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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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der Name allein genügend, den Ursprung, die Geschichte, oder den Weg der
Einführung eines Thieres oder einer Pflanze zu enthüllen. So folgert er
mit Recht aus der deutschen Benennung Apfelsine (d. h. chinesischer Apfel)
und der italienischen portvMlIo, daß die süße Pomeranze erst durch die Portu¬
giesen aus China nach Europa gebracht worden ist, während das vom per¬
sischen nkrvng abgeleitete arabische on-rang, von welchem das italienische arg."-
eio und das durch den hineinspielenden Begriff von or, Gold, etwas ab¬
weichend lautende französische oranM herrührt, darauf hindeutet, daß Europa
die Orange der Epoche der Araber verdankt, die sie in Persien kennen ge¬
lernt hatten.

Aus dem Umstand, daß eatus in allen romanischen Sprachen vorhanden
ist und nur im Walachischen fehlt, schließt unser Versasser, daß es erst auf¬
gekommen sein kann, als Dazien bereits eine Beute der Barbaren geworden
und die dortige lateinische Sprache isolirt war, und die allgemein europäische
Benennung "Marmelade", welche vom portugiesischen ma-rmolv (spanisch
mömdi'illo). Quitte, Quittenmus, hergeleitet ist, führt ihn zu der Annahme,
daß die Quitten die ersten zum Einkochen benutzten Früchte waren.

Der Lorbeer und die Myrte, heutiges Tages so verbreitet im südlichen
Europa, gelangten im Gefolge der religiösen Culte des Apollo und der Aphrodite
von Ort zu Ort weiter nach Westen, und sogar der immergrüne Buchsbaum,
der jetzt unbedenklich zur südeuropäischen Flora gerechnet wird, scheint ur¬
sprünglich nicht in Italien heimisch gewesen zu sein, da sein lateinischer Name
dem griechischen entlehnt ist.

Religiöser Verkehr hat auch in alter Zeit den Granatbaum nach Europa
gebracht, und die griechische Benennung der Granatäpfel legt hinläng'
kleb Zeugniß für die Herkunft dieses Gewächses aus semitischem Sprach'
und Culturkreis ab, indem der phönizische Name rimmon lautet.
"

Daß die Kirschen, "die Lust der Knaben und der Vögel, wie V. Hehn
sie nennt, zuerst vom reichen Lucullus in Italien eingeführt worden sind,
ist eben so bekannt, wie die Abstammung der Pfirsich und Aprikose aus dern
inneren Asien. Letztere beide wurden im ersten Jahrhundert der Kaiser-
Herrschaft in Italien verbreitet und hießen anfangs "persische Früchte".
Um sie jedoch besser zu unterscheiden, erhielt eine früh reifende Art derselben
den Beinamen pra,vno<zug., praoeveia, welcher sich in mittelgriechischem Munde
allmählich in berilcukg,, borlkoka verwandelte. Aus dieser entstellten ForB
bildeten die Araber mit Vorsetzung des Artikels ihr a1-ba,r<züci, das
Bezeichnung der Aprikose nun wiederum von den Abendländern angenommen
und spanisch in aldÄrico^us, italienisch in tüdvreoeeo, albicoceo, französisch in
n,drin<it, und aus diesem deutsch in Aprikose verändert wurde. Aus dem alten
jM-sinum aber ist das italienische porZici., p-.!ete!>., das französische pomo, das


der Name allein genügend, den Ursprung, die Geschichte, oder den Weg der
Einführung eines Thieres oder einer Pflanze zu enthüllen. So folgert er
mit Recht aus der deutschen Benennung Apfelsine (d. h. chinesischer Apfel)
und der italienischen portvMlIo, daß die süße Pomeranze erst durch die Portu¬
giesen aus China nach Europa gebracht worden ist, während das vom per¬
sischen nkrvng abgeleitete arabische on-rang, von welchem das italienische arg.»-
eio und das durch den hineinspielenden Begriff von or, Gold, etwas ab¬
weichend lautende französische oranM herrührt, darauf hindeutet, daß Europa
die Orange der Epoche der Araber verdankt, die sie in Persien kennen ge¬
lernt hatten.

Aus dem Umstand, daß eatus in allen romanischen Sprachen vorhanden
ist und nur im Walachischen fehlt, schließt unser Versasser, daß es erst auf¬
gekommen sein kann, als Dazien bereits eine Beute der Barbaren geworden
und die dortige lateinische Sprache isolirt war, und die allgemein europäische
Benennung „Marmelade", welche vom portugiesischen ma-rmolv (spanisch
mömdi'illo). Quitte, Quittenmus, hergeleitet ist, führt ihn zu der Annahme,
daß die Quitten die ersten zum Einkochen benutzten Früchte waren.

Der Lorbeer und die Myrte, heutiges Tages so verbreitet im südlichen
Europa, gelangten im Gefolge der religiösen Culte des Apollo und der Aphrodite
von Ort zu Ort weiter nach Westen, und sogar der immergrüne Buchsbaum,
der jetzt unbedenklich zur südeuropäischen Flora gerechnet wird, scheint ur¬
sprünglich nicht in Italien heimisch gewesen zu sein, da sein lateinischer Name
dem griechischen entlehnt ist.

Religiöser Verkehr hat auch in alter Zeit den Granatbaum nach Europa
gebracht, und die griechische Benennung der Granatäpfel legt hinläng'
kleb Zeugniß für die Herkunft dieses Gewächses aus semitischem Sprach'
und Culturkreis ab, indem der phönizische Name rimmon lautet.
"

Daß die Kirschen, „die Lust der Knaben und der Vögel, wie V. Hehn
sie nennt, zuerst vom reichen Lucullus in Italien eingeführt worden sind,
ist eben so bekannt, wie die Abstammung der Pfirsich und Aprikose aus dern
inneren Asien. Letztere beide wurden im ersten Jahrhundert der Kaiser-
Herrschaft in Italien verbreitet und hießen anfangs „persische Früchte".
Um sie jedoch besser zu unterscheiden, erhielt eine früh reifende Art derselben
den Beinamen pra,vno<zug., praoeveia, welcher sich in mittelgriechischem Munde
allmählich in berilcukg,, borlkoka verwandelte. Aus dieser entstellten ForB
bildeten die Araber mit Vorsetzung des Artikels ihr a1-ba,r<züci, das
Bezeichnung der Aprikose nun wiederum von den Abendländern angenommen
und spanisch in aldÄrico^us, italienisch in tüdvreoeeo, albicoceo, französisch in
n,drin<it, und aus diesem deutsch in Aprikose verändert wurde. Aus dem alten
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/118>, abgerufen am 22.07.2024.