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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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über diesen Betrag hinaus ausgegeben werden, müssen durch einen gleichen
Betrag von Geldmünzen und Barren, welche in dem Baarschatze der
betreffenden Banken zu liegen haben, gesichert sein. Dagegen haben die
Provinzial - Banken das Recht, ihre Notenbefugniß gegen eine Entschädi¬
gung an die Bank von England abzutreten. Von diesem Rechte hat schon
eine Anzahl von Banken Gebrauch gemacht, so daß die berechtigte Emission
ungedeckter Noten der Bank von England jetzt etwas mehr als wie die ur¬
sprünglichen 14 Millionen Pfd. Sterling beträgt. Diese Bestimmung, für
welche man in Deutschland den Namen Contingentirung angenommen hat,
leidet an mehrfachen Gebrechen, welche namentlich in kritischen Momenten so
auffallend zu Tage getreten sind, daß es in Großbritanien nur wenige Fach¬
männer mehr giebt, welche die gegenwärtige Organisation der Bank von
England noch vertheidigen. Der erste Fehler war der, daß der Gesetzgeber
den Bedarf an Umlaufsmitteln in die Zukunft hinaus fixirte, welche nur
durch das Erlöschen des Privilegiums begrenzt ist. Freilich konnte er nicht
wissen, daß die Production und der Verkehr Englands so rasch zu so riesigem
Umfang anwachsen werde, wie es seitdem geschehen ist, so daß die auf die
zwanzig Jahre vor 1843 basirte Berechnung des Umlaufsmittelbedarfs auf
die jetzigen Verhältnisse gar nicht mehr paßt. Am besten läßt sich dies aus
den Ziffern des Ausfuhrhandels entnehmen. Die Gesammtziffer der Ausfuhr
und Einfuhr Großbritanniens zeigt seit dem Jahre 1841 folgende, in der Ge¬
schichte des Handels vollkommen unerhörte Vermehrung:


[Beginn Spaltensatz]
1841 ..... 110,012,585 Pf. Strlg.
1851.....184,033,71" "
18L1 ..... 377,117,522 " .
[Spaltenumbruch]
1873 ..... 026,177,000 Pf. Strlg.
1874 ..... 007,400,000 "
[Ende Spaltensatz]

Seit dem Bankgesetze von 1844 hat sich demnach der Umfang des aus¬
wärtigen Handels von Großbritanien nahezu versechsfacht. Zur Zeit dieser
Bankreform hatte das im Jahre 177S gegründete Clearing-house in London
schon eine ansehnliche Bedeutung gewonnen, sonst würde man nicht begreifen,
wie Robert Peel, der damalige Leiter der englischen Regierung und das
britische Parlament nicht an die Möglichkeit einer allmäligen Vermehrung
der Umsätze, die ja auch durch die naturgemäße Vergrößerung der Bevölkerung
geboten ist, und an die darauffolgende Steigerung des Bedürfnisses an
Umlaufsmitteln denken konnte. Eben nur dadurch, daß das Londoner Clea-
ringhouse ungefähr eine ähnliche Entwicklung nahm, die aber erst durch
den Beitritt der Bank von England im Jahre 1864 den Dimensionen
des Ausfuhrhandels ebenbürtig wurde, ist es möglich geworden, bisher
mit dem von der Bankakte von 1844 festgesetzten Maximalbetrag ungedeckter
Noten auszukommen. Der Jahresumsatz des Londoner Klärungshauses, wei-


über diesen Betrag hinaus ausgegeben werden, müssen durch einen gleichen
Betrag von Geldmünzen und Barren, welche in dem Baarschatze der
betreffenden Banken zu liegen haben, gesichert sein. Dagegen haben die
Provinzial - Banken das Recht, ihre Notenbefugniß gegen eine Entschädi¬
gung an die Bank von England abzutreten. Von diesem Rechte hat schon
eine Anzahl von Banken Gebrauch gemacht, so daß die berechtigte Emission
ungedeckter Noten der Bank von England jetzt etwas mehr als wie die ur¬
sprünglichen 14 Millionen Pfd. Sterling beträgt. Diese Bestimmung, für
welche man in Deutschland den Namen Contingentirung angenommen hat,
leidet an mehrfachen Gebrechen, welche namentlich in kritischen Momenten so
auffallend zu Tage getreten sind, daß es in Großbritanien nur wenige Fach¬
männer mehr giebt, welche die gegenwärtige Organisation der Bank von
England noch vertheidigen. Der erste Fehler war der, daß der Gesetzgeber
den Bedarf an Umlaufsmitteln in die Zukunft hinaus fixirte, welche nur
durch das Erlöschen des Privilegiums begrenzt ist. Freilich konnte er nicht
wissen, daß die Production und der Verkehr Englands so rasch zu so riesigem
Umfang anwachsen werde, wie es seitdem geschehen ist, so daß die auf die
zwanzig Jahre vor 1843 basirte Berechnung des Umlaufsmittelbedarfs auf
die jetzigen Verhältnisse gar nicht mehr paßt. Am besten läßt sich dies aus
den Ziffern des Ausfuhrhandels entnehmen. Die Gesammtziffer der Ausfuhr
und Einfuhr Großbritanniens zeigt seit dem Jahre 1841 folgende, in der Ge¬
schichte des Handels vollkommen unerhörte Vermehrung:


[Beginn Spaltensatz]
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Seit dem Bankgesetze von 1844 hat sich demnach der Umfang des aus¬
wärtigen Handels von Großbritanien nahezu versechsfacht. Zur Zeit dieser
Bankreform hatte das im Jahre 177S gegründete Clearing-house in London
schon eine ansehnliche Bedeutung gewonnen, sonst würde man nicht begreifen,
wie Robert Peel, der damalige Leiter der englischen Regierung und das
britische Parlament nicht an die Möglichkeit einer allmäligen Vermehrung
der Umsätze, die ja auch durch die naturgemäße Vergrößerung der Bevölkerung
geboten ist, und an die darauffolgende Steigerung des Bedürfnisses an
Umlaufsmitteln denken konnte. Eben nur dadurch, daß das Londoner Clea-
ringhouse ungefähr eine ähnliche Entwicklung nahm, die aber erst durch
den Beitritt der Bank von England im Jahre 1864 den Dimensionen
des Ausfuhrhandels ebenbürtig wurde, ist es möglich geworden, bisher
mit dem von der Bankakte von 1844 festgesetzten Maximalbetrag ungedeckter
Noten auszukommen. Der Jahresumsatz des Londoner Klärungshauses, wei-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/155>, abgerufen am 06.02.2025.