Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.weitverzweigte Parteiverschwvrung der Socialdemokratie und der Ultramon¬ Wenn Treitschke den Rector magnificus der Straßburger Hochschule, weitverzweigte Parteiverschwvrung der Socialdemokratie und der Ultramon¬ Wenn Treitschke den Rector magnificus der Straßburger Hochschule, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0515" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133803"/> <p xml:id="ID_1748" prev="#ID_1747"> weitverzweigte Parteiverschwvrung der Socialdemokratie und der Ultramon¬<lb/> tanen, das Rechtsgefühl der Massen zu zerstören sucht, — von diesen Pflichten<lb/> der Arbeiter war in Eisenach kaum einmal die Rede. Vor allem aber schaute<lb/> aus den Reden und Schriften der Hauptleiter des Eisenacher Vereins dieselbe<lb/> sinnliche Ueberschätzung der wirthschaftlichen Güter hervor, durch welche die<lb/> Socialdemokratie die sittlichen Kräfte unsres Volkes so schwer schädigt. Wer<lb/> Treitschke ehrte und hochhielte, freute sich, daß er den späteren Eisenacher Kon¬<lb/> gressen und Beschlüssen fern blieb. Wer seine rückhaltlose Ueberzeugungstreue<lb/> und Wahrheitsliebe kannte, mußte bereits seit längerer Zeit erwarten, daß<lb/> er sich offen über die Eisenacher Gesellschaft und seine Zurückhaltung von den<lb/> weiteren Congressen aussprechen werde. Er hat das in seiner Schrift „der<lb/> Socialismus und seine Gönner" gethan, „um auf diese Schwächen des Eise¬<lb/> nacher Vereins hinzuweisen. Sollte der Widerspruch fruchten, so mußte er<lb/> von befreundeter Seite ausgehen, von einem Manne, den Niemand des Man-<lb/> chesterthums bezichtigen konnte. Aber Alles schwieg; so beschloß ich denn selbst<lb/> zu reden, auf die Gefahr hin von manchem alten Freunde verkannt zu<lb/> werden."</p><lb/> <p xml:id="ID_1749" next="#ID_1750"> Wenn Treitschke den Rector magnificus der Straßburger Hochschule,<lb/> Herrn Professor Gustav Schmoller zu diesen alten Freunden rechnete, so<lb/> hat die Erfahrung gelehrt, daß seine Befürchtung verkannt zu werden,<lb/> allerdings ihren guten Grund hatte. Schmoller hat auf die sieben Druck¬<lb/> bogen der Treitschke'schen Abhandlungen in den Preußischen Jahrbüchern, mit<lb/> mehr als zwanzig Druckbogen „Einige Grundfragen des Rechts und der Volks-<lb/> wirthschaft" geantwortet. Wir haben diese Schrift Schmoller's bei ihrem<lb/> Erscheinen unfern Lesern mit dem Bemerken angezeigt, daß die zu erwartende<lb/> Replik Treitschke's jedenfalls das beste daran sein werde. Diese Replik ist<lb/> nicht ausgeblieben. Sie erschien gleichfalls zuerst in den preußischen Jahr¬<lb/> büchern. Sie ist der vorliegenden Schrift als Anhang beigegeben, unter der<lb/> Ueberschrift „die gerechte Vertheilung der Güter." Durch diesen Nachtrag hat<lb/> die ganze Schrift eine willkommene Abrundung erfahren. Die Auseinander¬<lb/> setzung Treitschke's mit dem lebhaftesten und schroffsten der Kathedersocialisten ist<lb/> hier mit einer Gründlichkeit vollzogen, die in die persönlichen Polemik einer<lb/> Hinrichtung des Gegners nahe kommt, in der Sache eingehende Darlegungen<lb/> enthält, die uns zeigen, worin und warum Treitschke's Standpunkt sich von<lb/> dem Schmoller's in den wichtigsten Streitfragen, namentlich in der Lehre der<lb/> „Gütervertheilung nach Verdienst" unterscheidet. Diesem „Kern der Irr¬<lb/> thümer" Schmoller's ist diese dritte Abhandlung Treitschke's in unsrer Samm¬<lb/> lung hauptsächlich gewidmet. Er will „dadurch zugleich dem in der Presse<lb/> weitverbreiteten Verdachte entgegentreten, als ob unsre gesammte Gelehrtenwelt<lb/> mit der bestehenden Ordnung der Gesellschaft zerfallen sei. . . Manche unsrer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0515]
