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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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ist zur Zulassung in jeder anderen und zur Unterstützung durch dieselbe
berechtigt.

"Freibriefe" zur Gründung einer Loge ertheilt die Districts-Großloge,
und es sind dazu fünf Brüder "in gutem Stande" erforderlich. Wo noch
keine Districts - Großloge existirt, tritt bei jener Concessionsertheilung die
Central - Großloge an deren Stelle. Wie die Maurerei in mehrere Grade
zerfällt, so auch die Oddfellowship, und zwar hat sie deren zunächst fünf.
Nur die Inhaber des fünften sind zu allen Aemtern in der Loge qualificirt.
Seit dem Jahre 1852 ist mit diesem Grade eine Institution verbunden, welche
den Frauen der mit ihm Bekleideten -- man könnte, weltlich gesprochen, auch
sagen : Behafteten) die Mitwirkung an der Arbeit der "Närrischen Kerle"
gestattet. Es wird die in Amerika spukende Weiberemancipations - Theorie
gewesen sein, die den Bruder Schuyler Colfax veranlaßte diese Einrichtung,
die man den "Rebekka-Grad" nennt, in Borschlag zu bringen, und ich bin
ungalant genug, um zu meinen, es sei damit mehr auf die Eitelkeit, als auf
das gute Herz des schönen Geschlechts abgesehen. Herr Pniower ist andrer
Ansicht. Er schreibt, es sei damit eine Einrichtung geschaffen worden, durch
welche "der Orden die milde Frauenhand, die am Krankenbett und in
der Hütte der Armen ihre Wunder verrichtet, die Frauenhand, die uns
führt, bis wir selbst stehen können, für seine humanistischen Zwecke ge¬
winne." Möglich, daß er hier einmal Recht hat, aber er flößt mir nach
dem Vorherigen nur gelegentlich einiges Vertrauen ein, wenn er sich über die
Absichten seines Ordens äußert. Ehrlich ist es, daß er gesteht, dieser Zweig
desselben blühe zwar in Amerika, scheine aber in Deutschland kein rechtes
Entgegenkommen zu finden. Ob der Grund hiervon, wie er glaubt, in der
Verschiedenheit der socialen Verhältnisse diesseits und jenseits des Oceans liegt,
weiß ich nicht, halte aber die Gelegenheit für günstig, mich nach der soeben
verbrochnen Ungalanterie bei den Damen, deren Auge auf diese Betrachtung
fällt, wieder zu insinuiren, indem ich jenen Grund darin erblicke, daß die
deutschen Frauen mehr Verstand und Geschmack haben als die Töchter Arete
Sam's. Sollte ich dadurch, daß ich sogleich hinzufüge, daß in Berlin unter
dem Namen "Einigkeit" und in Hannover unter der Bezeichnung "Königin
Louise" Rebekka-Logen arbeiten, von der so wiedergewonnenen Huld bei ein
paar Dutzend "sonderbaren Schwestern" einbüßen, so würde mich das betrü¬
ben, aber wer kann für die Wahrheit ?

Wie es neben der "blauen" auch eine "rothe" Maurerei, neben den
Johannisgraden auch Hochgrade, Schotten, Andreasritter u. f. w. giebt, so
giebt es über den fünf Abstufungen der gemeinen Ott Fellows auch eine vor¬
nehmere Sorte "Närrischer Kerle". Neben den Logen und Großlogen "wir¬
ken" Lager und Großlager. Um Mitglied eines Lagers werden zu können,


ist zur Zulassung in jeder anderen und zur Unterstützung durch dieselbe
berechtigt.

„Freibriefe" zur Gründung einer Loge ertheilt die Districts-Großloge,
und es sind dazu fünf Brüder „in gutem Stande" erforderlich. Wo noch
keine Districts - Großloge existirt, tritt bei jener Concessionsertheilung die
Central - Großloge an deren Stelle. Wie die Maurerei in mehrere Grade
zerfällt, so auch die Oddfellowship, und zwar hat sie deren zunächst fünf.
Nur die Inhaber des fünften sind zu allen Aemtern in der Loge qualificirt.
Seit dem Jahre 1852 ist mit diesem Grade eine Institution verbunden, welche
den Frauen der mit ihm Bekleideten — man könnte, weltlich gesprochen, auch
sagen : Behafteten) die Mitwirkung an der Arbeit der „Närrischen Kerle"
gestattet. Es wird die in Amerika spukende Weiberemancipations - Theorie
gewesen sein, die den Bruder Schuyler Colfax veranlaßte diese Einrichtung,
die man den „Rebekka-Grad" nennt, in Borschlag zu bringen, und ich bin
ungalant genug, um zu meinen, es sei damit mehr auf die Eitelkeit, als auf
das gute Herz des schönen Geschlechts abgesehen. Herr Pniower ist andrer
Ansicht. Er schreibt, es sei damit eine Einrichtung geschaffen worden, durch
welche „der Orden die milde Frauenhand, die am Krankenbett und in
der Hütte der Armen ihre Wunder verrichtet, die Frauenhand, die uns
führt, bis wir selbst stehen können, für seine humanistischen Zwecke ge¬
winne." Möglich, daß er hier einmal Recht hat, aber er flößt mir nach
dem Vorherigen nur gelegentlich einiges Vertrauen ein, wenn er sich über die
Absichten seines Ordens äußert. Ehrlich ist es, daß er gesteht, dieser Zweig
desselben blühe zwar in Amerika, scheine aber in Deutschland kein rechtes
Entgegenkommen zu finden. Ob der Grund hiervon, wie er glaubt, in der
Verschiedenheit der socialen Verhältnisse diesseits und jenseits des Oceans liegt,
weiß ich nicht, halte aber die Gelegenheit für günstig, mich nach der soeben
verbrochnen Ungalanterie bei den Damen, deren Auge auf diese Betrachtung
fällt, wieder zu insinuiren, indem ich jenen Grund darin erblicke, daß die
deutschen Frauen mehr Verstand und Geschmack haben als die Töchter Arete
Sam's. Sollte ich dadurch, daß ich sogleich hinzufüge, daß in Berlin unter
dem Namen „Einigkeit" und in Hannover unter der Bezeichnung „Königin
Louise" Rebekka-Logen arbeiten, von der so wiedergewonnenen Huld bei ein
paar Dutzend „sonderbaren Schwestern" einbüßen, so würde mich das betrü¬
ben, aber wer kann für die Wahrheit ?

