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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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lichen genossenschaftlichen Hypotheken-Verbänden in Preußen, durch welche über¬
haupt das Hypotheken-Geschäft zuerst ins Leben geführt wurde, daß sie, während
letztere ihren Schuldnern die Versilberung der Pfandbriefe überließen, ihre Hypo¬
theken-Schuldner baar auszahlen und den Verkauf der Pfandbriefe durch die An¬
stalt übernehmen. Während beiden genossenschaftlichen Verbänden die Hypotheken-
Schuldner fast immer mehr oder weniger Agio-Verlust erleiden, Zeit und Reisekosten
daran wenden müssen, bis sie ihre Pfandbriefe verkauft haben, zahlt die Hypo¬
thekenbank sofort bei Ausfertigung der letzteren. Unter solchen Umständen
kann es aber nicht ausbleiben, daß eine Bank, wenn sie sämmtliche Bedürf¬
nisse der Landwirthe befriedigen, also dem Zweck ihrer Hypotheken-Abtheilung
entsprechen will, einen größeren Theil ihrer Mittel in den bei ihr zu- und
abströmenden Pfandbriefen anlegen muß. als es im Interesse ihres Disconto-
Geschäftes und der prompter Einlösungsfähigkeit ihrer Noten wünschenswert!)
ist. Die beiden Abtheilungen stehen einander im Wege, entweder das Dis-
conto- und Notengeschäft wird prompt und solid besorgt und allen legitimen
Bedürfnissen entsprochen und das Hypothekengeschäft wird stiefmütterlich be¬
handelt, oder das letztere wird voll befriedigt, dann werden die Mittel des
ersteren geschmälert. In einem Falle muß die Landwirthschaft, im andern
müssen Industrie und Handel an Zurücksetzung leiden. Noch ein anderer
Grund spricht für die Zweckmäßigkeit einer vollständigen Trennung und selb¬
ständigen Führung des Hypotheken-Geschäftes, das ist die Personenfrage bei
der Verwaltung. Jeder dieser beiden Zweige erfordert seinen ganzen Mann
die ganze unzersplitterte Aufmerksamkeit eines tüchtigen Kopfes, namentlich
wenn es sich um die Beurtheilung und Leitung großer Verhältnisse handelt.

Es sind nur ausnahmsweise hochbegabte Männer, welche in zwei Spe¬
cialitäten zugleich Ausgezeichnetes leisten. Da man mit Bestimmtheit aber
nur darauf rechnen kann, Durchschnittskräfte zu gewinnen, so darf man, wo
die höchsten Anforderungen gestellt werden, dem obersten Leiter einer Anstalt
auch nur die Führung eines homogenen Geschäftszweiges zumuthen.

Einer Zettelbank kann im beschränkten Maße, und ohne daß ihre volle
Zahlungsfähigkeit beeinträchtigt wird, auch das Recht zugestanden werden,
Immobilien zu erwerben. Diese Befugniß bezieht sich in erster Linie auf die
Bankgebäude und Einrichtungen, in zweiter Linie auf solche Fälle, wo der
Bank durch den Concurs eines Schuldners ein namhafter Verlust droht, denn
es kann ein solcher Concurs in einer Zeit der Krisis ausbrechen und del der
gerichtlichen Liquidation der Liegenschaften kein annehmbares Gebot oder selbst
gar kein Käufer sich einfinden.

Nächst der Frage der Geschäftsbegrenzung der Zettelbanken ist der wich¬
tigste Punkt die Art und Weise der Sicherung des geordneten Notenumlaufes
und der Noten-Inhaber. Dio Bankpraxis hat in dieser Beziehung zu dem


lichen genossenschaftlichen Hypotheken-Verbänden in Preußen, durch welche über¬
haupt das Hypotheken-Geschäft zuerst ins Leben geführt wurde, daß sie, während
letztere ihren Schuldnern die Versilberung der Pfandbriefe überließen, ihre Hypo¬
theken-Schuldner baar auszahlen und den Verkauf der Pfandbriefe durch die An¬
stalt übernehmen. Während beiden genossenschaftlichen Verbänden die Hypotheken-
Schuldner fast immer mehr oder weniger Agio-Verlust erleiden, Zeit und Reisekosten
daran wenden müssen, bis sie ihre Pfandbriefe verkauft haben, zahlt die Hypo¬
thekenbank sofort bei Ausfertigung der letzteren. Unter solchen Umständen
kann es aber nicht ausbleiben, daß eine Bank, wenn sie sämmtliche Bedürf¬
nisse der Landwirthe befriedigen, also dem Zweck ihrer Hypotheken-Abtheilung
entsprechen will, einen größeren Theil ihrer Mittel in den bei ihr zu- und
abströmenden Pfandbriefen anlegen muß. als es im Interesse ihres Disconto-
Geschäftes und der prompter Einlösungsfähigkeit ihrer Noten wünschenswert!)
ist. Die beiden Abtheilungen stehen einander im Wege, entweder das Dis-
conto- und Notengeschäft wird prompt und solid besorgt und allen legitimen
Bedürfnissen entsprochen und das Hypothekengeschäft wird stiefmütterlich be¬
handelt, oder das letztere wird voll befriedigt, dann werden die Mittel des
ersteren geschmälert. In einem Falle muß die Landwirthschaft, im andern
müssen Industrie und Handel an Zurücksetzung leiden. Noch ein anderer
Grund spricht für die Zweckmäßigkeit einer vollständigen Trennung und selb¬
ständigen Führung des Hypotheken-Geschäftes, das ist die Personenfrage bei
der Verwaltung. Jeder dieser beiden Zweige erfordert seinen ganzen Mann
die ganze unzersplitterte Aufmerksamkeit eines tüchtigen Kopfes, namentlich
wenn es sich um die Beurtheilung und Leitung großer Verhältnisse handelt.

Es sind nur ausnahmsweise hochbegabte Männer, welche in zwei Spe¬
cialitäten zugleich Ausgezeichnetes leisten. Da man mit Bestimmtheit aber
nur darauf rechnen kann, Durchschnittskräfte zu gewinnen, so darf man, wo
die höchsten Anforderungen gestellt werden, dem obersten Leiter einer Anstalt
auch nur die Führung eines homogenen Geschäftszweiges zumuthen.

Einer Zettelbank kann im beschränkten Maße, und ohne daß ihre volle
Zahlungsfähigkeit beeinträchtigt wird, auch das Recht zugestanden werden,
Immobilien zu erwerben. Diese Befugniß bezieht sich in erster Linie auf die
Bankgebäude und Einrichtungen, in zweiter Linie auf solche Fälle, wo der
Bank durch den Concurs eines Schuldners ein namhafter Verlust droht, denn
es kann ein solcher Concurs in einer Zeit der Krisis ausbrechen und del der
gerichtlichen Liquidation der Liegenschaften kein annehmbares Gebot oder selbst
gar kein Käufer sich einfinden.

Nächst der Frage der Geschäftsbegrenzung der Zettelbanken ist der wich¬
tigste Punkt die Art und Weise der Sicherung des geordneten Notenumlaufes
und der Noten-Inhaber. Dio Bankpraxis hat in dieser Beziehung zu dem


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[0150] lichen genossenschaftlichen Hypotheken-Verbänden in Preußen, durch welche über¬ haupt das Hypotheken-Geschäft zuerst ins Leben geführt wurde, daß sie, während letztere ihren Schuldnern die Versilberung der Pfandbriefe überließen, ihre Hypo¬ theken-Schuldner baar auszahlen und den Verkauf der Pfandbriefe durch die An¬ stalt übernehmen. Während beiden genossenschaftlichen Verbänden die Hypotheken- Schuldner fast immer mehr oder weniger Agio-Verlust erleiden, Zeit und Reisekosten daran wenden müssen, bis sie ihre Pfandbriefe verkauft haben, zahlt die Hypo¬ thekenbank sofort bei Ausfertigung der letzteren. Unter solchen Umständen kann es aber nicht ausbleiben, daß eine Bank, wenn sie sämmtliche Bedürf¬ nisse der Landwirthe befriedigen, also dem Zweck ihrer Hypotheken-Abtheilung entsprechen will, einen größeren Theil ihrer Mittel in den bei ihr zu- und abströmenden Pfandbriefen anlegen muß. als es im Interesse ihres Disconto- Geschäftes und der prompter Einlösungsfähigkeit ihrer Noten wünschenswert!) ist. Die beiden Abtheilungen stehen einander im Wege, entweder das Dis- conto- und Notengeschäft wird prompt und solid besorgt und allen legitimen Bedürfnissen entsprochen und das Hypothekengeschäft wird stiefmütterlich be¬ handelt, oder das letztere wird voll befriedigt, dann werden die Mittel des ersteren geschmälert. In einem Falle muß die Landwirthschaft, im andern müssen Industrie und Handel an Zurücksetzung leiden. Noch ein anderer Grund spricht für die Zweckmäßigkeit einer vollständigen Trennung und selb¬ ständigen Führung des Hypotheken-Geschäftes, das ist die Personenfrage bei der Verwaltung. Jeder dieser beiden Zweige erfordert seinen ganzen Mann die ganze unzersplitterte Aufmerksamkeit eines tüchtigen Kopfes, namentlich wenn es sich um die Beurtheilung und Leitung großer Verhältnisse handelt. Es sind nur ausnahmsweise hochbegabte Männer, welche in zwei Spe¬ cialitäten zugleich Ausgezeichnetes leisten. Da man mit Bestimmtheit aber nur darauf rechnen kann, Durchschnittskräfte zu gewinnen, so darf man, wo die höchsten Anforderungen gestellt werden, dem obersten Leiter einer Anstalt auch nur die Führung eines homogenen Geschäftszweiges zumuthen. Einer Zettelbank kann im beschränkten Maße, und ohne daß ihre volle Zahlungsfähigkeit beeinträchtigt wird, auch das Recht zugestanden werden, Immobilien zu erwerben. Diese Befugniß bezieht sich in erster Linie auf die Bankgebäude und Einrichtungen, in zweiter Linie auf solche Fälle, wo der Bank durch den Concurs eines Schuldners ein namhafter Verlust droht, denn es kann ein solcher Concurs in einer Zeit der Krisis ausbrechen und del der gerichtlichen Liquidation der Liegenschaften kein annehmbares Gebot oder selbst gar kein Käufer sich einfinden. Nächst der Frage der Geschäftsbegrenzung der Zettelbanken ist der wich¬ tigste Punkt die Art und Weise der Sicherung des geordneten Notenumlaufes und der Noten-Inhaber. Dio Bankpraxis hat in dieser Beziehung zu dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/150>, abgerufen am 06.02.2025.