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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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denken, nach Wiederherstellung der durch diese Artikel aufgehobenen Staats¬
rechte, den Kampf mit Rom nur -- noch defensiv zu führen gedenke. Das
darf wohl so ausgelegt werden, daß nach Wiederherstellung des landesherrlichen
Planet, nach Verbot jeder unmittelbaren Communication mit Rom, nach Wie¬
derherstellung des gebührenden staatlichen Einflusses auf die Besetzung der
Kirchenämter, nach Aufhebung der Klöster und nach Sequestration der Stif¬
tungen, bei Aufrechthaltung aller bisherigen Maßregeln, der Fürst den Cultur¬
kampf , soweit er durch den Erlaß neuer Gesetze geführt worden, für beendigt
ansieht. Das setzt freilich voraus, daß die ultramontane Partei, wie sie so
oft versichert hat, ihrerseits über den passiven Widerstand nicht hinausgeht.


0--i'.


Was wir in der Fremde lebenden Deutschen aus dem Vaterland hören
und lesen, dreht sich Alles um den Culturkampf. Wir denken uns, daß
manchem Landsmann dieses Kampfes bald zu viel wird, daß er wenigstens
von Herzen das Ende herbeisehnt. Darüber können wir in der Fremde natür¬
lich nichts sagen, wohl aber mögen die Landsleute daheim daran erinnert
sein, daß der Kampf mit der Hierarchie eine Weltlast ist. Diejenigen Völker
und Staaten, welche den Streit nicht, wie unser Vaterland, heute entschlossen
durchkämpfen, werden sich des Aufschubs später nicht erfreuen. Unsere junge
Republik hier in Mexiko verfährt anders. Sie kämpft ihren Strauß mit der
Hierarchie muthig aus.

Die Landsleute daheim erinnern sich vielleicht, daß der so traurig be¬
endigte Jnvasionsversuch des unglücklichen Maximilian mehr noch auf Be¬
trieb der Hierarchie, als des Napoleonischen Frankreich erfolgte, daß der jam¬
mervolle Ausgang dieses Versuches wiederum mehr noch auf Rechnung der
Hierarchie, als desselben Frankreich kommt. Zwar die Gründung einer dauer¬
haften Herrschaft konnte Maximilian durch einheimische Mittel nie gelingen,
was so viel heißt, als sie konnte ihm überhaupt nicht gelingen. Aber, daß
der Ausgang sich so gestaltete, wie er sich gestaltet hat, das kommt auf
Rechnung der Hierarchie. Doch es ist nicht meine Absicht, dieses traurige
Blatt der Geschichte heute aufzuschlagen. Ich beabsichtige eine Mittheilung
über den Kampf unserer Republik mit der Hierarchie.

Unsere Staatsverfassung hat im September 1873 unter verschiedenen
Zusatzartikeln auch einen erhalten, der klösterliche Ordensgemeinschaften ohne
Ausnahme verbietet. Neuerdings ist von dem Congreß ein organisches Gesetz
zur Ausführung dieses Artikels angenommen worden. Darin sind die klöster-


denken, nach Wiederherstellung der durch diese Artikel aufgehobenen Staats¬
rechte, den Kampf mit Rom nur — noch defensiv zu führen gedenke. Das
darf wohl so ausgelegt werden, daß nach Wiederherstellung des landesherrlichen
Planet, nach Verbot jeder unmittelbaren Communication mit Rom, nach Wie¬
derherstellung des gebührenden staatlichen Einflusses auf die Besetzung der
Kirchenämter, nach Aufhebung der Klöster und nach Sequestration der Stif¬
tungen, bei Aufrechthaltung aller bisherigen Maßregeln, der Fürst den Cultur¬
kampf , soweit er durch den Erlaß neuer Gesetze geführt worden, für beendigt
ansieht. Das setzt freilich voraus, daß die ultramontane Partei, wie sie so
oft versichert hat, ihrerseits über den passiven Widerstand nicht hinausgeht.


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Was wir in der Fremde lebenden Deutschen aus dem Vaterland hören
und lesen, dreht sich Alles um den Culturkampf. Wir denken uns, daß
manchem Landsmann dieses Kampfes bald zu viel wird, daß er wenigstens
von Herzen das Ende herbeisehnt. Darüber können wir in der Fremde natür¬
lich nichts sagen, wohl aber mögen die Landsleute daheim daran erinnert
sein, daß der Kampf mit der Hierarchie eine Weltlast ist. Diejenigen Völker
und Staaten, welche den Streit nicht, wie unser Vaterland, heute entschlossen
durchkämpfen, werden sich des Aufschubs später nicht erfreuen. Unsere junge
Republik hier in Mexiko verfährt anders. Sie kämpft ihren Strauß mit der
Hierarchie muthig aus.

Die Landsleute daheim erinnern sich vielleicht, daß der so traurig be¬
endigte Jnvasionsversuch des unglücklichen Maximilian mehr noch auf Be¬
trieb der Hierarchie, als des Napoleonischen Frankreich erfolgte, daß der jam¬
mervolle Ausgang dieses Versuches wiederum mehr noch auf Rechnung der
Hierarchie, als desselben Frankreich kommt. Zwar die Gründung einer dauer¬
haften Herrschaft konnte Maximilian durch einheimische Mittel nie gelingen,
was so viel heißt, als sie konnte ihm überhaupt nicht gelingen. Aber, daß
der Ausgang sich so gestaltete, wie er sich gestaltet hat, das kommt auf
Rechnung der Hierarchie. Doch es ist nicht meine Absicht, dieses traurige
Blatt der Geschichte heute aufzuschlagen. Ich beabsichtige eine Mittheilung
über den Kampf unserer Republik mit der Hierarchie.

Unsere Staatsverfassung hat im September 1873 unter verschiedenen
Zusatzartikeln auch einen erhalten, der klösterliche Ordensgemeinschaften ohne
Ausnahme verbietet. Neuerdings ist von dem Congreß ein organisches Gesetz
zur Ausführung dieses Artikels angenommen worden. Darin sind die klöster-


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[0160] denken, nach Wiederherstellung der durch diese Artikel aufgehobenen Staats¬ rechte, den Kampf mit Rom nur — noch defensiv zu führen gedenke. Das darf wohl so ausgelegt werden, daß nach Wiederherstellung des landesherrlichen Planet, nach Verbot jeder unmittelbaren Communication mit Rom, nach Wie¬ derherstellung des gebührenden staatlichen Einflusses auf die Besetzung der Kirchenämter, nach Aufhebung der Klöster und nach Sequestration der Stif¬ tungen, bei Aufrechthaltung aller bisherigen Maßregeln, der Fürst den Cultur¬ kampf , soweit er durch den Erlaß neuer Gesetze geführt worden, für beendigt ansieht. Das setzt freilich voraus, daß die ultramontane Partei, wie sie so oft versichert hat, ihrerseits über den passiven Widerstand nicht hinausgeht. 0—i'. Was wir in der Fremde lebenden Deutschen aus dem Vaterland hören und lesen, dreht sich Alles um den Culturkampf. Wir denken uns, daß manchem Landsmann dieses Kampfes bald zu viel wird, daß er wenigstens von Herzen das Ende herbeisehnt. Darüber können wir in der Fremde natür¬ lich nichts sagen, wohl aber mögen die Landsleute daheim daran erinnert sein, daß der Kampf mit der Hierarchie eine Weltlast ist. Diejenigen Völker und Staaten, welche den Streit nicht, wie unser Vaterland, heute entschlossen durchkämpfen, werden sich des Aufschubs später nicht erfreuen. Unsere junge Republik hier in Mexiko verfährt anders. Sie kämpft ihren Strauß mit der Hierarchie muthig aus. Die Landsleute daheim erinnern sich vielleicht, daß der so traurig be¬ endigte Jnvasionsversuch des unglücklichen Maximilian mehr noch auf Be¬ trieb der Hierarchie, als des Napoleonischen Frankreich erfolgte, daß der jam¬ mervolle Ausgang dieses Versuches wiederum mehr noch auf Rechnung der Hierarchie, als desselben Frankreich kommt. Zwar die Gründung einer dauer¬ haften Herrschaft konnte Maximilian durch einheimische Mittel nie gelingen, was so viel heißt, als sie konnte ihm überhaupt nicht gelingen. Aber, daß der Ausgang sich so gestaltete, wie er sich gestaltet hat, das kommt auf Rechnung der Hierarchie. Doch es ist nicht meine Absicht, dieses traurige Blatt der Geschichte heute aufzuschlagen. Ich beabsichtige eine Mittheilung über den Kampf unserer Republik mit der Hierarchie. Unsere Staatsverfassung hat im September 1873 unter verschiedenen Zusatzartikeln auch einen erhalten, der klösterliche Ordensgemeinschaften ohne Ausnahme verbietet. Neuerdings ist von dem Congreß ein organisches Gesetz zur Ausführung dieses Artikels angenommen worden. Darin sind die klöster-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/160>, abgerufen am 05.02.2025.