Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.zum Ziel setzen, mit den Abschlüssen, welche diese Reihenfolge finden soll. Wir schauen heute in das Angesicht eines der Größesten unserer Geistes- Nein, nein, und abermals nein! Raffen wir uns dazu auf. von Neuem den Bund zu schließen, den Gmizbotm u. 1875
zum Ziel setzen, mit den Abschlüssen, welche diese Reihenfolge finden soll. Wir schauen heute in das Angesicht eines der Größesten unserer Geistes- Nein, nein, und abermals nein! Raffen wir uns dazu auf. von Neuem den Bund zu schließen, den Gmizbotm u. 1875
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zum Ziel setzen, mit den Abschlüssen, welche diese Reihenfolge finden soll.
Solche universelle Zweckthätigkeit des Urwesens läßt es uns erkennen als den
Urwillen, der zugleich den Stoff in sich trägt, aus welchem die Welt
ist. und zugleich das Ziel denkt und will, zu welchem hin die Welt
sich entwickeln soll, darum aber zugleich auch in dieser Weltentwickelung das
eigentlich Wirkende selbst ist. Und so sind wir wieder bei Schelling. Aber
das letzte Endziel, das sein Urwille will und durch die Welt nach langem
Kampfe endlich erreicht werden läßt, in einem alle Seelen der Menschen
wiederbringenden Jenseits, — das ist eine Welt der Liebe; denn sein Ur¬
Wille ist der Gott der Liebe. Und so sind wir bei Schelling zugleich bei
unserm Christenglauben. —
Wir schauen heute in das Angesicht eines der Größesten unserer Geistes-
heroen. Wir stehen davor mit dem Bewußtsein, daß das heute und in jüngst
vergangener Zeit uns am Landesteil als Wahrheit Empfohlene das schroffste
Gegentheil ist von dem, was uns dieser Held unsers Tags als Wahrheit
verkündete: Materialismus, d. i. Verzicht auf den Geist; Pessimismus, d. i.
Verzicht auf Glück; Skepticismus, d. i. Verzicht aus alle Wahrheit. Sollte
so der Knoten auseinandergehen: die politische Ohnmacht und Zwietracht
Deutschlands mit der Fülle geiht- und gemüthvollen Jnnelebens — das einige,
mächtige deutsche Reich mit der Verödung des Geistes und Herzens?
Nein, nein, und abermals nein!
Raffen wir uns dazu auf. von Neuem den Bund zu schließen, den
Schelling immer fester zu machen sein ganzes, Leben gerungen, den Bund
zwischen dem wissenden Verstände, dem fröhlichen Aufschwünge der Phan¬
tasie und einem frommen, liebeerfüllten Herzen. Auf sichrerer Wissenschaft-
licher Grundlage als Schelling selbst dürfen wir heute uns dessen freuen, daß
die Ideale unsrer großen Dichter, die Gedanken unsrer größten Philosophen,
die religiösen Gefühle unsrer wahrhaft Frommen ein und denselben Inhalt
haben: den Inhalt, den wir heute als den Kern des Schelling'schen Denkens
fanden, und den wir, zum Zeugniß, daß hier Poesie und Philosophie sowohl
sich als der Religion die Hand reichen, mit dem Schillerworte wiederholen:
Ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt, und mit den Worten des
Christenthums: >'>e«? ?r, , / — ,«7«??^: Gott ist Geist,
Gott ist Liebe.
Gmizbotm u. 1875
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