Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Brüderschaft wird den Namen adoptirt haben, vielleicht wie, um Ernstes mit
Komischen zu'vergleichen. die Geusen den ihnen von den Gegnern angehangenen,
vielleicht auch in lachender Selbsterkenntniß, und wenn die Leser mit diesem
Bericht zu Ende sind, werden sie vermuthlich jenem Volksmund der profanen
Welt Englands Recht geben und meine Uebertragung, auch wenn es ihr ein
klein wenig an Höflichkeit gebrechen sollte, sich aneignen. Und zwar mit
einem Ausrufungszeichen, was dann so aussehen würde: "Närrische Kerle!"

Ueber die Entstehung und die Urgeschichte der Ott Fellowship ist man,
wie über die Anfänge der meisten Geheimbünde, noch nicht völlig im Klaren.
Die Brüder selbst scheinen eine Zeit lang den Ursprung ihres Ordens in das
höchste Alterthum verlegt zu haben, und die englischen Logen huldigen dieser
Meinung zum Theil wohl noch heute. Sehr anspruchsvolle und sehr gründ¬
liche Geister unter ihnen lebten der Ueberzeugung, daß niemand Geringeres
oder Jüngeres ihr Stifter gewesen als Vater Adam, wobei sie nur darüber
noch im Zweifel gewesen sein sollen, ob die Stiftung vor oder nach dem
Apfelbiß stattgefunden habe. Bescheidenere, aber immer noch recht gründliche
Seelen suchten die Wurzeln ihrer Gesellschaft unter den Juden, die ihre Harfen
an die Weiden bet den Wassern von Babylon hingen, und fanden sie auch,
wie das zu gehen pflegt, wenn man etwas finden will und Augen für eine Sache
hat. Noch Anspruchslosere waren zufrieden, zu wissen, daß der Orden der
"Närrischen Kerle" im Jahre 63 n- Chr. unter den Soldaten einer christlichen
Legion entstanden, daß er zweiunddreißtg Jahre nachher vom Kaiser Titus
durch Verleihung einer goldnen Tafel mit allerhand Symbolen anerkannt, und
daß er kurze Zeit darauf nach Britannien verpflanzt worden sei.

Hier hätten wir wenigstens bestimmte Zahlen. Auch der christliche Ur-
sprung gefällt mir ganz wohl und die goldne Tafel nicht minder. Gleichwohl
muß ich Bedenken tragen, mich dieser Ansicht anzuschließen, und zwar vor¬
züglich deshalb, weil, wie Herr Pniower uns nach Gross berichtet, die Ober¬
behörde des Hauptzweiges der Ott Fellows selbst nichts mehr von ihr wissen
will. Die Großlvge des Ordens für die Vereinigten Staaten nämlich hat
sowohl die Adamsmythe, für die vielleicht die Feigenblätterschürze*) anzuführen
war, als die Lehre von der Gründung der Gesellschaft durch trauernde Juden
Babels, für welche der Umstand, daß die Ott Fellows auch Jsraeliten ihre
Pforten öffnen, sprechen konnte, und gleichermaßen die Legionstheorie mit
dem goldnen Patent des Kaisers Titus "nach wiederholten Aufforderungen
zu urkundlichen Beweisen als unbegründet und gänzlich ungereimt verworfen".



*) I. Buch Most, Z. Cap> 7. Vers: "Da wurden ihrer beider Augen aufgethan und
wurden gewahr, daß sie nackend waren und flochten Feigenblätter zusammen und machten
ihnen Schürze." Auch .den Ott Fellows werden bei der Aufnahme die Augen aufgethan,
und sie bekommen einen Schurz.

Brüderschaft wird den Namen adoptirt haben, vielleicht wie, um Ernstes mit
Komischen zu'vergleichen. die Geusen den ihnen von den Gegnern angehangenen,
vielleicht auch in lachender Selbsterkenntniß, und wenn die Leser mit diesem
Bericht zu Ende sind, werden sie vermuthlich jenem Volksmund der profanen
Welt Englands Recht geben und meine Uebertragung, auch wenn es ihr ein
klein wenig an Höflichkeit gebrechen sollte, sich aneignen. Und zwar mit
einem Ausrufungszeichen, was dann so aussehen würde: „Närrische Kerle!"

Ueber die Entstehung und die Urgeschichte der Ott Fellowship ist man,
wie über die Anfänge der meisten Geheimbünde, noch nicht völlig im Klaren.
Die Brüder selbst scheinen eine Zeit lang den Ursprung ihres Ordens in das
höchste Alterthum verlegt zu haben, und die englischen Logen huldigen dieser
Meinung zum Theil wohl noch heute. Sehr anspruchsvolle und sehr gründ¬
liche Geister unter ihnen lebten der Ueberzeugung, daß niemand Geringeres
oder Jüngeres ihr Stifter gewesen als Vater Adam, wobei sie nur darüber
noch im Zweifel gewesen sein sollen, ob die Stiftung vor oder nach dem
Apfelbiß stattgefunden habe. Bescheidenere, aber immer noch recht gründliche
Seelen suchten die Wurzeln ihrer Gesellschaft unter den Juden, die ihre Harfen
an die Weiden bet den Wassern von Babylon hingen, und fanden sie auch,
wie das zu gehen pflegt, wenn man etwas finden will und Augen für eine Sache
hat. Noch Anspruchslosere waren zufrieden, zu wissen, daß der Orden der
„Närrischen Kerle" im Jahre 63 n- Chr. unter den Soldaten einer christlichen
Legion entstanden, daß er zweiunddreißtg Jahre nachher vom Kaiser Titus
durch Verleihung einer goldnen Tafel mit allerhand Symbolen anerkannt, und
daß er kurze Zeit darauf nach Britannien verpflanzt worden sei.

