesen, als ob sich meinen erstaunten Augen jeden
Augenblick ein Prachigemach darbieten sollte, über eine zweite wackelige Treppe
in einen Raum, der dem innern Theile einer Kuppel glich, der aber auch,
wenn er die eine oder die andere lückenartige Oeffnung gehabt hätte, für ein
Taubenhaus hätte gehalten werden können. Er hatte aber außer der Thür
keine andere Oeffnung, als die fingerbreiten Risse in den Bietern, aus denen
dieses Denkmal neulürkischer Baukunst gezimmert war, und durch welche, als
ich mich schlafen gelegt, ein kalter Regen hereinströmte, der mich windelweich
durchnäßte." —
Am andern Morgen gab es wieder schwarzen Kaffee und Tschibbuk, auch
kam mit vielem Dank von Seiten der Türkenfrau für das Zuckerwerk, das
ihr die Frau des Verfassers durch diesen übersandt hatte, das versprochne
stickce Tuch an, welches später die Kinder des letzteren bedeckte, wenn sie zur
Taufe getragen wurden. Dann wurde ein Ritt durch die Besitzungen Mas/
und's angetreten, von dem uns das Buch wieder selbst berichten soll.
„Traurig und öde genug war das, was sich meinen Augen bot: stun¬
denweit sich hinstreckende Gründe, die nicht bearbeitet waren und Pflug und
Samen nicht eher sehen werden, als bis eine nicht türkische Regierung über
das Wohl und Wehe dieser jungfräulichen Länder zu entscheiden haben wird
— prächtige Eichenwälder in ungebrochenen Bestände, in denen hier und da
die alten Baumriesen todt und halbverfaull auf dem Boden lagen, während aus
ihrem ehrwürdigen Leibe ganze Generationen jungen Nachwuchses empor'-
sproßten — ungeschlachte, halbnackte, schmutzige Bauern, dem Anzug nach
böhmische Christen, deren Verkommenheit ihnen kaum erlaubt, dort des Lebens
dringendste Nothdurft einzuheimsen, wo der Natur verschwenderisch ausgestreute
Fülle sich ihrem blöden Augen bietet — elende Lehmhütten, spärlich auf der
Ebne sichtbar, in denen die Familien mit ihrem Viehstände gemeinsam Hausen
über dem Ganzen die grauen Regenwolken eines trüben Ocrobertagcs. ein¬
förmig, einfarbig, durch nichts unterbrochen als durch eine unzählbare Menge
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |