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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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äußerst verschwenderisch und rücksichtslos gewesen. De. Vesc war Herzog von
Nola und Gouverneur von Gaeta geworden; die Andern hatten unter sich die
Staatsländereien, ja selbst die Magazine getheilt, die sie auf ihre Rechnung
verkaufen durften, so wie die Waffen und Vorräthe der Festungen. "OKa<zu<z
l'our, sagt Segur, u,u Isver An prinev, on vit nos e^xitaines, 1'veil Al-aere
ruMee, leg unius trui^necs <is eonvoitisö, se partuger los emxlois vt
äiZmtus, s'Al'i'Aelter les unes ÄMÄrten^in aux NAtionaux." Für die
Eingebornen blieb daher wenig-oder nichts übrig; noch dazu wurden sie mit
Insolenz behandelt, ihre Vorstellungen nicht gehört, ihre Ansprüche verhöhnt.
Bald kam es zu offenen Kämpfen mit den neapolitanischen Baronen und
Bandenführern, welche Charles nicht reichlich genug belohnt hatte und welche
das aragonische Banner erhoben, sobald sie witterten, daß Spanien sich des
verwandten Königshauses annehmen werde. Es war ja vortheilhaft, sich
Verrath und Rückverrath doppelt bezahlen zu lassen. -- Dennoch machte die
Nachricht von dem gegen ihn abgeschlossenen Bündniß zu Anfang nur geringen
Eindruck auf Charles. Der Unglaube war bequemer als die klare Erkennt¬
niß. Man begnügte sich bei Hofe damit, die Personen der Verbündeten zu
verhöhnen und sie auf eine burleske Weise durch ein öffentliches Schauspiel
auf dem Schlosse dell Uovo lustig zu persifltren.

Endlich kommen aber bestimmtere Nachrichten aus Venedig, die ernst¬
lichere Entschlüsse fordern. Commes berichtet: Die Unzufriedenen in der
Basilicata und Terra ti lavoro seien bereit, unter Anführung des jungen
vertriebenen Königs Ferdinand zu den Waffen zu greifen; in Apulien würden
vierzig venetianische Galeeren, in Calabrien sechzig spanische Schiffe landen
Und 6000 Mann Truppen unter dem hochberühmten Gonsalvo de Cordova
ans Land setzen; 34,000 Deutsche und Italiener versammelten sich in Ober¬
italien, um den Franzosen den Rückweg zu sperren; Frankreich selbst sei von
d?n verbündeten Deutschen und Spaniern mit einer Invasion bedroht, und
Ulan wisse wohl, es besäße keine Armee mehr zu seiner Vertheidigung. Solche
Nachrichten gaben zu denken. Was der König noch an Truppen bei sich
hatte, belief sich auf 16--17000 Mann. Der Weg bis zur französischen
Grenze betrug an 130 Meilen. Was war zu thun? -- Die Noth verschaffte
der Sprache der Vernunft endlich Gehör; aber der gute Rath fing an theuer
ZU werden. Ein Entschluß war zu fassen, und zwar augenblicklich; an den
ostensiblen Zweck der Expedition, an Constantinopel, wurde weiter nicht ge¬
dacht. Um jedoch wenigstens den Versuch zu machen, das Erworbene festzu¬
halten und mit Anstand abzuziehn, beschloß der König, die Hälfte seines
Fußvolks, nämlich 3000 Schweizer und einige Abtheilungen Gascogner, so-
^le 800 französische und 800 italienische Gendarmes nebst 1300 berittenen
Italienern zum Schutze der neuen Erwerbung zurückzulassen. Als Vicekönig


äußerst verschwenderisch und rücksichtslos gewesen. De. Vesc war Herzog von
Nola und Gouverneur von Gaeta geworden; die Andern hatten unter sich die
Staatsländereien, ja selbst die Magazine getheilt, die sie auf ihre Rechnung
verkaufen durften, so wie die Waffen und Vorräthe der Festungen. „OKa<zu<z
l'our, sagt Segur, u,u Isver An prinev, on vit nos e^xitaines, 1'veil Al-aere
ruMee, leg unius trui^necs <is eonvoitisö, se partuger los emxlois vt
äiZmtus, s'Al'i'Aelter les unes ÄMÄrten^in aux NAtionaux." Für die
Eingebornen blieb daher wenig-oder nichts übrig; noch dazu wurden sie mit
Insolenz behandelt, ihre Vorstellungen nicht gehört, ihre Ansprüche verhöhnt.
Bald kam es zu offenen Kämpfen mit den neapolitanischen Baronen und
Bandenführern, welche Charles nicht reichlich genug belohnt hatte und welche
das aragonische Banner erhoben, sobald sie witterten, daß Spanien sich des
verwandten Königshauses annehmen werde. Es war ja vortheilhaft, sich
Verrath und Rückverrath doppelt bezahlen zu lassen. — Dennoch machte die
Nachricht von dem gegen ihn abgeschlossenen Bündniß zu Anfang nur geringen
Eindruck auf Charles. Der Unglaube war bequemer als die klare Erkennt¬
niß. Man begnügte sich bei Hofe damit, die Personen der Verbündeten zu
verhöhnen und sie auf eine burleske Weise durch ein öffentliches Schauspiel
auf dem Schlosse dell Uovo lustig zu persifltren.