Hier hätten wir wenigstens bestimmte Zahlen. Auch der christliche Ur-
sprung gefällt mir ganz wohl und die goldne Tafel nicht minder. Gleichwohl
muß ich Bedenken tragen, mich dieser Ansicht anzuschließen, und zwar vor¬
züglich deshalb, weil, wie Herr Pniower uns nach Gross berichtet, die Ober¬
behörde des Hauptzweiges der Ott Fellows selbst nichts mehr von ihr wissen
will. Die Großlvge des Ordens für die Vereinigten Staaten nämlich hat
sowohl die Adamsmythe, für die vielleicht die Feigenblätterschürze*) anzuführen
war, als die Lehre von der Gründung der Gesellschaft durch trauernde Juden
Babels, für welche der Umstand, daß die Ott Fellows auch Jsraeliten ihre
Pforten öffnen, sprechen konnte, und gleichermaßen die Legionstheorie mit
dem goldnen Patent des Kaisers Titus „nach wiederholten Aufforderungen
zu urkundlichen Beweisen als unbegründet und gänzlich ungereimt verworfen".



*) I. Buch Most, Z. Cap> 7. Vers: „Da wurden ihrer beider Augen aufgethan und
wurden gewahr, daß sie nackend waren und flochten Feigenblätter zusammen und machten
ihnen Schürze." Auch .den Ott Fellows werden bei der Aufnahme die Augen aufgethan,
und sie bekommen einen Schurz.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0210" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133498"/>
          <p xml:id="ID_683" prev="#ID_682"> Brüderschaft wird den Namen adoptirt haben, vielleicht wie, um Ernstes mit<lb/>
Komischen zu'vergleichen. die Geusen den ihnen von den Gegnern angehangenen,<lb/>
vielleicht auch in lachender Selbsterkenntniß, und wenn die Leser mit diesem<lb/>
Bericht zu Ende sind, werden sie vermuthlich jenem Volksmund der profanen<lb/>
Welt Englands Recht geben und meine Uebertragung, auch wenn es ihr ein<lb/>
klein wenig an Höflichkeit gebrechen sollte, sich aneignen. Und zwar mit<lb/>
einem Ausrufungszeichen, was dann so aussehen würde: &#x201E;Närrische Kerle!"</p><lb/>
          <p xml:id="ID_684"> Ueber die Entstehung und die Urgeschichte der Ott Fellowship ist man,<lb/>
wie über die Anfänge der meisten Geheimbünde, noch nicht völlig im Klaren.<lb/>
Die Brüder selbst scheinen eine Zeit lang den Ursprung ihres Ordens in das<lb/>
höchste Alterthum verlegt zu haben, und die englischen Logen huldigen dieser<lb/>
Meinung zum Theil wohl noch heute. Sehr anspruchsvolle und sehr gründ¬<lb/>
liche Geister unter ihnen lebten der Ueberzeugung, daß niemand Geringeres<lb/>
oder Jüngeres ihr Stifter gewesen als Vater Adam, wobei sie nur darüber<lb/>
noch im Zweifel gewesen sein sollen, ob die Stiftung vor oder nach dem<lb/>
Apfelbiß stattgefunden habe. Bescheidenere, aber immer noch recht gründliche<lb/>
Seelen suchten die Wurzeln ihrer Gesellschaft unter den Juden, die ihre Harfen<lb/>
an die Weiden bet den Wassern von Babylon hingen, und fanden sie auch,<lb/>
wie das zu gehen pflegt, wenn man etwas finden will und Augen für eine Sache<lb/>
hat. Noch Anspruchslosere waren zufrieden, zu wissen, daß der Orden der<lb/>
&#x201E;Närrischen Kerle" im Jahre 63 n- Chr. unter den Soldaten einer christlichen<lb/>
Legion entstanden, daß er zweiunddreißtg Jahre nachher vom Kaiser Titus<lb/>
durch Verleihung einer goldnen Tafel mit allerhand Symbolen anerkannt, und<lb/>
daß er kurze Zeit darauf nach Britannien verpflanzt worden sei.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_685" next="#ID_686"> Hier hätten wir wenigstens bestimmte Zahlen. Auch der christliche Ur-<lb/>
sprung gefällt mir ganz wohl und die goldne Tafel nicht minder. Gleichwohl<lb/>
muß ich Bedenken tragen, mich dieser Ansicht anzuschließen, und zwar vor¬<lb/>
züglich deshalb, weil, wie Herr Pniower uns nach Gross berichtet, die Ober¬<lb/>
behörde des Hauptzweiges der Ott Fellows selbst nichts mehr von ihr wissen<lb/>
will. Die Großlvge des Ordens für die Vereinigten Staaten nämlich hat<lb/>
sowohl die Adamsmythe, für die vielleicht die Feigenblätterschürze*) anzuführen<lb/>
