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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Erfolg Ihrer Bemühungen für die Kunst. Sind es diese und die Wissenschaft
doch, die uns ein höheres Leben andeuten und hoffen lassen."

Aeußeres Besserbefinden und erneute innere Harmonie durch Schauen und
Schaffen beleben endlich aufs neue Muth und Hoffnung, es weht wieder "das
Fähnlein auf dem weißen Thurme". Und Frau von Liezbaur notirte sich
ausdrücklich von Holz'Erzählungen aus: "Beethoven beendigte sein Quartett
in im September 1824." Und es ist nicht blos dies der Hauptsache nach
richtig; sondern auch von dem weiter projectirten Op. 132 woll) müssen
manche weiteren Entwürfe schon in diesem Sommer fertig geworden sein, denn
im Winter selbst ward nur "gearbeitet" d. h. in Partitur gesetzt, und sogar
Op. 130 (ZZ nur) muß schon in diesem Sommer Keime seiner Existenz an¬
gesetzt haben; denn im nächsten Frühjahr wird sogar schon an seinem ur¬
sprünglichen Finale Op. 133 gearbeitet. So heißt es denn auch am
23. Sept. unter allerhand Scherzen gegen den "großmächtigster Intendanten
aller Sing- und Brummvereine, des k. k. sah. General-Molonzello", den Di-
lettanten:c. Hau schla, der Secretatr des Musikvereins war: daß man, in die
Stadt gelangt, das Bernardische Oratorium "der Sieg des Kreuzes" ganz
gewiß in Musik setzen und baldigst beendigen werde, und obendrein am
26. Sept. gegen Diabelli: "Jetzt unterdessen verspreche ich Ihnen das Quar¬
tett etwas über 6 Wochen einhändigen zu können -- Ihre Wünsche werde
ich beachten, ohne aber meiner künstlerischen Freiheit Eintracht s!Z zu
thun. -- Mit dem Honorar von 100 Duc. in Gold bin ich zufrieden."

Allein so sehr der Künstler hier die Aufgabe stets ernster nimmt und
nur schreiben möchte "was ihm der Geist eingibt", so hat doch der Mensch
stets wieder an die nacktesten Nothwendigkeiten zu denken und zwar vor allem
um des Neffen willen, der obendrein die "Sorgen an die Zukunft" jetzt noch durch
bittere Sorgen für die Gegenwart zu vermehren beginnt. Schon in Penztng
schrieb dieser selbst von seinem 1. Jahr der Philosophie auf: "Ich will ganz
aufrichtig sein. Es ist jetzt zu weit gekommen um noch zurückzuhalten. Es
war gleich anfangs Mangel an Lust für die Gegenstände, der mich hinderte,
die Collegien gehörig zu besuchen und daher kam's auch, daß ich manche
schwärzte. Du selbst vermuthest, daß die Prüfung nicht gut ausfallen werde,
und leider! auch ich. -- Von Anfang nochmal beginnen? Ich glaube nicht,
daß ich die Schande ertragen würde, hinter so vielen Andern zu sein, mit denen
ich zugleich angefangen habe. Zudem was werden Giarmatasios und viele
andere dazu sagen! Ich werde Gegenstand ihrer Spöttereien und leider nicht
mit Unrecht. Wie das mir schaden kann, weißt Du selbst." Er wünscht
Soldat zu werden, damals in Oesterreich wo der Volksmund sang: "Hunde,
H----. Kaffeehaus, Machen einen österreichischen Offizieren aus!" -- Diesmal
wird jedoch das erforderliche Examen noch bestanden. Jetzt aber gar, wo der


Erfolg Ihrer Bemühungen für die Kunst. Sind es diese und die Wissenschaft
doch, die uns ein höheres Leben andeuten und hoffen lassen."

Aeußeres Besserbefinden und erneute innere Harmonie durch Schauen und
Schaffen beleben endlich aufs neue Muth und Hoffnung, es weht wieder „das
Fähnlein auf dem weißen Thurme". Und Frau von Liezbaur notirte sich
ausdrücklich von Holz'Erzählungen aus: „Beethoven beendigte sein Quartett
in im September 1824." Und es ist nicht blos dies der Hauptsache nach
richtig; sondern auch von dem weiter projectirten Op. 132 woll) müssen
manche weiteren Entwürfe schon in diesem Sommer fertig geworden sein, denn
im Winter selbst ward nur „gearbeitet" d. h. in Partitur gesetzt, und sogar
Op. 130 (ZZ nur) muß schon in diesem Sommer Keime seiner Existenz an¬
gesetzt haben; denn im nächsten Frühjahr wird sogar schon an seinem ur¬
sprünglichen Finale Op. 133 gearbeitet. So heißt es denn auch am
23. Sept. unter allerhand Scherzen gegen den „großmächtigster Intendanten
aller Sing- und Brummvereine, des k. k. sah. General-Molonzello", den Di-
lettanten:c. Hau schla, der Secretatr des Musikvereins war: daß man, in die
Stadt gelangt, das Bernardische Oratorium „der Sieg des Kreuzes" ganz
gewiß in Musik setzen und baldigst beendigen werde, und obendrein am
26. Sept. gegen Diabelli: „Jetzt unterdessen verspreche ich Ihnen das Quar¬
tett etwas über 6 Wochen einhändigen zu können — Ihre Wünsche werde
ich beachten, ohne aber meiner künstlerischen Freiheit Eintracht s!Z zu
thun. — Mit dem Honorar von 100 Duc. in Gold bin ich zufrieden."

Allein so sehr der Künstler hier die Aufgabe stets ernster nimmt und
nur schreiben möchte „was ihm der Geist eingibt", so hat doch der Mensch
stets wieder an die nacktesten Nothwendigkeiten zu denken und zwar vor allem
um des Neffen willen, der obendrein die „Sorgen an die Zukunft" jetzt noch durch
bittere Sorgen für die Gegenwart zu vermehren beginnt. Schon in Penztng
schrieb dieser selbst von seinem 1. Jahr der Philosophie auf: „Ich will ganz
aufrichtig sein. Es ist jetzt zu weit gekommen um noch zurückzuhalten. Es
war gleich anfangs Mangel an Lust für die Gegenstände, der mich hinderte,
die Collegien gehörig zu besuchen und daher kam's auch, daß ich manche
schwärzte. Du selbst vermuthest, daß die Prüfung nicht gut ausfallen werde,
und leider! auch ich. — Von Anfang nochmal beginnen? Ich glaube nicht,
daß ich die Schande ertragen würde, hinter so vielen Andern zu sein, mit denen
ich zugleich angefangen habe. Zudem was werden Giarmatasios und viele
andere dazu sagen! Ich werde Gegenstand ihrer Spöttereien und leider nicht
mit Unrecht. Wie das mir schaden kann, weißt Du selbst." Er wünscht
Soldat zu werden, damals in Oesterreich wo der Volksmund sang: „Hunde,
H----. Kaffeehaus, Machen einen österreichischen Offizieren aus!" — Diesmal
wird jedoch das erforderliche Examen noch bestanden. Jetzt aber gar, wo der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/215>, abgerufen am 22.07.2024.