Endlich kommen aber bestimmtere Nachrichten aus Venedig, die ernst¬
lichere Entschlüsse fordern. Commes berichtet: Die Unzufriedenen in der
Basilicata und Terra ti lavoro seien bereit, unter Anführung des jungen
vertriebenen Königs Ferdinand zu den Waffen zu greifen; in Apulien würden
vierzig venetianische Galeeren, in Calabrien sechzig spanische Schiffe landen
Und 6000 Mann Truppen unter dem hochberühmten Gonsalvo de Cordova
ans Land setzen; 34,000 Deutsche und Italiener versammelten sich in Ober¬
italien, um den Franzosen den Rückweg zu sperren; Frankreich selbst sei von
d?n verbündeten Deutschen und Spaniern mit einer Invasion bedroht, und
Ulan wisse wohl, es besäße keine Armee mehr zu seiner Vertheidigung. Solche
Nachrichten gaben zu denken. Was der König noch an Truppen bei sich
hatte, belief sich auf 16—17000 Mann. Der Weg bis zur französischen
Grenze betrug an 130 Meilen. Was war zu thun? — Die Noth verschaffte
der Sprache der Vernunft endlich Gehör; aber der gute Rath fing an theuer
ZU werden. Ein Entschluß war zu fassen, und zwar augenblicklich; an den
ostensiblen Zweck der Expedition, an Constantinopel, wurde weiter nicht ge¬
dacht. Um jedoch wenigstens den Versuch zu machen, das Erworbene festzu¬
halten und mit Anstand abzuziehn, beschloß der König, die Hälfte seines
Fußvolks, nämlich 3000 Schweizer und einige Abtheilungen Gascogner, so-
^le 800 französische und 800 italienische Gendarmes nebst 1300 berittenen
Italienern zum Schutze der neuen Erwerbung zurückzulassen. Als Vicekönig


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[0367] äußerst verschwenderisch und rücksichtslos gewesen. De. Vesc war Herzog von Nola und Gouverneur von Gaeta geworden; die Andern hatten unter sich die Staatsländereien, ja selbst die Magazine getheilt, die sie auf ihre Rechnung verkaufen durften, so wie die Waffen und Vorräthe der Festungen. „OKa<zu<z l'our, sagt Segur, u,u Isver An prinev, on vit nos e^xitaines, 1'veil Al-aere ruMee, leg unius trui^necs <is eonvoitisö, se partuger los emxlois vt äiZmtus, s'Al'i'Aelter les unes ÄMÄrten^in aux NAtionaux." Für die Eingebornen blieb daher wenig-oder nichts übrig; noch dazu wurden sie mit Insolenz behandelt, ihre Vorstellungen nicht gehört, ihre Ansprüche verhöhnt. Bald kam es zu offenen Kämpfen mit den neapolitanischen Baronen und Bandenführern, welche Charles nicht reichlich genug belohnt hatte und welche das aragonische Banner erhoben, sobald sie witterten, daß Spanien sich des verwandten Königshauses annehmen werde. Es war ja vortheilhaft, sich Verrath und Rückverrath doppelt bezahlen zu lassen. — Dennoch machte die Nachricht von dem gegen ihn abgeschlossenen Bündniß zu Anfang nur geringen Eindruck auf Charles. Der Unglaube war bequemer als die klare Erkennt¬ niß. Man begnügte sich bei Hofe damit, die Personen der Verbündeten zu verhöhnen und sie auf eine burleske Weise durch ein öffentliches Schauspiel auf dem Schlosse dell Uovo lustig zu persifltren. Endlich kommen aber bestimmtere Nachrichten aus Venedig, die ernst¬ lichere Entschlüsse fordern. Commes berichtet: Die Unzufriedenen in der Basilicata und Terra ti lavoro seien bereit, unter Anführung des jungen vertriebenen Königs Ferdinand zu den Waffen zu greifen; in Apulien würden vierzig venetianische Galeeren, in Calabrien sechzig spanische Schiffe landen Und 6000 Mann Truppen unter dem hochberühmten Gonsalvo de Cordova ans Land setzen; 34,000 Deutsche und Italiener versammelten sich in Ober¬ italien, um den Franzosen den Rückweg zu sperren; Frankreich selbst sei von d?n verbündeten Deutschen und Spaniern mit einer Invasion bedroht, und Ulan wisse wohl, es besäße keine Armee mehr zu seiner Vertheidigung. Solche Nachrichten gaben zu denken. Was der König noch an Truppen bei sich hatte, belief sich auf 16—17000 Mann. Der Weg bis zur französischen Grenze betrug an 130 Meilen. Was war zu thun? — Die Noth verschaffte der Sprache der Vernunft endlich Gehör; aber der gute Rath fing an theuer ZU werden. Ein Entschluß war zu fassen, und zwar augenblicklich; an den ostensiblen Zweck der Expedition, an Constantinopel, wurde weiter nicht ge¬ dacht. Um jedoch wenigstens den Versuch zu machen, das Erworbene festzu¬ halten und mit Anstand abzuziehn, beschloß der König, die Hälfte seines Fußvolks, nämlich 3000 Schweizer und einige Abtheilungen Gascogner, so- ^le 800 französische und 800 italienische Gendarmes nebst 1300 berittenen Italienern zum Schutze der neuen Erwerbung zurückzulassen. Als Vicekönig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/367>, abgerufen am 06.02.2025.