weitverzweigte Parteiverschwvrung der Socialdemokratie und der Ultramon¬
tanen, das Rechtsgefühl der Massen zu zerstören sucht, — von diesen Pflichten
der Arbeiter war in Eisenach kaum einmal die Rede. Vor allem aber schaute
aus den Reden und Schriften der Hauptleiter des Eisenacher Vereins dieselbe
sinnliche Ueberschätzung der wirthschaftlichen Güter hervor, durch welche die
Socialdemokratie die sittlichen Kräfte unsres Volkes so schwer schädigt. Wer
Treitschke ehrte und hochhielte, freute sich, daß er den späteren Eisenacher Kon¬
gressen und Beschlüssen fern blieb. Wer seine rückhaltlose Ueberzeugungstreue
und Wahrheitsliebe kannte, mußte bereits seit längerer Zeit erwarten, daß
er sich offen über die Eisenacher Gesellschaft und seine Zurückhaltung von den
weiteren Congressen aussprechen werde. Er hat das in seiner Schrift „der
Socialismus und seine Gönner" gethan, „um auf diese Schwächen des Eise¬
nacher Vereins hinzuweisen. Sollte der Widerspruch fruchten, so mußte er
von befreundeter Seite ausgehen, von einem Manne, den Niemand des Man-
chesterthums bezichtigen konnte. Aber Alles schwieg; so beschloß ich denn selbst
zu reden, auf die Gefahr hin von manchem alten Freunde verkannt zu
werden."
Wenn Treitschke den Rector magnificus der Straßburger Hochschule,
Herrn Professor Gustav Schmoller zu diesen alten Freunden rechnete, so
hat die Erfahrung gelehrt, daß seine Befürchtung verkannt zu werden,
allerdings ihren guten Grund hatte. Schmoller hat auf die sieben Druck¬
bogen der Treitschke'schen Abhandlungen in den Preußischen Jahrbüchern, mit
mehr als zwanzig Druckbogen „Einige Grundfragen des Rechts und der Volks-
wirthschaft" geantwortet. Wir haben diese Schrift Schmoller's bei ihrem
Erscheinen unfern Lesern mit dem Bemerken angezeigt, daß die zu erwartende
Replik Treitschke's jedenfalls das beste daran sein werde. Diese Replik ist
nicht ausgeblieben. Sie erschien gleichfalls zuerst in den preußischen Jahr¬
büchern. Sie ist der vorliegenden Schrift als Anhang beigegeben, unter der
Ueberschrift „die gerechte Vertheilung der Güter." Durch diesen Nachtrag hat
die ganze Schrift eine willkommene Abrundung erfahren. Die Auseinander¬
setzung Treitschke's mit dem lebhaftesten und schroffsten der Kathedersocialisten ist
hier mit einer Gründlichkeit vollzogen, die in die persönlichen Polemik einer
Hinrichtung des Gegners nahe kommt, in der Sache eingehende Darlegungen
enthält, die uns zeigen, worin und warum Treitschke's Standpunkt sich von
dem Schmoller's in den wichtigsten Streitfragen, namentlich in der Lehre der
„Gütervertheilung nach Verdienst" unterscheidet. Diesem „Kern der Irr¬
thümer" Schmoller's ist diese dritte Abhandlung Treitschke's in unsrer Samm¬
lung hauptsächlich gewidmet. Er will „dadurch zugleich dem in der Presse
weitverbreiteten Verdachte entgegentreten, als ob unsre gesammte Gelehrtenwelt
mit der bestehenden Ordnung der Gesellschaft zerfallen sei. . . Manche unsrer
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |