Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.unverständliche Umstimmung in Schön. Sein Urtheil über Stein ward minder Es stimmt damit ferner, was Herr Maurenbrecher selbst in fein aufge¬ Ueber die Einrichtung der Landwehr kann ich mich kürzer fassen. Dieser unverständliche Umstimmung in Schön. Sein Urtheil über Stein ward minder Es stimmt damit ferner, was Herr Maurenbrecher selbst in fein aufge¬ Ueber die Einrichtung der Landwehr kann ich mich kürzer fassen. Dieser <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0487" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133775"/> <p xml:id="ID_1655" prev="#ID_1654"> unverständliche Umstimmung in Schön. Sein Urtheil über Stein ward minder<lb/> günstig, als seine Feinde nachgewiesen zu haben glaubten, daß Stein weit<lb/> weniger Reformer gewesen sei als die Umgebung, welche ihn gedrängt und<lb/> bestimmt habe; — dergleichen klingt schon in dem Briefe Uork's vom 2t. Sep¬<lb/> tember 1808 durch, welchen Droysen mittheilt I, 211.</p><lb/> <p xml:id="ID_1656"> Es stimmt damit ferner, was Herr Maurenbrecher selbst in fein aufge¬<lb/> bauter Beweisführung über die Abfassungszeit der Schön'schen Autobiographie<lb/> vermuthet. Wer übrigens die Unterschiede in dem Wesen der beiden großen<lb/> Zeitgenossen nur annähernd ähnlich auffaßt, wie ich sie in der erwähnten<lb/> Skizze darzustellen versucht habe und wie sie u. A. auch Alexander v. Hum¬<lb/> boldt in dem Briefe an den Oberburggrafen von Brünneck aufzufassen scheint,<lb/> wer sich an das Bild erinnert, das Uwarow von Stein aus seiner Bekannt¬<lb/> schaft von Troppau gezeichnet hat (vgl. u. a. Neue Preuß. Zeit. Juli 1872),<lb/> der wird nicht zweifelhaft sein, daß Stein bei seinem Scheiden aus dem Amte<lb/> sich zwar bereitwillig zu eigen machte, was ihm der specifische Preuße Schon<lb/> nahe legte, daß ihn jedoch gerade in jenem Momente die allgemeine Weltlage<lb/> weit mehr bewegte als der Weiterbau der preußischen Organisationen. Dem<lb/> Einen lag eben die deutsche Nation, dem Anderen der preußische Staat am<lb/> Herzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1657" next="#ID_1658"> Ueber die Einrichtung der Landwehr kann ich mich kürzer fassen. Dieser<lb/> Gegenstand ist in der Drangsalszett viel zu oft und von zu verschiedenen<lb/> Gesichtspunkten aus behandelt worden, als daß nicht alle Welt sich mit<lb/> einigem Recht einen Antheil daran, zuschreiben könnte. Es verhält sich damit<lb/> ähnlich wie mit der Rückzugsbewegung der Russen nach Osten, für welche<lb/> Phull, Knesebeck, Wolzogen als Erfinder ausgegeben werden. Der Gedanke<lb/> lag in der Lust. Eins freilich darf nicht außer Acht gelassen werden, dies,<lb/> daß die Landwehr der Provinz Preußen ganz anders gedacht und thatsächlich<lb/> später eine ganz andere war, als die der übrigen Provinzen (vgl. die K. O.<lb/> vom 27. März 1813 und Friccius: Zur Geschichte der Einrichtung der Land¬<lb/> wehr S. 26), daß ferner Scharnhorst in Breslau wirklich den ostpreußischen<lb/> Vorschlägen entgegen getreten ist. Er hat damit recht gethan, denn die Ein¬<lb/> richtungen des Königsberger Landtags ließen sich für den gesammten Staat<lb/> nicht nachahmen- Allein richtig ist allerdings andererseits, daß die Königs¬<lb/> berger selbständig vorgingen. Die Ansicht der Nichtmilitairs war die, daß<lb/> man die Franzosen mit ihren eigenen Waffen zu schlagen habe, man dachte<lb/> an eine Art Wo6e c-n MÄSSv; im Jahre 1811, als es sich noch um ein Bünd-<lb/> niß mit Rußland handelte, ist zwischen Schön und York vielfach über eine<lb/> solche verhandelt worden; man sah keine andere Hilfe. Die Fachsoldaten<lb/> hatten die Frage gleichfalls und sicher viel gründlicher, auch wohl seit längerer<lb/> Zeit debattirt; ihnen kam es jedoch in erster Linie aus Einordnung der Land-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0487]
unverständliche Umstimmung in Schön. Sein Urtheil über Stein ward minder
günstig, als seine Feinde nachgewiesen zu haben glaubten, daß Stein weit
weniger Reformer gewesen sei als die Umgebung, welche ihn gedrängt und
bestimmt habe; — dergleichen klingt schon in dem Briefe Uork's vom 2t. Sep¬
tember 1808 durch, welchen Droysen mittheilt I, 211.
