Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.Kuh dem Llsasz. Endlich hat der echte Frühling seinen Einzug in daß Elsaß gehalten Mit dem neuen Frühling ist auch der neue Bezirks-Präsident des Ober- Bei den Obergerichten in Colmar schwebt augenblicklich ein interessanter Kuh dem Llsasz. Endlich hat der echte Frühling seinen Einzug in daß Elsaß gehalten Mit dem neuen Frühling ist auch der neue Bezirks-Präsident des Ober- Bei den Obergerichten in Colmar schwebt augenblicklich ein interessanter <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0075" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133363"/> </div> </div> <div n="1"> <head> Kuh dem Llsasz.</head><lb/> <p xml:id="ID_223"> Endlich hat der echte Frühling seinen Einzug in daß Elsaß gehalten<lb/> und die schöne, warme Aprilsonne lockt unwillkürlich ins Freie, in die Berge.<lb/> Die bis in die Ostertage hinein andauernde Kälte und unfreundliche Witte¬<lb/> rung sing allerdings nachgerade an, ungemüthlich zu werden, zumal der<lb/> elscissische Winter in diesem Jahre eine durchaus unmotivirte Ausnahme von<lb/> seinen frühern Gepflogenheiten, nämlich einer möglichst wohlwollenden Milde<lb/> und einer möglichst kurzen Dauer, gemacht hat. Die ältesten Leute hier und<lb/> in Straßburg wissen sich kaum eines Winters zu erinnern, der volle sechs<lb/> Monate lang fast so ununterbrochen kalte und häßliche Tage brachte, wie der<lb/> heurige; und die Störche, diese wackern Frühlingsboten, die uns schon Mitte<lb/> März mit ihrem willkommenen Besuche erfreut hatten, machten schon hier und<lb/> da Miene, uns mit Sack und Pack wiederum den Rücken zu kehren. Es wäre<lb/> den armen Langbeinen allerdings kaum zu verdenken gewesen, denn da oben,<lb/> auf den Firsten der Dächer und Thürme, muß es in den letzten Nächten, die<lb/> durchschnittlich noch Reif und Frost brachten, wirklich recht herzlich kalt und<lb/> unangenehm gewesen sein. Die Bauern und Rebmänner sind aber doch ganz<lb/> zufrieden mit dieser Witterung und gründen darauf die leider nur zu oft<lb/> trügerische Hoffnung, daß die Felder und Weinberge nun auch vor den schäd¬<lb/> lichen Weinfrösten verschont bleiben möchten. —</p><lb/> <p xml:id="ID_224"> Mit dem neuen Frühling ist auch der neue Bezirks-Präsident des Ober-<lb/> Elsasses, Herr von Ernsthausen, in der oberelsässischen Metropole einge¬<lb/> troffen. Der in Colmar erscheinende „Elsässische Anzeiger" (^.tüelws ^Isa-<lb/> eivrmös) empfängt denselben mit folgenden charakteristischen Zeilen: „Der Ruf<lb/> der Biederkeit, welcher demselben vorangeht, und das Bedauern, welches er<lb/> in dem Unter-Elsaß hinterläßt, sind ein sicherer Bürge der ihn hier erwar¬<lb/> tenden Sympathien!"</p><lb/> <p xml:id="ID_225" next="#ID_226"> Bei den Obergerichten in Colmar schwebt augenblicklich ein interessanter<lb/> Monstre-Prozeß, der durch seinen Gegenstand auch für weitere Kreise, na¬<lb/> mentlich auch jenseits des Rheines, von einiger Bedeutung werden dürfte.<lb/> Er dreht sich nämlich um das in letzter Zeit vornehmlich in der rheinischen<lb/> Presse in seinem Für und Wider öfter behandelte.Kapitel der Weinver¬<lb/> fälschung. Die Hauptfrage ist die, ob und in wie weit ein Weinfabrikant,<lb/> der seinen Kunden statt echten Naturweins geschmierte Waare als „Wein"<lb/> verkauft, als Betrüger verfolgt werden kann, und in welchem Maße er durch<lb/> die Art jener Fabrikation als strafbar erscheint. Ich bin in den Stand ge¬<lb/> setzt, Ihnen in Kurzem die an und für sich sehr lehrreiche Prozeßgeschichte,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0075]
Kuh dem Llsasz.
Endlich hat der echte Frühling seinen Einzug in daß Elsaß gehalten
und die schöne, warme Aprilsonne lockt unwillkürlich ins Freie, in die Berge.
Die bis in die Ostertage hinein andauernde Kälte und unfreundliche Witte¬
rung sing allerdings nachgerade an, ungemüthlich zu werden, zumal der
elscissische Winter in diesem Jahre eine durchaus unmotivirte Ausnahme von
seinen frühern Gepflogenheiten, nämlich einer möglichst wohlwollenden Milde
und einer möglichst kurzen Dauer, gemacht hat. Die ältesten Leute hier und
in Straßburg wissen sich kaum eines Winters zu erinnern, der volle sechs
Monate lang fast so ununterbrochen kalte und häßliche Tage brachte, wie der
heurige; und die Störche, diese wackern Frühlingsboten, die uns schon Mitte
März mit ihrem willkommenen Besuche erfreut hatten, machten schon hier und
da Miene, uns mit Sack und Pack wiederum den Rücken zu kehren. Es wäre
den armen Langbeinen allerdings kaum zu verdenken gewesen, denn da oben,
auf den Firsten der Dächer und Thürme, muß es in den letzten Nächten, die
durchschnittlich noch Reif und Frost brachten, wirklich recht herzlich kalt und
unangenehm gewesen sein. Die Bauern und Rebmänner sind aber doch ganz
zufrieden mit dieser Witterung und gründen darauf die leider nur zu oft
trügerische Hoffnung, daß die Felder und Weinberge nun auch vor den schäd¬
lichen Weinfrösten verschont bleiben möchten. —
Mit dem neuen Frühling ist auch der neue Bezirks-Präsident des Ober-
Elsasses, Herr von Ernsthausen, in der oberelsässischen Metropole einge¬
troffen. Der in Colmar erscheinende „Elsässische Anzeiger" (^.tüelws ^Isa-
eivrmös) empfängt denselben mit folgenden charakteristischen Zeilen: „Der Ruf
der Biederkeit, welcher demselben vorangeht, und das Bedauern, welches er
in dem Unter-Elsaß hinterläßt, sind ein sicherer Bürge der ihn hier erwar¬
tenden Sympathien!"
Bei den Obergerichten in Colmar schwebt augenblicklich ein interessanter
Monstre-Prozeß, der durch seinen Gegenstand auch für weitere Kreise, na¬
mentlich auch jenseits des Rheines, von einiger Bedeutung werden dürfte.
Er dreht sich nämlich um das in letzter Zeit vornehmlich in der rheinischen
Presse in seinem Für und Wider öfter behandelte.Kapitel der Weinver¬
fälschung. Die Hauptfrage ist die, ob und in wie weit ein Weinfabrikant,
der seinen Kunden statt echten Naturweins geschmierte Waare als „Wein"
verkauft, als Betrüger verfolgt werden kann, und in welchem Maße er durch
die Art jener Fabrikation als strafbar erscheint. Ich bin in den Stand ge¬
setzt, Ihnen in Kurzem die an und für sich sehr lehrreiche Prozeßgeschichte,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |