Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.Anspruch, welcher bei den Arbeitern sehr rasch Eingang gefunden hatte, daß Gegen Ende des Jahres hatte sich das Gewitter schon fast allenthalben Als daher der theilweise Aufstand der Arbeiter sowie die Hetzereien der Anspruch, welcher bei den Arbeitern sehr rasch Eingang gefunden hatte, daß Gegen Ende des Jahres hatte sich das Gewitter schon fast allenthalben Als daher der theilweise Aufstand der Arbeiter sowie die Hetzereien der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0268" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133556"/> <p xml:id="ID_852" prev="#ID_851"> Anspruch, welcher bei den Arbeitern sehr rasch Eingang gefunden hatte, daß<lb/> auch die Arbeitgeber einwilligen sollten, alle Differenzen stets durch Schieds¬<lb/> gerichte beilegen zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_853"> Gegen Ende des Jahres hatte sich das Gewitter schon fast allenthalben<lb/> verzogen, als die Kohlen- und Eisen-Werkbesitzer von Süd-Wales auf den<lb/> 1. Dezember 1874 eine neue Lohnreduktion um 10 Procent ankündigten. In<lb/> Süd-Wales und Monmouthshire hatten aber auch die Löhne die höchste Höhe<lb/> erreicht und waren in einzelnen Werken bis um 116 Procent gestiegen. Im<lb/> Laufe des Sommers waren sie zweimal im Ganzen um 35 Procent herab¬<lb/> gesetzt und der dabei ausgebrochene Streit rasch betgelegt worden. Die Ar¬<lb/> beiter hatten erwartet, daß die Principale ihre Forderung dießmal würden<lb/> schiedsgerichtlich prüfen und entscheiden lassen, und genethen in Erbitterung<lb/> darüber, daß die Meister einseitig vorgingen. Ein Theil der Arbeiter trat<lb/> aus und die Agenten des Bundes der Gewerkvereine suchten überhaupt einen<lb/> allgemeinen Aufstand zu organisiren. Die Arbeitgeber, welche bis zum Jahre<lb/> 1870 mit ihren Leuten in einem ziemlich patriarchalischen Verhältniß gestanden<lb/> hatten, geriethen in Entrüstung darüber, daß dieses Verhältniß durch die<lb/> Agenten der Union gestört wurde, weil diese ihre Leute in Volksversamm¬<lb/> lungen aufsetzten. Da nun die Niederlage, welche die der Union angehörenden<lb/> ländlichen Arbeiter der östlichen Grafschaften Englands im vorigen Sommer<lb/> gegenüber der Gesellschaft der Pächter erlitten hatte, den Hüttenbesitzern von<lb/> Süd-Wales zugleich den Beweis geliefert hatte, daß die Arbeitgeber gegenüber<lb/> der wachsenden Macht der Gewerkvereine nur durch Vereinigung ihrerseits<lb/> siegreich widerstehen können, so bildete sich eine Schutz- und Trutz-Gesellschaft<lb/> der Gruben- und Hütten-Besitzer. Nach der Analogie der genannten Land¬<lb/> wirthe beschlossen auch die Hüttenbesitzer von Süd-Wales dem Aufstande der<lb/> Arbeiter ein ähnliches noch härteres Collectivmittel anzuwenden, die Aus¬<lb/> sperrung der Arbeiter, d. h. sämmtliche Meister welche der Gesellschaft an¬<lb/> gehören, verpflichten sich in Folge eines Beschlusses der Gesellschaft ihre Werke<lb/> gänzlich zu schließen. Die Härte dieser Maßregel besteht darin, daß von ihr<lb/> auch die Unschuldigen getroffen werden, d. h. auch diejenigen Arbeiter, welche<lb/> nie ein Zeichen der Unzufriedenheit gegeben haben und bereit sind, ohne Mur¬<lb/> ren fortzuarbeiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_854" next="#ID_855"> Als daher der theilweise Aufstand der Arbeiter sowie die Hetzereien der<lb/> Agenten der Union fortdauerten, kündigten die der Trutzgesellschaft ange'<lb/> hörenden Hütten- und Gruben-Besitzer am Anfang Januar 1876 an, daß sie,<lb/> falls sie nicht sich sämmtlich der weiteren Lohnreduktion um 10 Procent<lb/> fügen würden, am 1. Februar eine allgemeine Arbeits sperre eintreten lassen<lb/> würden. Da die ausstehenden Arbeiter dieser Aufforderung nicht Folge leiste¬<lb/> ten, so wurde die Drohung am 1. Februar wirklich ausgeführt und zwar</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0268]
Anspruch, welcher bei den Arbeitern sehr rasch Eingang gefunden hatte, daß
auch die Arbeitgeber einwilligen sollten, alle Differenzen stets durch Schieds¬
gerichte beilegen zu lassen.
Gegen Ende des Jahres hatte sich das Gewitter schon fast allenthalben
verzogen, als die Kohlen- und Eisen-Werkbesitzer von Süd-Wales auf den
1. Dezember 1874 eine neue Lohnreduktion um 10 Procent ankündigten. In
Süd-Wales und Monmouthshire hatten aber auch die Löhne die höchste Höhe
erreicht und waren in einzelnen Werken bis um 116 Procent gestiegen. Im
Laufe des Sommers waren sie zweimal im Ganzen um 35 Procent herab¬
gesetzt und der dabei ausgebrochene Streit rasch betgelegt worden. Die Ar¬
beiter hatten erwartet, daß die Principale ihre Forderung dießmal würden
schiedsgerichtlich prüfen und entscheiden lassen, und genethen in Erbitterung
darüber, daß die Meister einseitig vorgingen. Ein Theil der Arbeiter trat
aus und die Agenten des Bundes der Gewerkvereine suchten überhaupt einen
allgemeinen Aufstand zu organisiren. Die Arbeitgeber, welche bis zum Jahre
1870 mit ihren Leuten in einem ziemlich patriarchalischen Verhältniß gestanden
hatten, geriethen in Entrüstung darüber, daß dieses Verhältniß durch die
Agenten der Union gestört wurde, weil diese ihre Leute in Volksversamm¬
lungen aufsetzten. Da nun die Niederlage, welche die der Union angehörenden
ländlichen Arbeiter der östlichen Grafschaften Englands im vorigen Sommer
gegenüber der Gesellschaft der Pächter erlitten hatte, den Hüttenbesitzern von
Süd-Wales zugleich den Beweis geliefert hatte, daß die Arbeitgeber gegenüber
der wachsenden Macht der Gewerkvereine nur durch Vereinigung ihrerseits
siegreich widerstehen können, so bildete sich eine Schutz- und Trutz-Gesellschaft
der Gruben- und Hütten-Besitzer. Nach der Analogie der genannten Land¬
wirthe beschlossen auch die Hüttenbesitzer von Süd-Wales dem Aufstande der
Arbeiter ein ähnliches noch härteres Collectivmittel anzuwenden, die Aus¬
sperrung der Arbeiter, d. h. sämmtliche Meister welche der Gesellschaft an¬
gehören, verpflichten sich in Folge eines Beschlusses der Gesellschaft ihre Werke
gänzlich zu schließen. Die Härte dieser Maßregel besteht darin, daß von ihr
auch die Unschuldigen getroffen werden, d. h. auch diejenigen Arbeiter, welche
nie ein Zeichen der Unzufriedenheit gegeben haben und bereit sind, ohne Mur¬
ren fortzuarbeiten.
Als daher der theilweise Aufstand der Arbeiter sowie die Hetzereien der
Agenten der Union fortdauerten, kündigten die der Trutzgesellschaft ange'
hörenden Hütten- und Gruben-Besitzer am Anfang Januar 1876 an, daß sie,
falls sie nicht sich sämmtlich der weiteren Lohnreduktion um 10 Procent
fügen würden, am 1. Februar eine allgemeine Arbeits sperre eintreten lassen
würden. Da die ausstehenden Arbeiter dieser Aufforderung nicht Folge leiste¬
ten, so wurde die Drohung am 1. Februar wirklich ausgeführt und zwar
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |