Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.Heinrich Kruse's "Arutus". Kaum eine größere deutsche Bühne giebt es, auf der Shakespeare's Seit der großen, in allem Guten und Hohen noch heute nachwirkender Gnmzlwttti I. 1875. Zi.
Heinrich Kruse's „Arutus". Kaum eine größere deutsche Bühne giebt es, auf der Shakespeare's Seit der großen, in allem Guten und Hohen noch heute nachwirkender Gnmzlwttti I. 1875. Zi.
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Heinrich Kruse's „Arutus".
Kaum eine größere deutsche Bühne giebt es, auf der Shakespeare's
„Julius Caesar" nicht Repertoirestück wäre. Am vorzüglichsten gilt heute die
Darstellung der Tragödie durch die Meininger. Berlin hat in den jüngsten
Tagen diese samische Leistung der hochverdienten Gesellschaft mit reichem Bei¬
fall genossen. Man kann dreist sagen: der Shakespeare'sche Julius Caesar
ist bei uns weit populärer, als in seiner englischen Heimath. Wer jemals
die Londoner Saison mitgemacht hat, wird uns das bestätigen. Wie selten
wird dieses Drama Shakespeare's am Ufer der Themse gegeben? Es kann
dahingestellt bleiben, wie diese Erscheinung zu erklären ist. Vielleicht hängt
sie damit zusammen, daß der Julius Caesar Shakespeare's nur eine einzige
Rolle enthält, welche den Schauspielvirtuosen ersten Ranges anziehen könnte:
die des Antonius. Und diese Rolle tritt weit zurück an selbständigem
Glänze hinter den Titelrollen andrer Shakespeare'scher Tragödien, wie Hamlet,
König Lear. Othello, Macbeth, Richard III. u. s. w. In England geben
sich aber bekanntlich die Löwen der Schauspielkunst dazu her, an zwölf bis
zwanzig Abenden hintereinander und öfter noch, jeden Abend ihren Hamlet
oder Macbeth herunterzuspielen; das Publikum hat nur Auge und Ohr für
sie, und kümmert sich um die guten oder schlechten Leistungen der übrigen
Schauspieler so wenig, wie auf den Rennen von Epsom um die Farben und
Gäule, die außerhalb der Wette stehen.
Seit der großen, in allem Guten und Hohen noch heute nachwirkender
Arbeit unsrer Geistesheroen auf dem Gebiete der dramatischen Kunst und der
Dramaturgie, namentlich seit der Blüthe der hohen Schule, die Goethe in
Schrift, Wort und That dem deutschen Theater aufgethan, haben wir Deut¬
schen gerade das Gegentheil dieser englischen Darstellungsweise für unser Ideal
mimischer Kunst gehalten. Nicht in der Subordination der mittelmäßigen
und geringen schauspielerischen Talente unter das große erblicken wir die
höchste Leistung dieser Kunst; sondern in der Einordnung aller mitwirkenden
Kräfte nach dem Sinne und Plan des Dichters, nach dem Antheil, der jedem
Einzelnen und Allen zusammen zur Veranschaulichung der leitenden Idee des
Stückes vorgezeichnet ist. Und vielleicht ist darum eben Shakespeare's Julius
Gnmzlwttti I. 1875. Zi.
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