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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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in der Ausübung eines Theiles von Straßenpolizei. Es lag ihm nämlich
unter anderem ob, durch seine Leute die Sperrung der Straßen, was bei be¬
sonderen Gelegenheiten, Festen unruhigen Zeiten und Nachts nach Polizei¬
stunde durch vorgehängte große Ketten geschah, zu besorgen. Unter diesem
Stadtbaumeister ist also ein zünftiger Meister, der in städtischen Dienst getreten
ist, zu denken.

Natürlich liegt der städtischen Zunft ob, auch die Grenzregulirungen bei
Uebergriffen von verwandten Zünften zu besorgen. Letzteres sind z. B. Bild¬
schnitzer, welche durch ihre Beschäftigung mit plastischen Werken in Holz wohl
auch darauf geführt wurden den Steinmeißel zu schwingen. Dieser Uebergriff
ist verboten: Wenn Bildschnitzer, die in Steinwerk nicht gedient haben, Stein¬
werk arbeiten, so soll ihnen kein Meister und Geselle helfen. Doch darf er
Bildwerk, Grabstein, Schild und Helm hauen, dazu ihm denn einer (nämlich
Gesell) vergönnt werden soll. Aber Thür, Fenster, Sacramenrsgehäus oder
Gewölb ist ihm verboten.

Ebenso kam es vor, daß Maurer, die zu ihren Bauten erforderlichen
Steinmetzarbeiten selbst anfertigten. Dies ist gleichfalls untersagt, so weit
es sich nicht um Reparaturen handelt -- letztere sollen sie ausführen dürfen.

Unter den zünftigen Steinmetzen haben wir jene Meister zu suchen, deren
unübertreffliche Altarwerke. Kanzeln, Sacramentshäuser und Grabsteine wir
noch heute bewundern. Es sind dies Kirchenausschmückungen, die selten mit
dem Bau des Gebäudes gleichzeitig ausgeführt wurden; vielmehr pflegen sie
als Verschönerungen von den Kirchenvorständen oder als fromme Stiftungen
von Privatpersonen ganz in gleicher Weise in Contract gegeben zu werden,
wie wir dies früher schon einmal von kirchlichen Malereien schilderten.

Es wird nicht uninteressant sein in dem Beispiele eines berühmten
Werkes durch den auszugsweise mitgetheilten Contract zu zeigen, wie detaillirt
nicht allein Preis und Lieferzeit, sondern auch die künstlerische Ausführung
contraclich festgestellt wurde.

Das mitzutheilende Document bezieht sich auf das berühmte Sacraments-
haus Adam Crafts in der Lorenzkirche in Nürnberg, welches von Hans
Jmhof laut Abred und Gebirg vom Pfintztag an Se. Marxtag 1493 dem
ebengenannten Meister zur Ausführung übertragen wurde.

Da dem Contracte keine ausgeführte Bauzeichnung sondern nur eine Skizze
zu Grunde liegt, werden die folgenden Bestimmungen ausdrücklich festgestellt.
Bekanntlich besteht das Kraft'sche Sacramentshaus aus einer Art niedriger
Tribüne, welche von gothischen Bogen und den knieenden Gestalten des
Meisters und zweier Gesellen getragen wird. Aus der Mitte dieser Tribüne
erhebt sich der Weihbrodschrank in vierseitiger aus seinen Ecksäulen und
Fensterwerk bestehenden Gestalt. Hierüber steigt die künstlich ausgearbeitete


in der Ausübung eines Theiles von Straßenpolizei. Es lag ihm nämlich
unter anderem ob, durch seine Leute die Sperrung der Straßen, was bei be¬
sonderen Gelegenheiten, Festen unruhigen Zeiten und Nachts nach Polizei¬
stunde durch vorgehängte große Ketten geschah, zu besorgen. Unter diesem
Stadtbaumeister ist also ein zünftiger Meister, der in städtischen Dienst getreten
ist, zu denken.

Natürlich liegt der städtischen Zunft ob, auch die Grenzregulirungen bei
Uebergriffen von verwandten Zünften zu besorgen. Letzteres sind z. B. Bild¬
schnitzer, welche durch ihre Beschäftigung mit plastischen Werken in Holz wohl
auch darauf geführt wurden den Steinmeißel zu schwingen. Dieser Uebergriff
ist verboten: Wenn Bildschnitzer, die in Steinwerk nicht gedient haben, Stein¬
werk arbeiten, so soll ihnen kein Meister und Geselle helfen. Doch darf er
Bildwerk, Grabstein, Schild und Helm hauen, dazu ihm denn einer (nämlich
Gesell) vergönnt werden soll. Aber Thür, Fenster, Sacramenrsgehäus oder
Gewölb ist ihm verboten.

Ebenso kam es vor, daß Maurer, die zu ihren Bauten erforderlichen
Steinmetzarbeiten selbst anfertigten. Dies ist gleichfalls untersagt, so weit
es sich nicht um Reparaturen handelt — letztere sollen sie ausführen dürfen.

Unter den zünftigen Steinmetzen haben wir jene Meister zu suchen, deren
unübertreffliche Altarwerke. Kanzeln, Sacramentshäuser und Grabsteine wir
noch heute bewundern. Es sind dies Kirchenausschmückungen, die selten mit
dem Bau des Gebäudes gleichzeitig ausgeführt wurden; vielmehr pflegen sie
als Verschönerungen von den Kirchenvorständen oder als fromme Stiftungen
von Privatpersonen ganz in gleicher Weise in Contract gegeben zu werden,
wie wir dies früher schon einmal von kirchlichen Malereien schilderten.

Es wird nicht uninteressant sein in dem Beispiele eines berühmten
Werkes durch den auszugsweise mitgetheilten Contract zu zeigen, wie detaillirt
nicht allein Preis und Lieferzeit, sondern auch die künstlerische Ausführung
contraclich festgestellt wurde.

Das mitzutheilende Document bezieht sich auf das berühmte Sacraments-
haus Adam Crafts in der Lorenzkirche in Nürnberg, welches von Hans
Jmhof laut Abred und Gebirg vom Pfintztag an Se. Marxtag 1493 dem
ebengenannten Meister zur Ausführung übertragen wurde.

Da dem Contracte keine ausgeführte Bauzeichnung sondern nur eine Skizze
zu Grunde liegt, werden die folgenden Bestimmungen ausdrücklich festgestellt.
Bekanntlich besteht das Kraft'sche Sacramentshaus aus einer Art niedriger
Tribüne, welche von gothischen Bogen und den knieenden Gestalten des
Meisters und zweier Gesellen getragen wird. Aus der Mitte dieser Tribüne
erhebt sich der Weihbrodschrank in vierseitiger aus seinen Ecksäulen und
Fensterwerk bestehenden Gestalt. Hierüber steigt die künstlich ausgearbeitete


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/194>, abgerufen am 22.07.2024.