Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.schen Könige, auf die Borbereitungen der neuen Gesetzgebung in den ersten Ferner, was die Vorgänge bei der Jmmediatcommission angeht, die ?u *) Wenn N. meint, ich verwechsele dabei Leibeigenschaft und Erbunterthänigkeit, so musj ich diese Unterstellung sehr bestimmt abweisen. Bekanntlich existirte "Leibeigenschaft" im engeren eigentlichen Sinne des Wortes in Preußen gar nicht mehr, sondern die mehr dingliche "Erb¬ unterthänigkeit." -) Vgl. Voigt Beiträge zur Geschichte der Familie von Auerswald. 1827. bes. S. 02 und W. Ueber Kraus vgl. Voigt Leben des Professor Kraus. 1819 und die Vermisch,^ Schriften von Kraus (besonders seinen Briefwechsel mit Auerswald.) Grenzboten II. ni7ü. 62
schen Könige, auf die Borbereitungen der neuen Gesetzgebung in den ersten Ferner, was die Vorgänge bei der Jmmediatcommission angeht, die ?u *) Wenn N. meint, ich verwechsele dabei Leibeigenschaft und Erbunterthänigkeit, so musj ich diese Unterstellung sehr bestimmt abweisen. Bekanntlich existirte „Leibeigenschaft" im engeren eigentlichen Sinne des Wortes in Preußen gar nicht mehr, sondern die mehr dingliche „Erb¬ unterthänigkeit." -) Vgl. Voigt Beiträge zur Geschichte der Familie von Auerswald. 1827. bes. S. 02 und W. Ueber Kraus vgl. Voigt Leben des Professor Kraus. 1819 und die Vermisch,^ Schriften von Kraus (besonders seinen Briefwechsel mit Auerswald.) Grenzboten II. ni7ü. 62
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schen Könige, auf die Borbereitungen der neuen Gesetzgebung in den ersten
Jahren Friedrich Wilhelm's III.*): ich habe damit an die Anläufe erinnert,
die schon Friedrich II. gemacht; ich habe dabei im Auge gehabt die bekannten
Erlasse Friedrich Wilhelm's III. von 1798. 1799. Ich erinnere an die ein¬
leitenden Anordnungen, den Domainenbauern nach und nach Eigenthum zu
übertragen; ich erinnere an die ruhmvollen Bemühungen des Herrn von
Auerswald in Westpreußen — seltsam wie Schön dessen Antheil an den
Ereignissen überhaupt in den Schatten zu drängen sich bemüht! — Ich erinnere
auch an das bekannte Wort des Königs bei Vorlage des Gesetzes, „die Aus¬
hebung der Erbunterthänigkeit sei seit seinem Regierungsantritt sein unver¬
rücktes Ziel gewesen;" und tgi. mehr. Wer wirklich den Dingen auf den
Grund gehen will, der wird an dieser Stelle Anlaß nehmen von dem geistigen
Einfluß des Königsberger Professors Kraus auf Bildung und Richtung,
auf Prinzipien und Tendenzen aller dieser ostpreußischen Staatsmänner zu
reden. Nicht das wird bestritten, daß auch Schön von den die Zeit bewegen¬
den Ideen ergriffen und an seinem Theile zu ihrer Verwirklichung beigetragen
habe; wohl aber erfährt das nachdrücklichen Widerspruch, an dem als einem
wohl begründeten festzuhalten mir Pflicht scheint, daß Schön ein Recht habe,
die Miene aufzusetzen, als ob er allein die Sache betrieben habe. Ich will
nicht gerade das Wort hierauf anwenden, welches Herr Nasemann von der
Landwehr gebraucht „der Gedanke lag in der Luft", wohl aber darf man
sagen, daß- eine Reihe von Männern das Programm befreiender socialpoli¬
tischer Maßregeln damals schon sich angeeignet hatte.
Ferner, was die Vorgänge bei der Jmmediatcommission angeht, die ?u
dem Edikt vom 9. Oktober 1807 geführt haben, so steht fest, daß nicht von
Schön die erste Anregung erfolgt ist, vielmehr hat vor Schön schon der Ge-
heimrath Wilcken am 16. Juli den Antrag auf Aufhebung der Erbunter¬
thänigkeit gestellt. Der Bericht Schroeter's, auf den hin Schön die Sache
angegriffen haben will, ist erst vom 20. Juli. Der Bericht der Jmmediat¬
commission aber an den König trägt das Datum des 17. August. Nun
würde ich allerdings kein Bedenken haben, das äußerliche Detail in die Ge¬
schichte, wie sie uns bekannt war, aus Schön's Aufzeichnungen neu auszu¬
nehmen, daß dieser Bericht aus Schön's Feder herstammt und unter den
traurigsten Verhältnissen von Schön mit heroischer Seele niedergeschrieben ist.
*) Wenn N. meint, ich verwechsele dabei Leibeigenschaft und Erbunterthänigkeit, so musj
ich diese Unterstellung sehr bestimmt abweisen. Bekanntlich existirte „Leibeigenschaft" im engeren
eigentlichen Sinne des Wortes in Preußen gar nicht mehr, sondern die mehr dingliche „Erb¬
unterthänigkeit."
-) Vgl. Voigt Beiträge zur Geschichte der Familie von Auerswald. 1827. bes. S. 02
und W. Ueber Kraus vgl. Voigt Leben des Professor Kraus. 1819 und die Vermisch,^
Schriften von Kraus (besonders seinen Briefwechsel mit Auerswald.)
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