Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.sei, daß sie der Zauberlehrling das erste Mal leise, gleichsam nochmals me- Hinter den "Abenden" folgen noch ein paar Seiten erläuternder Anmer¬ Der Abdruck der Gedichte ist im Allgemeinen correct bewerkstelligt, doch Ein Buch wie diese "Poetischen Abende" läßt sich selbst für das talem- sei, daß sie der Zauberlehrling das erste Mal leise, gleichsam nochmals me- Hinter den „Abenden" folgen noch ein paar Seiten erläuternder Anmer¬ Der Abdruck der Gedichte ist im Allgemeinen correct bewerkstelligt, doch Ein Buch wie diese „Poetischen Abende" läßt sich selbst für das talem- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0242" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133530"/> <p xml:id="ID_789" prev="#ID_788"> sei, daß sie der Zauberlehrling das erste Mal leise, gleichsam nochmals me-<lb/> morirend und sich vergewissernd vor sich hinsumme, das zweite Mal erst die<lb/> laute Anwendung davon mache. Du suchst vergeblich danach und erfährst<lb/> weiter nichts, als daß der Vortrag dieser Gedichte „sehr schwierig" sei —<lb/> was du vorher auch schon wußtest — und daß er „mit dramatischer Leb¬<lb/> haftigkeit erfüllt" sein müsse. Das ist Alles. Uebrigens werden diese Capitel-<lb/> einleitungen mit jedem „Abend" magerer und werthloser. An den beiden letzten<lb/> Abenden, in denen doch die ganze Menge der verschiedenartigsten Gedichte<lb/> vorgeführt wird, sind sie glücklich zu einer Seite zusammengeschrumpft.<lb/> Es ist, als ob dem Versasser der Athem schließlich ausgegangen wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_790"> Hinter den „Abenden" folgen noch ein paar Seiten erläuternder Anmer¬<lb/> kungen. Diese sind das Wunderlichste, was uns je an solchen Anmerkungen<lb/> zu Gesicht gekommen ist. Es ist beim besten Willen nicht möglich, hier irgend<lb/> einen Grundsatz zu entdecken, nach'dem der Herausgeber verfahren sei. Er druckt<lb/> z. B. eine Horazische Ode ab; einen darin vorkommenden Namen erläutert<lb/> er, zehn andere, die für ein so völlig voraussetzungsloses Publikum, wie es<lb/> Gene'e doch für sein Buch nur im Auge gehabt haben kann, ebenso dringend der<lb/> Erläuterung bedürften, bleiben unerklärt. Kein Mensch kann entrcithseln,<lb/> warum die eine Anmerkung dasteht, und zehn andere fehlen. Der einzige<lb/> denkbare Grund wäre der, daß Gene'e bei der einen Stelle etwas zu sagen ge¬<lb/> wußt hat, oder wenigstens zu wissen geglaubt hat; bei einer anderen, wo<lb/> dies nicht der Fall war, er auch gerade kein Buch zum Nachschlagen bei der<lb/> Hand hatte, schweigt er sich eben einfach aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_791"> Der Abdruck der Gedichte ist im Allgemeinen correct bewerkstelligt, doch<lb/> begegnet man auch allerhand unmotivirten Abweichungen in der Orthographie<lb/> und Interpunktion, ja selbst im Wortlaute. In Schiller's allbekannten<lb/> Distichon über das Distichon macht Gene'e aus „des Springquells flüssiger<lb/> Säule" eine „mächtige Säule"; im Goethischen „Sänger" ändert er die jedem<lb/> Kinde bekannte Zeile: „Der König, dem das Lied gefiel" ab in: Der<lb/> König, dem es wohlgefiel. Vom Centauren Cheiron scheint Gene'e nähere<lb/> Kunde zu haben, daß es ein Schimmel gewesen ist; denn in Ramler's Ueber¬<lb/> setzung der 13. Horazischen Epode läßt er ihn als „weißen Chiron" auftreten.<lb/> Hie und da werden Abänderungen zwar nicht direct vorgenommen, aber doch<lb/> sehr ungenirt vorgeschlagen; so heißt es in einer Anmerkung zu Goethe's<lb/> „Fischer": „dem Angel ist dem allgemeinen Sprachgebrauch entgegen, man<lb/> wird dies ohne Bedenken ändern können. Auch sonst fehlt es nicht an<lb/> Ungenauigkeiten; so steht Gene'e z. B. mit dem B in griechischen Worten<lb/> entschieden aus gespanntem Fuße, wie seine Schreibung Amphibrachis, Jbikus.<lb/> Jlithia (!) beweist.</p><lb/> <p xml:id="ID_792" next="#ID_793"> Ein Buch wie diese „Poetischen Abende" läßt sich selbst für das talem-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0242]
sei, daß sie der Zauberlehrling das erste Mal leise, gleichsam nochmals me-
morirend und sich vergewissernd vor sich hinsumme, das zweite Mal erst die
laute Anwendung davon mache. Du suchst vergeblich danach und erfährst
weiter nichts, als daß der Vortrag dieser Gedichte „sehr schwierig" sei —
was du vorher auch schon wußtest — und daß er „mit dramatischer Leb¬
haftigkeit erfüllt" sein müsse. Das ist Alles. Uebrigens werden diese Capitel-
einleitungen mit jedem „Abend" magerer und werthloser. An den beiden letzten
Abenden, in denen doch die ganze Menge der verschiedenartigsten Gedichte
vorgeführt wird, sind sie glücklich zu einer Seite zusammengeschrumpft.
Es ist, als ob dem Versasser der Athem schließlich ausgegangen wäre.
Hinter den „Abenden" folgen noch ein paar Seiten erläuternder Anmer¬
kungen. Diese sind das Wunderlichste, was uns je an solchen Anmerkungen
zu Gesicht gekommen ist. Es ist beim besten Willen nicht möglich, hier irgend
einen Grundsatz zu entdecken, nach'dem der Herausgeber verfahren sei. Er druckt
z. B. eine Horazische Ode ab; einen darin vorkommenden Namen erläutert
er, zehn andere, die für ein so völlig voraussetzungsloses Publikum, wie es
Gene'e doch für sein Buch nur im Auge gehabt haben kann, ebenso dringend der
Erläuterung bedürften, bleiben unerklärt. Kein Mensch kann entrcithseln,
warum die eine Anmerkung dasteht, und zehn andere fehlen. Der einzige
denkbare Grund wäre der, daß Gene'e bei der einen Stelle etwas zu sagen ge¬
wußt hat, oder wenigstens zu wissen geglaubt hat; bei einer anderen, wo
dies nicht der Fall war, er auch gerade kein Buch zum Nachschlagen bei der
Hand hatte, schweigt er sich eben einfach aus.
Der Abdruck der Gedichte ist im Allgemeinen correct bewerkstelligt, doch
begegnet man auch allerhand unmotivirten Abweichungen in der Orthographie
und Interpunktion, ja selbst im Wortlaute. In Schiller's allbekannten
Distichon über das Distichon macht Gene'e aus „des Springquells flüssiger
Säule" eine „mächtige Säule"; im Goethischen „Sänger" ändert er die jedem
Kinde bekannte Zeile: „Der König, dem das Lied gefiel" ab in: Der
König, dem es wohlgefiel. Vom Centauren Cheiron scheint Gene'e nähere
Kunde zu haben, daß es ein Schimmel gewesen ist; denn in Ramler's Ueber¬
setzung der 13. Horazischen Epode läßt er ihn als „weißen Chiron" auftreten.
Hie und da werden Abänderungen zwar nicht direct vorgenommen, aber doch
sehr ungenirt vorgeschlagen; so heißt es in einer Anmerkung zu Goethe's
„Fischer": „dem Angel ist dem allgemeinen Sprachgebrauch entgegen, man
wird dies ohne Bedenken ändern können. Auch sonst fehlt es nicht an
Ungenauigkeiten; so steht Gene'e z. B. mit dem B in griechischen Worten
entschieden aus gespanntem Fuße, wie seine Schreibung Amphibrachis, Jbikus.
Jlithia (!) beweist.
Ein Buch wie diese „Poetischen Abende" läßt sich selbst für das talem-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |