Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.kirche und Peterskloster gestiftet, hatte sich dort rasch eine kirchliche Gründung an An seinen Namen knüpft sich die erste Verbreitung christlicher und deut¬ kirche und Peterskloster gestiftet, hatte sich dort rasch eine kirchliche Gründung an An seinen Namen knüpft sich die erste Verbreitung christlicher und deut¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0431" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133719"/> <p xml:id="ID_1391" prev="#ID_1390"> kirche und Peterskloster gestiftet, hatte sich dort rasch eine kirchliche Gründung an<lb/> die andere geschlossen, bis das Ganze die große Culturstätte des Südostens wurde.<lb/> Hier waltete seit 785 Arno. ein Baier, als Bischof, den die Gunst des Königs<lb/> und eignes Verdienst 798 zum Erzbischof erhob. So recht ein Typus des<lb/> karolingischen Clerus, vereinigte Arno einen gesunden praktischen Sinn mit<lb/> aufrichtiger Frömmigkeit, Milde mit Festigkeit, kirchliche Begeisterung mit<lb/> Gewandtheit in allen Staatsgeschäften. Bald ist er im Hoflager seines Herrn<lb/> oder reitet als sein Gesandter nach Italien, bald weilt er in Salzburg, von<lb/> jungen Geistlichen umgeben, und sorgt für seine aufblühende Klosterschule,<lb/> die er mit einer stattlichen Bibliothek ausrüstete, und für die Güter seiner<lb/> Kirche, deren Verzeichniß er anfertigen ließ, oder er geht als Missionar zu<lb/> den Avaren. So viel Schnörkel- und Phrasenwerk auch Alkuins Briefe an<lb/> ihn verunzieren, eine herzliche Verehrung für Arno, für seinen „Adler", wie<lb/> er ihn gerne nennt, bricht doch überall durch und auch sie bürgt für den<lb/> Werth des Mannes.</p><lb/> <p xml:id="ID_1392" next="#ID_1393"> An seinen Namen knüpft sich die erste Verbreitung christlicher und deut¬<lb/> scher Cultur nach Pannonien. Schon vor der Eroberung sandte er deutsche<lb/> Missionare in das Gebiet der Avaren' und einzelne Erfolge hatten sie gehabt,<lb/> wie denn die Avaren denselben religiösen Jndifferentismus offenbaren, der<lb/> noch jetzt den Magyaren und andern Völkern mongolischer Abkunft eignet,<lb/> aber noch hatte sein Bisthum nicht seine Gewalt über die Donaulande er¬<lb/> streckt. Da verlieh König Pippin, als er auf der Stätte seines zerstörten<lb/> Hauptringes die Huldigung des Avarenchans empfangen (796), alles Land<lb/> zwischen Donau. Raab und Drau dem Salzburger Bischof zu seinem Spren¬<lb/> gel. Zur selben Zeit berief der junge Fürst eine Anzahl Bischöfe, darunter<lb/> auch Paulinus von Aquileja, Arno's Freund, zu einer Konferenz in sein<lb/> Lager. Hier wurden die Beschlüsse darüber gefaßt, wie dieses „rohe und<lb/> unvernünftige Volk, das als unwissend und ohne Cultur ganz träge zur Er¬<lb/> lernung der heiligen Geheimnisse", erfunden wurde, zum Christenthums zu be¬<lb/> kehren sei. Alle Gewalt wird dabei ausdrücklich untersagt, mit sanftmüthiger<lb/> Ueberredung sollen die Priester es auf den Pfad des Heils hinüberleiten und<lb/> erst nach gründlicher Unterweisung — für die allerdings höchstens 40 Tage<lb/> gestattet wurden — den Bekehrten zur Taufe führen. An Paulinus selbst<lb/> schien damals die nächste Aufforderung sich zu richten. das mühselige Werk<lb/> auf sich zu nehmen; Altum forderte ihn in dringendster Form dazu auf, aber<lb/> der Italiener sandte höchstens seine Priester nach dem Donaulande, ihn selbst<lb/> fesselte sein Erzbisthum und anderweitige Interessen, und als dann im Jahre 810<lb/> die Drau als Grenze zwischen den Sprengeln von Salzburg und Aquileja<lb/> bestimmt wurde, da verlor Aquileja jedes direkte Interesse an diesem Missions¬<lb/> gebiet und Salzburg vor allem übernahm die Aufgabe der Christianisirung.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0431]
kirche und Peterskloster gestiftet, hatte sich dort rasch eine kirchliche Gründung an
die andere geschlossen, bis das Ganze die große Culturstätte des Südostens wurde.
Hier waltete seit 785 Arno. ein Baier, als Bischof, den die Gunst des Königs
und eignes Verdienst 798 zum Erzbischof erhob. So recht ein Typus des
karolingischen Clerus, vereinigte Arno einen gesunden praktischen Sinn mit
aufrichtiger Frömmigkeit, Milde mit Festigkeit, kirchliche Begeisterung mit
Gewandtheit in allen Staatsgeschäften. Bald ist er im Hoflager seines Herrn
oder reitet als sein Gesandter nach Italien, bald weilt er in Salzburg, von
jungen Geistlichen umgeben, und sorgt für seine aufblühende Klosterschule,
die er mit einer stattlichen Bibliothek ausrüstete, und für die Güter seiner
Kirche, deren Verzeichniß er anfertigen ließ, oder er geht als Missionar zu
den Avaren. So viel Schnörkel- und Phrasenwerk auch Alkuins Briefe an
ihn verunzieren, eine herzliche Verehrung für Arno, für seinen „Adler", wie
er ihn gerne nennt, bricht doch überall durch und auch sie bürgt für den
Werth des Mannes.
An seinen Namen knüpft sich die erste Verbreitung christlicher und deut¬
scher Cultur nach Pannonien. Schon vor der Eroberung sandte er deutsche
Missionare in das Gebiet der Avaren' und einzelne Erfolge hatten sie gehabt,
wie denn die Avaren denselben religiösen Jndifferentismus offenbaren, der
noch jetzt den Magyaren und andern Völkern mongolischer Abkunft eignet,
aber noch hatte sein Bisthum nicht seine Gewalt über die Donaulande er¬
streckt. Da verlieh König Pippin, als er auf der Stätte seines zerstörten
Hauptringes die Huldigung des Avarenchans empfangen (796), alles Land
zwischen Donau. Raab und Drau dem Salzburger Bischof zu seinem Spren¬
gel. Zur selben Zeit berief der junge Fürst eine Anzahl Bischöfe, darunter
auch Paulinus von Aquileja, Arno's Freund, zu einer Konferenz in sein
Lager. Hier wurden die Beschlüsse darüber gefaßt, wie dieses „rohe und
unvernünftige Volk, das als unwissend und ohne Cultur ganz träge zur Er¬
lernung der heiligen Geheimnisse", erfunden wurde, zum Christenthums zu be¬
kehren sei. Alle Gewalt wird dabei ausdrücklich untersagt, mit sanftmüthiger
Ueberredung sollen die Priester es auf den Pfad des Heils hinüberleiten und
erst nach gründlicher Unterweisung — für die allerdings höchstens 40 Tage
gestattet wurden — den Bekehrten zur Taufe führen. An Paulinus selbst
schien damals die nächste Aufforderung sich zu richten. das mühselige Werk
auf sich zu nehmen; Altum forderte ihn in dringendster Form dazu auf, aber
der Italiener sandte höchstens seine Priester nach dem Donaulande, ihn selbst
fesselte sein Erzbisthum und anderweitige Interessen, und als dann im Jahre 810
die Drau als Grenze zwischen den Sprengeln von Salzburg und Aquileja
bestimmt wurde, da verlor Aquileja jedes direkte Interesse an diesem Missions¬
gebiet und Salzburg vor allem übernahm die Aufgabe der Christianisirung.
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