war, als die Lehre von der Gründung der Gesellschaft durch trauernde Juden<lb/>
Babels, für welche der Umstand, daß die Ott Fellows auch Jsraeliten ihre<lb/>
Pforten öffnen, sprechen konnte, und gleichermaßen die Legionstheorie mit<lb/>
dem goldnen Patent des Kaisers Titus &#x201E;nach wiederholten Aufforderungen<lb/>
zu urkundlichen Beweisen als unbegründet und gänzlich ungereimt verworfen".</p><lb/>
          <note xml:id="FID_24" place="foot"> *) I. Buch Most, Z. Cap&gt; 7. Vers: &#x201E;Da wurden ihrer beider Augen aufgethan und<lb/>
wurden gewahr, daß sie nackend waren und flochten Feigenblätter zusammen und machten<lb/>
ihnen Schürze." Auch .den Ott Fellows werden bei der Aufnahme die Augen aufgethan,<lb/>
und sie bekommen einen Schurz.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0210] Brüderschaft wird den Namen adoptirt haben, vielleicht wie, um Ernstes mit Komischen zu'vergleichen. die Geusen den ihnen von den Gegnern angehangenen, vielleicht auch in lachender Selbsterkenntniß, und wenn die Leser mit diesem Bericht zu Ende sind, werden sie vermuthlich jenem Volksmund der profanen Welt Englands Recht geben und meine Uebertragung, auch wenn es ihr ein klein wenig an Höflichkeit gebrechen sollte, sich aneignen. Und zwar mit einem Ausrufungszeichen, was dann so aussehen würde: „Närrische Kerle!" Ueber die Entstehung und die Urgeschichte der Ott Fellowship ist man, wie über die Anfänge der meisten Geheimbünde, noch nicht völlig im Klaren. Die Brüder selbst scheinen eine Zeit lang den Ursprung ihres Ordens in das höchste Alterthum verlegt zu haben, und die englischen Logen huldigen dieser Meinung zum Theil wohl noch heute. Sehr anspruchsvolle und sehr gründ¬ liche Geister unter ihnen lebten der Ueberzeugung, daß niemand Geringeres oder Jüngeres ihr Stifter gewesen als Vater Adam, wobei sie nur darüber noch im Zweifel gewesen sein sollen, ob die Stiftung vor oder nach dem Apfelbiß stattgefunden habe. Bescheidenere, aber immer noch recht gründliche Seelen suchten die Wurzeln ihrer Gesellschaft unter den Juden, die ihre Harfen an die Weiden bet den Wassern von Babylon hingen, und fanden sie auch, wie das zu gehen pflegt, wenn man etwas finden will und Augen für eine Sache hat. Noch Anspruchslosere waren zufrieden, zu wissen, daß der Orden der „Närrischen Kerle" im Jahre 63 n- Chr. unter den Soldaten einer christlichen Legion entstanden, daß er zweiunddreißtg Jahre nachher vom Kaiser Titus durch Verleihung einer goldnen Tafel mit allerhand Symbolen anerkannt, und daß er kurze Zeit darauf nach Britannien verpflanzt worden sei. Hier hätten wir wenigstens bestimmte Zahlen. Auch der christliche Ur- sprung gefällt mir ganz wohl und die goldne Tafel nicht minder. Gleichwohl muß ich Bedenken tragen, mich dieser Ansicht anzuschließen, und zwar vor¬ züglich deshalb, weil, wie Herr Pniower uns nach Gross berichtet, die Ober¬ behörde des Hauptzweiges der Ott Fellows selbst nichts mehr von ihr wissen will. Die Großlvge des Ordens für die Vereinigten Staaten nämlich hat sowohl die Adamsmythe, für die vielleicht die Feigenblätterschürze*) anzuführen war, als die Lehre von der Gründung der Gesellschaft durch trauernde Juden Babels, für welche der Umstand, daß die Ott Fellows auch Jsraeliten ihre Pforten öffnen, sprechen konnte, und gleichermaßen die Legionstheorie mit dem goldnen Patent des Kaisers Titus „nach wiederholten Aufforderungen zu urkundlichen Beweisen als unbegründet und gänzlich ungereimt verworfen". *) I. Buch Most, Z. Cap> 7. Vers: „Da wurden ihrer beider Augen aufgethan und wurden gewahr, daß sie nackend waren und flochten Feigenblätter zusammen und machten ihnen Schürze." Auch .den Ott Fellows werden bei der Aufnahme die Augen aufgethan, und sie bekommen einen Schurz.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/210
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/210>, abgerufen am 06.02.2025.