Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.Wer nach dem Gesagten unbefangenen Blicks die Oktoberwahl von Ohio Was endlich noch die etwaigen Folgen des Resultates der Ohiowahl an¬ Rudolf Doehn. Wer nach dem Gesagten unbefangenen Blicks die Oktoberwahl von Ohio Was endlich noch die etwaigen Folgen des Resultates der Ohiowahl an¬ Rudolf Doehn. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0184" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134530"/> <p xml:id="ID_520"> Wer nach dem Gesagten unbefangenen Blicks die Oktoberwahl von Ohio<lb/> und die dabei hauptsächlich mitwirkenden Factoren ins Auge faßt, kann nicht<lb/> umhin zu gestehen, daß der Sieg der Republikaner in Ohio über die dortigen<lb/> Demokraten im Wesentlichen durch die Beschlüsse der New-Uorker Demokratie,<lb/> die man gegenwärtig meistens als die „Tilden-Demokratie" zu bezeichnen<lb/> pflegt, und die so bereitwillig und wirksam geleistete Hülfe von Karl Schurz<lb/> erfochten worden ist. Ganz ohne günstigen Einfluß sind natürlich auch einige<lb/> andere Umstände nicht gewesen. Wir rechnen hierher eine Volksabstimmung im<lb/> Staate New-Jersey über einige Zusätze zur dortigen Staatsverfassung, welche<lb/> den Ultramontanen jeden Einfluß aus die Volksschulen abschneiden und<lb/> allen Sectenschulen den Mitgenuß des öffentlichen Schulfonds versagen. Auch<lb/> eine Rede, welche Präsident Grant kurz vor der Ohiowahl in der Stadt<lb/> Desmoines im Staate Iowa hielt und worin er sehr bestimmt auf die von den<lb/> Ultramontanen den freiheitlichen Institutionen der Vereinigten Staaten drohen¬<lb/> den Gefahren hinwies, feuerte die patriotischen und freisinnigen Wähler von<lb/> Ohio an, gegen die demokratische Partei zu stimmen, da diese lebhaft von<lb/> den Ultramontanen unterstützt wurde. Die Hülfe der Römlinge hat somit<lb/> den Ohiodemokraten mehr geschadet, als genützt.</p><lb/> <p xml:id="ID_521"> Was endlich noch die etwaigen Folgen des Resultates der Ohiowahl an¬<lb/> betrifft, so läßt sich darüber bis jetzt wenig Bestimmtes sagen. In Pennsyl-<lb/> vanien wird die Jnflationspartei unter allen Umständen siegen, denn dort<lb/> haben sowohl die Republikaner, als auch die Demokraten die Jnflations-<lb/> theorien auf ihr Banner geschrieben. Im Staate New-Aork triumphirt selbst¬<lb/> verständlich die Hartgeldpartei, weil dort beide Parteien, die Republikaner<lb/> wie auch die Demokraten, dieselbe vertreten. Auf die im nächsten Jahre statt¬<lb/> findende Präsidentenwahl aber kann und wird das Ergebniß der Ohiowahl nur<lb/> günstig einwirken, mag der Candidat der Demokraten oder der Candidat der Repu¬<lb/> blikaner siegreich aus der Wahlurne hervorgehen. Wenn aber der Telegraph,welcher<lb/> die Nachricht von dem Siege der Republikaner in Ohio brachte, auch als eine<lb/> Folge davon die Wiederherstellung der Einheit in der republikanischen Partei in<lb/> sichere Aussicht stellte, so ist diese Meldung jedenfalls zu gewagt und nach der<lb/> Parteistellung, die Schurz in seiner Rede vom 27. v. M. einnahm, ganz un¬<lb/> begründet. Viel eher wäre noch das Zustandekommen einer dritten Partei,<lb/> der Partei der „Unabhängigen" (^lläexenäöllts), der, wie gesagt, Schurz an¬<lb/> gehört, bis Mai des Jahres 1876 im Bereiche der Möglichkeit.</p><lb/> <note type="byline"> Rudolf Doehn.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0184]
Wer nach dem Gesagten unbefangenen Blicks die Oktoberwahl von Ohio
und die dabei hauptsächlich mitwirkenden Factoren ins Auge faßt, kann nicht
umhin zu gestehen, daß der Sieg der Republikaner in Ohio über die dortigen
Demokraten im Wesentlichen durch die Beschlüsse der New-Uorker Demokratie,
die man gegenwärtig meistens als die „Tilden-Demokratie" zu bezeichnen
pflegt, und die so bereitwillig und wirksam geleistete Hülfe von Karl Schurz
erfochten worden ist. Ganz ohne günstigen Einfluß sind natürlich auch einige
andere Umstände nicht gewesen. Wir rechnen hierher eine Volksabstimmung im
Staate New-Jersey über einige Zusätze zur dortigen Staatsverfassung, welche
den Ultramontanen jeden Einfluß aus die Volksschulen abschneiden und
allen Sectenschulen den Mitgenuß des öffentlichen Schulfonds versagen. Auch
eine Rede, welche Präsident Grant kurz vor der Ohiowahl in der Stadt
Desmoines im Staate Iowa hielt und worin er sehr bestimmt auf die von den
Ultramontanen den freiheitlichen Institutionen der Vereinigten Staaten drohen¬
den Gefahren hinwies, feuerte die patriotischen und freisinnigen Wähler von
Ohio an, gegen die demokratische Partei zu stimmen, da diese lebhaft von
den Ultramontanen unterstützt wurde. Die Hülfe der Römlinge hat somit
den Ohiodemokraten mehr geschadet, als genützt.
Was endlich noch die etwaigen Folgen des Resultates der Ohiowahl an¬
betrifft, so läßt sich darüber bis jetzt wenig Bestimmtes sagen. In Pennsyl-
vanien wird die Jnflationspartei unter allen Umständen siegen, denn dort
haben sowohl die Republikaner, als auch die Demokraten die Jnflations-
theorien auf ihr Banner geschrieben. Im Staate New-Aork triumphirt selbst¬
verständlich die Hartgeldpartei, weil dort beide Parteien, die Republikaner
wie auch die Demokraten, dieselbe vertreten. Auf die im nächsten Jahre statt¬
findende Präsidentenwahl aber kann und wird das Ergebniß der Ohiowahl nur
günstig einwirken, mag der Candidat der Demokraten oder der Candidat der Repu¬
blikaner siegreich aus der Wahlurne hervorgehen. Wenn aber der Telegraph,welcher
die Nachricht von dem Siege der Republikaner in Ohio brachte, auch als eine
Folge davon die Wiederherstellung der Einheit in der republikanischen Partei in
sichere Aussicht stellte, so ist diese Meldung jedenfalls zu gewagt und nach der
Parteistellung, die Schurz in seiner Rede vom 27. v. M. einnahm, ganz un¬
begründet. Viel eher wäre noch das Zustandekommen einer dritten Partei,
der Partei der „Unabhängigen" (^lläexenäöllts), der, wie gesagt, Schurz an¬
gehört, bis Mai des Jahres 1876 im Bereiche der Möglichkeit.
Rudolf Doehn.
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