Es stimmt damit ferner, was Herr Maurenbrecher selbst in fein aufge¬
bauter Beweisführung über die Abfassungszeit der Schön'schen Autobiographie
vermuthet. Wer übrigens die Unterschiede in dem Wesen der beiden großen
Zeitgenossen nur annähernd ähnlich auffaßt, wie ich sie in der erwähnten
Skizze darzustellen versucht habe und wie sie u. A. auch Alexander v. Hum¬
boldt in dem Briefe an den Oberburggrafen von Brünneck aufzufassen scheint,
wer sich an das Bild erinnert, das Uwarow von Stein aus seiner Bekannt¬
schaft von Troppau gezeichnet hat (vgl. u. a. Neue Preuß. Zeit. Juli 1872),
der wird nicht zweifelhaft sein, daß Stein bei seinem Scheiden aus dem Amte
sich zwar bereitwillig zu eigen machte, was ihm der specifische Preuße Schon
nahe legte, daß ihn jedoch gerade in jenem Momente die allgemeine Weltlage
weit mehr bewegte als der Weiterbau der preußischen Organisationen. Dem
Einen lag eben die deutsche Nation, dem Anderen der preußische Staat am
Herzen.
Ueber die Einrichtung der Landwehr kann ich mich kürzer fassen. Dieser
Gegenstand ist in der Drangsalszett viel zu oft und von zu verschiedenen
Gesichtspunkten aus behandelt worden, als daß nicht alle Welt sich mit
einigem Recht einen Antheil daran, zuschreiben könnte. Es verhält sich damit
ähnlich wie mit der Rückzugsbewegung der Russen nach Osten, für welche
Phull, Knesebeck, Wolzogen als Erfinder ausgegeben werden. Der Gedanke
lag in der Lust. Eins freilich darf nicht außer Acht gelassen werden, dies,
daß die Landwehr der Provinz Preußen ganz anders gedacht und thatsächlich
später eine ganz andere war, als die der übrigen Provinzen (vgl. die K. O.
vom 27. März 1813 und Friccius: Zur Geschichte der Einrichtung der Land¬
wehr S. 26), daß ferner Scharnhorst in Breslau wirklich den ostpreußischen
Vorschlägen entgegen getreten ist. Er hat damit recht gethan, denn die Ein¬
richtungen des Königsberger Landtags ließen sich für den gesammten Staat
nicht nachahmen- Allein richtig ist allerdings andererseits, daß die Königs¬
berger selbständig vorgingen. Die Ansicht der Nichtmilitairs war die, daß
man die Franzosen mit ihren eigenen Waffen zu schlagen habe, man dachte
an eine Art Wo6e c-n MÄSSv; im Jahre 1811, als es sich noch um ein Bünd-
niß mit Rußland handelte, ist zwischen Schön und York vielfach über eine
solche verhandelt worden; man sah keine andere Hilfe. Die Fachsoldaten
hatten die Frage gleichfalls und sicher viel gründlicher, auch wohl seit längerer
Zeit debattirt; ihnen kam es jedoch in erster Linie aus Einordnung der Land-
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