Wie es neben der „blauen" auch eine „rothe" Maurerei, neben den
Johannisgraden auch Hochgrade, Schotten, Andreasritter u. f. w. giebt, so
giebt es über den fünf Abstufungen der gemeinen Ott Fellows auch eine vor¬
nehmere Sorte „Närrischer Kerle". Neben den Logen und Großlogen „wir¬
ken" Lager und Großlager. Um Mitglied eines Lagers werden zu können,


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[0219] ist zur Zulassung in jeder anderen und zur Unterstützung durch dieselbe berechtigt. „Freibriefe" zur Gründung einer Loge ertheilt die Districts-Großloge, und es sind dazu fünf Brüder „in gutem Stande" erforderlich. Wo noch keine Districts - Großloge existirt, tritt bei jener Concessionsertheilung die Central - Großloge an deren Stelle. Wie die Maurerei in mehrere Grade zerfällt, so auch die Oddfellowship, und zwar hat sie deren zunächst fünf. Nur die Inhaber des fünften sind zu allen Aemtern in der Loge qualificirt. Seit dem Jahre 1852 ist mit diesem Grade eine Institution verbunden, welche den Frauen der mit ihm Bekleideten — man könnte, weltlich gesprochen, auch sagen : Behafteten) die Mitwirkung an der Arbeit der „Närrischen Kerle" gestattet. Es wird die in Amerika spukende Weiberemancipations - Theorie gewesen sein, die den Bruder Schuyler Colfax veranlaßte diese Einrichtung, die man den „Rebekka-Grad" nennt, in Borschlag zu bringen, und ich bin ungalant genug, um zu meinen, es sei damit mehr auf die Eitelkeit, als auf das gute Herz des schönen Geschlechts abgesehen. Herr Pniower ist andrer Ansicht. Er schreibt, es sei damit eine Einrichtung geschaffen worden, durch welche „der Orden die milde Frauenhand, die am Krankenbett und in der Hütte der Armen ihre Wunder verrichtet, die Frauenhand, die uns führt, bis wir selbst stehen können, für seine humanistischen Zwecke ge¬ winne." Möglich, daß er hier einmal Recht hat, aber er flößt mir nach dem Vorherigen nur gelegentlich einiges Vertrauen ein, wenn er sich über die Absichten seines Ordens äußert. Ehrlich ist es, daß er gesteht, dieser Zweig desselben blühe zwar in Amerika, scheine aber in Deutschland kein rechtes Entgegenkommen zu finden. Ob der Grund hiervon, wie er glaubt, in der Verschiedenheit der socialen Verhältnisse diesseits und jenseits des Oceans liegt, weiß ich nicht, halte aber die Gelegenheit für günstig, mich nach der soeben verbrochnen Ungalanterie bei den Damen, deren Auge auf diese Betrachtung fällt, wieder zu insinuiren, indem ich jenen Grund darin erblicke, daß die deutschen Frauen mehr Verstand und Geschmack haben als die Töchter Arete Sam's. Sollte ich dadurch, daß ich sogleich hinzufüge, daß in Berlin unter dem Namen „Einigkeit" und in Hannover unter der Bezeichnung „Königin Louise" Rebekka-Logen arbeiten, von der so wiedergewonnenen Huld bei ein paar Dutzend „sonderbaren Schwestern" einbüßen, so würde mich das betrü¬ ben, aber wer kann für die Wahrheit ? Wie es neben der „blauen" auch eine „rothe" Maurerei, neben den Johannisgraden auch Hochgrade, Schotten, Andreasritter u. f. w. giebt, so giebt es über den fünf Abstufungen der gemeinen Ott Fellows auch eine vor¬ nehmere Sorte „Närrischer Kerle". Neben den Logen und Großlogen „wir¬ ken" Lager und Großlager. Um Mitglied eines Lagers werden zu können,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/219>, abgerufen am 06.02.2025.