Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.Schriftsteller ausgehen, dem Schön's Gedanken und Reden sehr genau bekannt sind. Ich sehe in dieser Brochure die erste öffentliche Frucht der mündlichen Nur in dieser Rolle führt uns den Verfasser von "Woher und Wohin?" Georg
Fein vor, als er im März 18 42 in Straßburg diese Flugschrift mit einem eigenen Nach¬ worte zum Druck beförderte. Schriftsteller ausgehen, dem Schön's Gedanken und Reden sehr genau bekannt sind. Ich sehe in dieser Brochure die erste öffentliche Frucht der mündlichen Nur in dieser Rolle führt uns den Verfasser von „Woher und Wohin?" Georg
Fein vor, als er im März 18 42 in Straßburg diese Flugschrift mit einem eigenen Nach¬ worte zum Druck beförderte. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0500" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133788"/> <p xml:id="ID_1693" prev="#ID_1692"> Schriftsteller ausgehen, dem Schön's Gedanken und Reden sehr genau bekannt sind.<lb/> Die Art und Weise des Vortrages, der Charakterschilderung, des Ausdruckes<lb/> zeigen eine sehr auffallende Verwandtschaft mit Gedanken und Reden Schön's.<lb/> So erinnern uns gleich die Anfangsworte an Redewendungen, wie wir sie<lb/> jetzt in Schön's Papieren lesen. Dieselben lauten: „Auch in der Geschichte<lb/> giebt es Firmen, Namen auf deren Conto alles gesetzt wird, was in der Zeit<lb/> Großes geschieht, obgleich sie oft eben nur den Namen und nicht die Fonds<lb/> hergeben." Und das Verhältniß zwischen Stein und Schön wird uns mit<lb/> den Farben gezeichnet, welche Schön selbst in seinen Aufzeichnungen verwen¬<lb/> det hat: „Stein besaß eine Eigenschaft, die für die damaligen Verhältnisse<lb/> von der größten Wichtigkeit war: Energie des Charakters und Raschheit des<lb/> Entschlusses. Aber ihm fehlte Consequenz und besonnene Ausdauer. Diese<lb/> gab ihm Schön, dem wir Unrecht thun würden, wenn wir ihn die rechte<lb/> Hand Stein's nennen wollten, den wir vielmehr den Kops desselben nennen<lb/> könnten. Schön machte Stein zum Gefäß seiner Ideen; Schön gab die Ge¬<lb/> danken, Stein brachte sie zur Ausführung. So werden wir jenem also un¬<lb/> bedenklich die leitenden Ideen und die Entwürfe der von Stein ausgegangenen<lb/> Reformen vindiciren können." Mit einem complicirten Beweise für seine<lb/> Sätze hält sich der Pamphletist nicht viel aus. Stein war Aristokrat; die<lb/> Gesetze haben einen demokratischen Charakter; dieser Widerspruch hebt sich<lb/> durch die Annahme, daß die Ideen zu diesen Gesetzen von Schön ausgegangen<lb/> sind: so lautet kurz und bündig die Schlußfolgerung des anonymen Sängers.</p><lb/> <p xml:id="ID_1694" next="#ID_1695"> Ich sehe in dieser Brochure die erste öffentliche Frucht der mündlichen<lb/> Erzählungen Schön's an seine Umgebung. Aus den Kreisen Schön'scher Freunde<lb/> stammt sie. Schön's mündlich vorgetragene Auffassung verkündigt sie zum<lb/> ersten Male dem großen Publikum, in der deutlichen Absicht für Schön als<lb/> Staatsmann Propaganda zu machen. Ich betone noch einmal: diese Bro¬<lb/> chure hat die Tendenz, die „bisherige Annahme" umzustoßen, eine neue<lb/> Auffassung an Stelle der bis dahin geltenden zu setzen; Schön's Namen „aus<lb/> dem großen Hauptbuche der Geschichte auszuziehen und seinen Thaten ein<lb/> besonderes Conto zu eröffnen." Bis dahin hatte Schön gegolten als ein Be¬<lb/> rather und Mitarbeiter, ein Gehülfe Stein's*): unser Autor weiß daß er eine<lb/> weit höhere Bedeutung gehabt hat, wie dies bisher erst einem „kleinen Kreise"<lb/> bekannt geworden sei; daß Schön mit dem Gedanken umging, seine „Me¬<lb/> moiren" zu schreiben, deutet er schon an (S. 7): die Vermuthung liegt nahe,<lb/> daß dieser Brochurenschreiber die Aufzeichnungen Schön's von 1838 gekannt</p><lb/> <note xml:id="FID_107" place="foot"> Nur in dieser Rolle führt uns den Verfasser von „Woher und Wohin?" Georg<lb/> Fein vor, als er im März 18 42 in Straßburg diese Flugschrift mit einem eigenen Nach¬<lb/> worte zum Druck beförderte.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0500]
Schriftsteller ausgehen, dem Schön's Gedanken und Reden sehr genau bekannt sind.
Die Art und Weise des Vortrages, der Charakterschilderung, des Ausdruckes
zeigen eine sehr auffallende Verwandtschaft mit Gedanken und Reden Schön's.
So erinnern uns gleich die Anfangsworte an Redewendungen, wie wir sie
jetzt in Schön's Papieren lesen. Dieselben lauten: „Auch in der Geschichte
giebt es Firmen, Namen auf deren Conto alles gesetzt wird, was in der Zeit
Großes geschieht, obgleich sie oft eben nur den Namen und nicht die Fonds
hergeben." Und das Verhältniß zwischen Stein und Schön wird uns mit
den Farben gezeichnet, welche Schön selbst in seinen Aufzeichnungen verwen¬
det hat: „Stein besaß eine Eigenschaft, die für die damaligen Verhältnisse
von der größten Wichtigkeit war: Energie des Charakters und Raschheit des
Entschlusses. Aber ihm fehlte Consequenz und besonnene Ausdauer. Diese
gab ihm Schön, dem wir Unrecht thun würden, wenn wir ihn die rechte
Hand Stein's nennen wollten, den wir vielmehr den Kops desselben nennen
könnten. Schön machte Stein zum Gefäß seiner Ideen; Schön gab die Ge¬
danken, Stein brachte sie zur Ausführung. So werden wir jenem also un¬
bedenklich die leitenden Ideen und die Entwürfe der von Stein ausgegangenen
Reformen vindiciren können." Mit einem complicirten Beweise für seine
Sätze hält sich der Pamphletist nicht viel aus. Stein war Aristokrat; die
Gesetze haben einen demokratischen Charakter; dieser Widerspruch hebt sich
durch die Annahme, daß die Ideen zu diesen Gesetzen von Schön ausgegangen
sind: so lautet kurz und bündig die Schlußfolgerung des anonymen Sängers.
Ich sehe in dieser Brochure die erste öffentliche Frucht der mündlichen
Erzählungen Schön's an seine Umgebung. Aus den Kreisen Schön'scher Freunde
stammt sie. Schön's mündlich vorgetragene Auffassung verkündigt sie zum
ersten Male dem großen Publikum, in der deutlichen Absicht für Schön als
Staatsmann Propaganda zu machen. Ich betone noch einmal: diese Bro¬
chure hat die Tendenz, die „bisherige Annahme" umzustoßen, eine neue
Auffassung an Stelle der bis dahin geltenden zu setzen; Schön's Namen „aus
dem großen Hauptbuche der Geschichte auszuziehen und seinen Thaten ein
besonderes Conto zu eröffnen." Bis dahin hatte Schön gegolten als ein Be¬
rather und Mitarbeiter, ein Gehülfe Stein's*): unser Autor weiß daß er eine
weit höhere Bedeutung gehabt hat, wie dies bisher erst einem „kleinen Kreise"
bekannt geworden sei; daß Schön mit dem Gedanken umging, seine „Me¬
moiren" zu schreiben, deutet er schon an (S. 7): die Vermuthung liegt nahe,
daß dieser Brochurenschreiber die Aufzeichnungen Schön's von 1838 gekannt
Nur in dieser Rolle führt uns den Verfasser von „Woher und Wohin?" Georg
Fein vor, als er im März 18 42 in Straßburg diese Flugschrift mit einem eigenen Nach¬
worte zum Druck beförderte.
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