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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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sind. So z. B. wird die Saat gemeinschaftlich verrechnet und vor der Thei¬
lung von der ganzen Ernte abgezogen. Dasselbe gilt von dem Preise des
gekauften Viehes oder der Seidenwürmer; bei Beiden gibt der Bauer Nichts aus,
aber er leistet die nöthige Arbeit und steht in den Büchern als Asso¬
cie für die Hälfte. Als Besonderheit ist zu bemerken, daß weder für
das Guthaben, noch für die Schuld, zwischen dem Herrn und dem Bauern
je von Zinsen die Rede ist. Alle Steuern, und sie sind nicht wenige, noch
leichte, welche den Boden belasten, wie die Grundsteuer, die Steuer aus die
Gebäude, die für die Association, fallen allein dem Gutsherrn zu. Durch
das Gesetz von 1870 hat man ihn sogar verpflichtet, dem Steuereinnehmer
die vom Bauern geschuldete Steuer für das bewegliche Eigenthum vorauszu¬
zahlen, mit dem Rechte, sich später so gut er kann bezahlt zu machen.

Wenn eine gewisse Anzahl von Gütern, welche nicht zu entfernt von ein¬
ander liegen, demselben Eigenthümer gehören, werden sie in einer einzigen,
centralen Verwaltung vereinigt und bilden einen Meierhof lMtoris,). An
ihrer Spitze steht der Verwalter (tattore), welcher den Herrn repräsentirt und
die ganze Administration und Oberaufsicht in Händen hat. Neben ihm herrscht
die Verwalterin lMtorvssa) und je nach der Bedeutung des Meierhofes ein
oder zwei Unterverwalter. Der Verwalter führt Buch mit den Bauern, leitet
die Verbesserungsarbeiten und die neuen Bauten; er besorgt die Theilung der
Produkte, verkauft dieselben auf den Märkten, hält die Vorrathshäuser unter
Verschluß und überwacht selbst oder vermittelst seiner Untergebenen die Be¬
arbeitung jener Parzellen, welche er für den Herrn zurückgehalten und als
Weinberg oder in anderer, für nützlich erachteten Weise von Tagelöhnern,
ohne Dazwischenkamst des Bauern oder Pächters, bebauen läßt. In kleinen
Dleierhöfen besorgt oft der Eigenthümer selbst die Geschäfte der Verwaltung,
indem er sich nur von einem Unterverwalter unterstützen läßt. Die Klasse
der Verwalter spielt auf dem Lande eine wichtige Rolle. Ungeachtet des
Mangels agrarischer Institute, wo die Praxis neben der Theorie gelehrt wird,
besitzen sie größtentheils hinreichende Kenntnisse und große Erfahrung. Sie
ehalten geringe Besoldungen, aber ihre Stellung bietet ihnen vielerlei
Ersatz und sie genießen im Lande, als Klasse, eine verdiente Autorität,
Welche Einige noch durch das Verdienst persönlicher Eigenschaften zu ver-
größern wissen.

Außer den Erwerbsquellen, welche der Bauer auf gemeinschaftliche Rech¬
nung mit dem Besitzer des Bodens ausnützt, giebt es noch einige andere,
deren Ertrag der Bauernfamilie allein zufließt. So beschäftigen sich an
einigen Orten die Weiber mit Weben, und die Produktion der rohen Lein¬
wand ist sogar bedeutend. Andere Gemeinden, welche Florenz näher liegen,
betreiben das Strohflechten zur Anfertigung von Hüten in weitem Umfange.


sind. So z. B. wird die Saat gemeinschaftlich verrechnet und vor der Thei¬
lung von der ganzen Ernte abgezogen. Dasselbe gilt von dem Preise des
gekauften Viehes oder der Seidenwürmer; bei Beiden gibt der Bauer Nichts aus,
aber er leistet die nöthige Arbeit und steht in den Büchern als Asso¬
cie für die Hälfte. Als Besonderheit ist zu bemerken, daß weder für
das Guthaben, noch für die Schuld, zwischen dem Herrn und dem Bauern
je von Zinsen die Rede ist. Alle Steuern, und sie sind nicht wenige, noch
leichte, welche den Boden belasten, wie die Grundsteuer, die Steuer aus die
Gebäude, die für die Association, fallen allein dem Gutsherrn zu. Durch
das Gesetz von 1870 hat man ihn sogar verpflichtet, dem Steuereinnehmer
die vom Bauern geschuldete Steuer für das bewegliche Eigenthum vorauszu¬
zahlen, mit dem Rechte, sich später so gut er kann bezahlt zu machen.

Wenn eine gewisse Anzahl von Gütern, welche nicht zu entfernt von ein¬
ander liegen, demselben Eigenthümer gehören, werden sie in einer einzigen,
centralen Verwaltung vereinigt und bilden einen Meierhof lMtoris,). An
ihrer Spitze steht der Verwalter (tattore), welcher den Herrn repräsentirt und
die ganze Administration und Oberaufsicht in Händen hat. Neben ihm herrscht
die Verwalterin lMtorvssa) und je nach der Bedeutung des Meierhofes ein
oder zwei Unterverwalter. Der Verwalter führt Buch mit den Bauern, leitet
die Verbesserungsarbeiten und die neuen Bauten; er besorgt die Theilung der
Produkte, verkauft dieselben auf den Märkten, hält die Vorrathshäuser unter
Verschluß und überwacht selbst oder vermittelst seiner Untergebenen die Be¬
arbeitung jener Parzellen, welche er für den Herrn zurückgehalten und als
Weinberg oder in anderer, für nützlich erachteten Weise von Tagelöhnern,
ohne Dazwischenkamst des Bauern oder Pächters, bebauen läßt. In kleinen
Dleierhöfen besorgt oft der Eigenthümer selbst die Geschäfte der Verwaltung,
indem er sich nur von einem Unterverwalter unterstützen läßt. Die Klasse
der Verwalter spielt auf dem Lande eine wichtige Rolle. Ungeachtet des
Mangels agrarischer Institute, wo die Praxis neben der Theorie gelehrt wird,
besitzen sie größtentheils hinreichende Kenntnisse und große Erfahrung. Sie
ehalten geringe Besoldungen, aber ihre Stellung bietet ihnen vielerlei
Ersatz und sie genießen im Lande, als Klasse, eine verdiente Autorität,
Welche Einige noch durch das Verdienst persönlicher Eigenschaften zu ver-
größern wissen.

Außer den Erwerbsquellen, welche der Bauer auf gemeinschaftliche Rech¬
nung mit dem Besitzer des Bodens ausnützt, giebt es noch einige andere,
deren Ertrag der Bauernfamilie allein zufließt. So beschäftigen sich an
einigen Orten die Weiber mit Weben, und die Produktion der rohen Lein¬
wand ist sogar bedeutend. Andere Gemeinden, welche Florenz näher liegen,
betreiben das Strohflechten zur Anfertigung von Hüten in weitem Umfange.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/359>, abgerufen am 06.02.2025.