Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.e>n? landläufige Auffassung berichtigt, eine irrige Annahme bekämpft. Eine Es ist ein Buch von mäßigem Umfange, das Goedeke uns bietet; aber " e>n? landläufige Auffassung berichtigt, eine irrige Annahme bekämpft. Eine Es ist ein Buch von mäßigem Umfange, das Goedeke uns bietet; aber » <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0387" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133675"/> <p xml:id="ID_1237" prev="#ID_1236"> e>n? landläufige Auffassung berichtigt, eine irrige Annahme bekämpft. Eine<lb/> erstaunliche Fülle von Material steckt in den Capiteln, in welchen eine Anzahl<lb/> gleichartiger Dichtungen Goethe's summarisch behandelt, einzelne Richtungen<lb/> seiner Studien verfolgt, oder sonstwie literargeschichtliche Ueberblicke gegeben<lb/> werden. Partieen, wie jene paar Seiten, in denen über die Bestrebungen<lb/> ^r deutschen Höfe des vorigen Jahrhunderts für die Hebung der deutschen<lb/> Literatur, über Goethe's naturwissenschaftliche Studien, über seine Thätigkeit<lb/> als Gelegenheitsdichter berichtet wird, sind Muster übersichtlicher Zusammen¬<lb/> fassung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1238"> Es ist ein Buch von mäßigem Umfange, das Goedeke uns bietet; aber<lb/> Welche Fülle von Stoff und Arbeit ist darin niedergelegt! Wie mancher<lb/> würde, wenn er das Material überblickte, welches Goedeke überblickt, dieses<lb/> ^und zu drei, vier starken Bänden aufgebauscht haben. Goedeke hat sich überall<lb/> äußerste Knappheit und Prägnanz zur Pflicht gemacht. Leider hängt<lb/> wie diesem Borzuge, wie so oft, ein Mangel des Buches untrennbar zu¬<lb/> sammen. Goedeke ist in dem Bestreben möglichst compendiös zu sein, die<lb/> Thatsachen möglichst zusammenzudrängen und mit wenigen Worten möglichst<lb/> ^'el zu sagen, in eine gesuchte Kürze der Darstellung und Ausdrucksweise<lb/> Zerfallen, an die man sich nur langsam gewöhnt. Ja, öfter begegnet man<lb/> geradezu einem Lakonismus der Erzählung, von dem man nicht recht weiß,<lb/> "d Man noch ernst dabei bleiben soll. Wir müssen ein paar Proben geben.<lb/> Ueber Friderike von Sesenheim z. B. berichtet Goedeke S. 62, in folgender<lb/> ^else: „Goethe verließ die Freundin, die im Nov. 1813 unverheirathet starb<lb/> "No seitdem vielfach verläumdet ist", ähnlich über Lili S. 143: „Der Bruch war<lb/> geschehen. Elisabeth Schönemann verlobte sich im nächsten Jahre mit einem<lb/> Straßburger Bankier v. Türkheim. Als Goethe, halb im Schlafe, die Nachricht<lb/> erhielt, kehrte er sich um und schlief weiter. Lili wurde am 25. August 1778<lb/> ^traut und starb am 6. Mai 1817 in Kraut-Egersheim bei Straßburg."<lb/> Wngt doch beides gar zu komisch. — In dem Capitel, welches unter<lb/> "überm das Ad- und Zuströmen von Gästen am Weimarer Hose schildert,<lb/> findet sich S, 169 der wunderliche Passus: „Das Bethlehem in Juda wurde<lb/> ^'erhaupt nicht leer, wie Herder mit dem Wunsche äußerte, daß die Besucher<lb/> allmählich eine leere Krippe finden möchten. Dahin wäre es fast gekommen,<lb/> ^ die schöne Gräfin Tira Brühl auf Einladung des Herzogs eintraf und<lb/> ^ dann mit allzu geringer Rücksicht behandelt fah (März 1782), was sie<lb/> "ber nicht abhielt, später wieder zu kommen." Wir möchten wohl wissen,<lb/> ^le viel Leser das auf's erste Mal verstehen. — Nicht minder äffen-<lb/> ^ ist folgende Stelle S. 196: „Sigmund von Seckendorf war am<lb/> Z'- April, der Prinz Leopold von Braunschweig am Tage darauf gestorben.<lb/> Der Tod jenes gab „Stoff zu nachdenklichen Betrachtungen", dieser war</p><lb/> <p xml:id="ID_1239" next="#ID_1240"> »</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0387]
e>n? landläufige Auffassung berichtigt, eine irrige Annahme bekämpft. Eine
erstaunliche Fülle von Material steckt in den Capiteln, in welchen eine Anzahl
gleichartiger Dichtungen Goethe's summarisch behandelt, einzelne Richtungen
seiner Studien verfolgt, oder sonstwie literargeschichtliche Ueberblicke gegeben
werden. Partieen, wie jene paar Seiten, in denen über die Bestrebungen
^r deutschen Höfe des vorigen Jahrhunderts für die Hebung der deutschen
Literatur, über Goethe's naturwissenschaftliche Studien, über seine Thätigkeit
als Gelegenheitsdichter berichtet wird, sind Muster übersichtlicher Zusammen¬
fassung.
Es ist ein Buch von mäßigem Umfange, das Goedeke uns bietet; aber
Welche Fülle von Stoff und Arbeit ist darin niedergelegt! Wie mancher
würde, wenn er das Material überblickte, welches Goedeke überblickt, dieses
^und zu drei, vier starken Bänden aufgebauscht haben. Goedeke hat sich überall
äußerste Knappheit und Prägnanz zur Pflicht gemacht. Leider hängt
wie diesem Borzuge, wie so oft, ein Mangel des Buches untrennbar zu¬
sammen. Goedeke ist in dem Bestreben möglichst compendiös zu sein, die
Thatsachen möglichst zusammenzudrängen und mit wenigen Worten möglichst
^'el zu sagen, in eine gesuchte Kürze der Darstellung und Ausdrucksweise
Zerfallen, an die man sich nur langsam gewöhnt. Ja, öfter begegnet man
geradezu einem Lakonismus der Erzählung, von dem man nicht recht weiß,
"d Man noch ernst dabei bleiben soll. Wir müssen ein paar Proben geben.
Ueber Friderike von Sesenheim z. B. berichtet Goedeke S. 62, in folgender
^else: „Goethe verließ die Freundin, die im Nov. 1813 unverheirathet starb
"No seitdem vielfach verläumdet ist", ähnlich über Lili S. 143: „Der Bruch war
geschehen. Elisabeth Schönemann verlobte sich im nächsten Jahre mit einem
Straßburger Bankier v. Türkheim. Als Goethe, halb im Schlafe, die Nachricht
erhielt, kehrte er sich um und schlief weiter. Lili wurde am 25. August 1778
^traut und starb am 6. Mai 1817 in Kraut-Egersheim bei Straßburg."
Wngt doch beides gar zu komisch. — In dem Capitel, welches unter
"überm das Ad- und Zuströmen von Gästen am Weimarer Hose schildert,
findet sich S, 169 der wunderliche Passus: „Das Bethlehem in Juda wurde
^'erhaupt nicht leer, wie Herder mit dem Wunsche äußerte, daß die Besucher
allmählich eine leere Krippe finden möchten. Dahin wäre es fast gekommen,
^ die schöne Gräfin Tira Brühl auf Einladung des Herzogs eintraf und
^ dann mit allzu geringer Rücksicht behandelt fah (März 1782), was sie
"ber nicht abhielt, später wieder zu kommen." Wir möchten wohl wissen,
^le viel Leser das auf's erste Mal verstehen. — Nicht minder äffen-
^ ist folgende Stelle S. 196: „Sigmund von Seckendorf war am
Z'- April, der Prinz Leopold von Braunschweig am Tage darauf gestorben.
Der Tod jenes gab „Stoff zu nachdenklichen Betrachtungen", dieser war
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